Читать книгу Europäisches Privatrecht - Bettina Heiderhoff - Страница 90
2. Lückenhaftes Gebilde
Оглавление104
Nicht nur ist das EU-Privatrecht kein Kodex, der auf bestimmte Rechtsfälle angewendet werden könnte. Das EU-Privatrecht ist zusätzlich auch inhaltlich ganz bruchstückhaft. Es ist auf Problemschwerpunkte ausgerichtet und regelt diese punktuell. Keinesfalls kann das EU-Privatrecht bisher als eine Rechtsordnung mit einigen Lücken angesehen werden, die durch Analogien geschlossen werden könnten. Richtig ist vielmehr die Beschreibung des EU-Rechts als einzelne, zumeist klar umgrenzte „Inseln“.[24]
So kommt es, dass es eine Richtlinie über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten gibt, aber keine Regelungen über die Miete und den Kauf von Immobilien. So erklärt sich auch, dass es zwar eine Richtlinie über Warenlieferungs- und Dienstleistungsverträge an der Haustür gibt, dass jedoch keine Regelung über Bürgschaftsverträge an der Haustür besteht (näher dazu unten Rn. 338). Auch die Verbraucherrechte-RL, die zumindest zwei Richtlinien aneinander angepasst hat, konnte nur kleinere Verbesserungen erreichen.[25] Im Gegenteil birgt die neue Tendenz zum Erlass vollharmonisierender Richtlinien die Gefahr, dass die Richtlinieninhalte im nationalen Recht noch fremder, und damit noch „inselartiger“, wirken.
105
Eine wirkliche Geschlossenheit des Systems („Kohärenz“), wie sie in Art. 7 AEUV übrigens sogar ausdrücklich vorgegeben ist, könnte nur durch einen völlig neuen, großen Wurf erreicht werden.
Wiewohl die Versuche, ein vollständiges „Vertragsrecht“ einzuführen, seit dem Scheitern des GEK (Rn. 18, Rn. 619 und Anhang III) kaum noch verfolgt werden, wird das punktuelle Regelungskonzept allgemein als unbefriedigend empfunden. Die Kommission hat mit dem New Deal for Consumers[26] zuletzt einen Anlauf unternommen, etwas mehr Kohärenz herzustellen (dazu näher Rn. 645).
§ 4 Umsetzung, Anwendung und Auslegung von EU-Privatrecht › B. Die Anwendung des EU-Privatrechts › II. Die Auslegung des EU-Privatrechts