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ОглавлениеE › Europäischer Auswärtiger Dienst (EAD) (Charlotte Kreuter-Kirchhof)
Europäischer Auswärtiger Dienst (EAD) (Charlotte Kreuter-Kirchhof)
II.Status des EAD836 – 838
III.Aufgaben des EAD839 – 841
IV.Delegationen der EU842, 843
Lit.:
F. Cameron, The EUʼs External Action Service – Golden or Missed Opportunity?, in: G. Müller-Brandeck-Bocquet/C. Rüger (Hrsg.), The High Representative for the EU Foreign and Security Policy – Review and Prospects, 2011, 235; M. Kaltenborn/T. Holzhauer, Der Europäische Auswärtige Dienst und die neuen Kompetenzzuordnungen im Rahmen der europäischen Entwicklungszusammenarbeit, EuR 47 (2012), 100; F. Kruse, Der Europäische Auswärtige Dienst zwischen intergouvernementaler Koordination und supranationaler Repräsentation, 2014; B. Martenczuk, Der Europäische Auswärtige Dienst, EuR 47 (2012, Beiheft 2), 189; P.-C. Müller-Graff, The European External Action Service: Challenges in a Complex Institutional Framework, in: I. Govaere et al. (Hrsg.), The European Union in the World, 2014, 117; K. Schmalenbach, Die Delegationen der Europäischen Union in Drittländern und bei internationalen Organisationen, EuR 47 (2012, Beiheft 2), 205; G. Sydow, Der Europäische Auswärtige Dienst, JZ 66 (2011), 6.
834
Der Europäische Auswärtige Dienst (EAD; European External Action Service) ist der diplomatische Dienst der Europäischen Union. Er untersteht dem → Hohen Vertreter für die GASP (nachfolgend „Hoher Vertreter“). Der EAD verfügt über eine Zentralverwaltung in Brüssel und über Delegationen der Union in Drittländern und bei Internationalen Organisationen. Er hat seinen Sitz in Brüssel.
E › Europäischer Auswärtiger Dienst (EAD) (Charlotte Kreuter-Kirchhof) › I. Errichtung des EAD
I. Errichtung des EAD
835
Der Vertrag von Lissabon (→ Europäische Union: Geschichte) reformiert die Regelungen zum → Auswärtigen Handeln der Union mit dem Ziel, der Fragmentierung der Außenbeziehungen der EU entgegenzuwirken. Als Teil dieser Reform sieht der Vertrag von Lissabon die Einrichtung eines Europäischen Auswärtigen Dienstes vor, der den Hohen Vertreter bei seinen Aufgaben unterstützt (Art. 27 Abs. 3 S. 1 EUV). Mit dem EAD wird eine eigenständige Struktur für die Außenbeziehungen der EU geschaffen. Die Einzelheiten der Organisation und Arbeitsweise des EAD regelt der Beschluss über die Organisation und die Arbeitsweise des EAD (B 2010/427/EU; nachfolgend „EAD-Beschluss“; s. Art. 27 Abs. 3 S. 3 EUV) des → Rates (Ministerrat). Anders als Art. 27 Abs. 3 S. 4 EUV erwarten lässt, wurde dieser in simultanen Verhandlungen zwischen vier EU-Institutionen – dem → Rat (Ministerrat), der → Europäischen Kommission, dem → Europäischen Parlament und dem → Hohen Vertreter für die GASP – abgestimmt (sog. Quadrilogue). Im Jahr 2010 nahm der EAD seine Arbeit auf.
E › Europäischer Auswärtiger Dienst (EAD) (Charlotte Kreuter-Kirchhof) › II. Status des EAD
II. Status des EAD
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Der EAD ist eine funktional eigenständige Einrichtung (→ Organe und Einrichtungen) der Union mit Rechts- und Geschäftsfähigkeit (Art. 1 Abs. 2 EAD-Beschluss). Er ist weder in die Kommission noch in das Generalsekretariat des Rates integriert. Weder ist der EAD ein Organ noch eine Agentur der EU (→ Einrichtungen und sonstige Stellen). Es handelt sich um eine Einrichtung sui generis, die über einen eigenen Haushalt und eigene Personalhoheit verfügt. Insofern steht der EAD den Organen der EU gleich.
837
Der EAD untersteht dem Hohen Vertreter (Art. 1 Abs. 3 EAD-Beschluss). Dieser ist auch gegenüber den Delegationen der EU weisungsbefugt (Art. 221 Abs. 2 S. 1 AEUV). Daneben hat die Kommission in den ihr durch die Verträge übertragenen Bereichen (→ Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung) das Weisungsrecht gegenüber den Delegationen, nicht aber gegenüber der Zentralverwaltung (Art. 5 Abs. 3 UAbs. 2 EAD-Beschluss). Um sich widersprechende Weisungen zu vermeiden, soll ein gemeinsamer Lenkungsausschuss die Zusammenarbeit zwischen dem EAD und den Dienststellen der Kommission koordinieren (Beschluss über Verfahren der Zusammenarbeit bei der Verwaltung der Delegationen der EU [JOIN (2012) 8 final]).
