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2. Analogie als vom EuGH genutzte Methode
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Der EuGH kennt die Analogie im klassischen Sinne.[58] Sie ist allerdings in seiner Rechtsprechung auffallend selten.[59] Greifen Normen des primären und sekundären EU-Rechts nicht ein, orientiert der EuGH sich bei seinen Entscheidungen in der Regel an allgemeinen Rechtsgrundsätzen, ohne Überlegungen zur Analogie anzustellen. Das hat einen Grund. Der EuGH muss nämlich nur selten kleine (planwidrige) Lücken stopfen.[60] Meist steht er vor großflächig ungeregelten Rechtsbereichen. Die Staatshaftungsrechtsprechung, die der EuGH für die Fälle fehlerhaft umgesetzter Richtlinien entwickelt hat, ist dafür ein bekanntes Beispiel.[61] Es bestand hier keine Möglichkeit, über Analogien zu etwaigen im EU-Recht geregelten Rechtsfragen zu einer Lösung zu kommen. Vielmehr musste eine auf allgemeinen Rechtsgrundsätzen aufbauende, freie Rechtsfortbildung betrieben werden. In dem Versuch, die Vorgehensweise des EuGH methodisch zu beschreiben, ist diese Technik als prinzipiengeleiteter Analogieschluss bezeichnet worden.[62]
Ob dem EuGH hier nicht zu viel der Ehre erwiesen wird, kann offenbleiben. Es ist wohl nicht falsch, die eher vage Vorgehensweise des EuGH methodisch zu untermauern und so zu stabilisieren. Inhaltlich richtig ist die Beobachtung, dass der EuGH sich in typischer Weise und häufig auf allgemeine Rechtsgrundsätze stützt.
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Bei Rechtsfragen, die sich innerhalb des Anwendungsbereichs oder zu den Grenzen des Anwendungsbereichs von Richtlinien stellen, kann die Analogie dagegen eine größere Bedeutung erhalten. Etwas umstritten ist dabei allerdings das Verhältnis zu den Umgehungsverboten. Ein solches Umgehungsverbot enthalten nach allgemeiner Ansicht sämtliche verbraucherschützende Richtlinien, wiewohl nicht alle es ausdrücklich benennen.[63] Im nationalen Recht wurde das Umgehungsverbot jeweils kodifiziert (vgl. insbesondere § 312k Abs. 1 BGB, § 476 Abs. 1 BGB). Ob dieses Umgehungsverbot letztlich nur deklaratorisch ist, weil das Ergebnis sich ohnehin aus einer dem Gesetzeszweck folgenden Analogie bzw. teleologischen Reduktion ergeben würde, ist streitig.[64] Soweit eine Analogie im Bereich der Tatbestandsvoraussetzungen gut zu begründen ist, tritt das Umgehungsverbot richtiger Ansicht nach zurück.[65]