838
Geleitet wird der EAD von einem geschäftsführenden Generalsekretär. Die interne Organisation des EAD entspricht derjenigen eines klassischen Außenministeriums. Bestimmte Dienststellen der Kommission zur → Entwicklungszusammenarbeit wurden in den EAD integriert.
E › Europäischer Auswärtiger Dienst (EAD) (Charlotte Kreuter-Kirchhof) › III. Aufgaben des EAD
III. Aufgaben des EAD
839
Der EAD unterstützt den Hohen Vertreter bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben (Art. 27 Abs. 3 S. 1 EUV). Hierzu gehören die Leitung der → Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sowie sein Handeln im Bereich der → Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP; Art. 18 Abs. 2 EUV) und zur Wahrung der Kohärenz (→ Kohärenzgebot) des auswärtigen Handelns der Union (Art. 18 Abs. 4 S. 2 EUV). Gleichzeitig ist der Hohe Vertreter einer der Vizepräsidenten der Kommission und Vorsitzender des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ (Art. 18 Abs. 3 und 4 EUV). Auch in diesen Funktionen unterstützt der EAD den Hohen Vertreter (Art. 2 Abs. 1 EAD-Beschluss).
840
Der Errichtungsbeschluss zum EAD geht über diese Zuordnung des EAD zum Hohen Vertreter hinaus und bindet den EAD in die Arbeit der anderen auf dem Gebiet der Außenbeziehungen tätigen Organe der EU ein. Ziel der Zusammenarbeit ist es, Kohärenz im auswärtigen Handeln der Union sicherzustellen (s. Art. 3 Abs. 1 EAD-Beschluss). Gem. Art. 2 Abs. 2 EAD-Beschluss unterstützt der EAD den Präsidenten des → Europäischen Rates, den Präsidenten der Kommission sowie die Kommission bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Bereich der Außenbeziehungen. Der EAD kann damit nicht nur vom Hohen Vertreter, sondern auch von den Organen der Union (→ Organe und Einrichtungen) in Anspruch genommen werden, die in ihren jeweiligen Funktionen mit der Außenvertretung der Union beauftragt sind. Dadurch dass der EAD die Kommission in ihrem auswärtigen Handeln unterstützt, werden seine Aufgaben über die GASP hinaus erweitert.
841
Daneben übernimmt der EAD Servicefunktionen insbesondere für das Europäische Parlament bei seinen Kontakten mit Drittstaaten und Internationalen Organisationen (Art. 5 Abs. 7 EAD-Beschluss). Der EAD arbeitet mit den diplomatischen Diensten der Mitgliedstaaten zusammen und unterstützt diese (Art. 27 Abs. 3 S. 2 EUV; Art. 3 Abs. 1 EAD-Beschluss). Über die Delegationen der EU übt der EAD konsularische Funktionen (→ Diplomatischer und konsularischer Schutz) für die Unionsbürger (→ Unionsbürgerschaft) aus (Art. 35 UAbs. 3 EUV i.V.m. Art. 20 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2 Buchst. c) und Art. 23 AEUV).
E › Europäischer Auswärtiger Dienst (EAD) (Charlotte Kreuter-Kirchhof) › IV. Delegationen der EU
IV. Delegationen der EU
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Derzeit bestehen weltweit über 140 Delegationen der EU. Sie vertreten die Union in Drittländern und bei Internationalen Organisationen bspw. den Vereinten Nationen (Art. 221 Abs. 1 AEUV). Seit dem Vertrag von Lissabon sind sie nicht mehr der Kommission, sondern dem EAD zugeordnet. Sie unterstehen der Leitung des Hohen Vertreters (Art. 221 Abs. 2 S. 1 AEUV). Er eröffnet oder schließt Delegationen im Einvernehmen mit dem Rat und der Kommission (Art. 5 Abs. 1 EAD-Beschluss) und schließt die erforderlichen Vereinbarungen mit den Gastländern (Art. 5 Abs. 6 EAD-Beschluss). Jede Delegation untersteht einem Delegationsleiter. Er nimmt Weisungen vom Hohen Vertreter und vom EAD entgegen (Art. 5 Abs. 3 UAbs. 1 EAD-Beschluss). Soweit die Kommission auf der Grundlage der Verträge die Dienste einer Delegation zur Erfüllung ihrer Aufgaben in Anspruch nimmt, ist sie – in Abstimmung mit dem Hohen Vertreter und dem EAD – weisungsbefugt (Art. 5 Abs. 3 UAbs. 2 EAD-Beschluss). Der Leiter einer Delegation ist befugt, die Union in dem jeweiligen Land beim Abschluss von Verträgen und als Partei bei Gerichtsverfahren zu vertreten (Art. 5 Abs.8 EAD-Beschluss).
843
Die Delegationen der EU sind keine diplomatischen oder konsularischen Vertretungen der EU. Sie arbeiten aber eng mit den diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Mitgliedstaaten zusammen (Art. 32 UAbs. 3 EUV und Art. 35 UAbs. 1 und 2 EUV; Art. 221 Abs. 2 S. 2 AEUV). Sie unterstützen die Mitgliedstaaten bei ihrer Aufgabe, konsularischen Schutz (→ Diplomatischer und konsularischer Schutz) für die Bürger der Union in Drittländern bereitzustellen (Art. 35 UAbs. 3 EUV).