Читать книгу Die Vorsehung - Bärbel Junker - Страница 17
FEINDSCHAFT
ОглавлениеKoktos musterte abfällig den Söldnerführer Krisbert, der hinter einem massiven Holztisch saß, den er selbstgefällig als Schreibtisch bezeichnete.
Ich kann diesen dämlichen Angeber auf den Tod nicht leiden, dachte er nicht zum ersten Mal. „Was willst du? Warum hast du mich rufen lassen?“, fragte er unfreundlich.
Der langaufgeschossene, hagere Söldnerführer mit dem kahlgeschorenen Kopf, der die Abneigung Koktos aus vollstem Herzen erwiderte, musterte sein Gegenüber herablassend. „Setz dich“, befahl er kalt.
Koktos starrte ihn wütend an. Seine Hand krallte sich um die Peitsche, die er noch in der Hand hielt. Wie gerne würde ich dich damit Bekanntschaft machen lassen! dachte er hasserfüllt.
Krisbert las in dem harten Gesicht wie in einem aufgeschlagenen Buch. Er wusste, dass Koktos in ihm einen Konkurrenten um die Gunst des Schattenfürsten sah, doch das störte ihn nicht. So lange dieser ihn und seine Söldner brauchte, glaubte er sich vor der Gewalttätigkeit seitens Koktos’ sicher.
Ihm alleine oblag die Befehlsgewalt über die Söldnertruppe, und das würde er sich von niemandem streitig machen lassen! Er fürchtete sich nicht im Geringsten vor diesem gewalttätigen Sadisten, der da zornbebend vor ihm stand; da hatte er schon ganz andere Gegner ausgeschaltet! Und bei diesem Gedanken verzog sich Krisberts Raubvogelgesicht zu einem schiefen Grinsen.
Er hielt dem hasserfüllten Blick Koktos’ stand und dachte: Eine Kugel in deinen dämlichen Schädel wird dir sehr schnell die Mordgedanken austreiben! Aber noch ist die Zeit nicht reif dafür. Doch sie wird kommen, das wissen wir beide!
„Verdammt noch mal, Koktos! Setzt dich endlich auf deinen fetten Arsch, wir haben einiges zu besprechen, was nicht warten kann!“, befahl der Söldnerführer.
Koktos zog sich wutschnaubend einen Stuhl heran und ließ sich darauf fallen. Zwar knarrten die Verstrebungen unter der Last, doch das Holz hielt. „Und was sollte das sein?“, knurrte er aufgebracht.
„Unser Herr, der Schattenfürst, ist mit den Abbauergebnissen nicht zufrieden. Er verlangt, dass die Produktion in der Mine, gesteigert wird.“
„Das weiß ich schon lange“, nörgelte Koktos. „Und was soll ich dabei tun? Das ist doch deine Aufgabe. Du wirst schließlich dafür bezahlt und gar nicht mal schlecht.“
„Ich brauche mehr Arbeiter. Der Sauerstoffmangel, die Anstrengungen und die giftigen Substanzen in der Mine raffen die Meisten viel zu schnell dahin. Und dann schlägst du mir auch noch die Stärksten von ihnen zu Brei und nur deshalb, weil sie dir nicht unterwürfig genug sind!
Von jetzt ab verlange ich, dass du dich von den Arbeitern fern hältst. Wer nicht genug arbeitet, den bestrafen wir, denn dafür sind meine Leute und ich schließlich angeheuert worden. Hast du das begriffen?“
Koktos sprang wutentbrannt auf.
„DU VERLANGST?!
Was bildest du dir eigentlich ein, du eingebildeter Sack, mich herumzukommandieren? Ich bin keiner deiner beschissenen Söldner, und wenn du das nicht kapierst, muss ich eben nachhelfen!“
Er versuchte sich auf Krisbert zu stürzen.
„Das würde ich lieber nicht tun“, warnte Loco hinter ihm. Brutal drückte er Koktos den Lauf seiner Pistole in den Nacken. „Du weißt, was das ist?“ Und als Koktos nickte: „Umso besser. Dann setz dich lieber wieder hin, weil dir ansonsten dein winziges Gehirn um die Ohren fliegt!“
Zitternd vor Wut kam Koktos der Aufforderung nach.
Loco senkte die Waffe, blieb jedoch hinter Koktos stehen, jederzeit bereit, diesem eine Kugel in den Kopf zu jagen.
Krisbert lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und musterte seinen Gegenspieler nachdenklich. Und was jetzt? Bringe ich dich um oder gebe ich dir noch eine Chance?
Nein, besser nicht, du hinterhältiger Mistkerl. Ich bring dich um und lass dich irgendwo verbuddeln, dann kann ich endlich meine Arbeit machen ohne ständig über die Schulter sehen zu müssen!
Er nickte Loco zu.
Koktos, der seinen Widersacher nicht aus den Augen gelassen hatte, erkannte sofort, was der Söldnerführer vorhatte. Und im selben Moment in dem er erneut Locos Waffe spürte, ließ er sich blitzschnell zur Seite fallen.
Der Schuss ging daneben!
Bevor die beiden Söldner die Lage richtig begriffen, war Koktos bereits wieder auf den Füßen, schnappte sich Loco und hielt ihn mit eisernem Griff wie einen Schild vor sich.
Krisbert war aufgesprungen. Mit dem Schwert in der Hand stand er Koktos auf der anderen Seite des Tisches gegenüber. Voller Hass starrten sich die beiden an.
„Hast du wirklich geglaubt, mich so einfach umbringen zu können?“, knurrte Koktos bissig. „Das haben schon ganz andere versucht, und die waren auf jeden Fall besser, als ihr zwei Vollidioten!“
„Einen Versuch war es wert“, erwiderte der Söldnerführer kalt. „Aus der Mine kommst du nicht lebend raus. Meine Leute hassen dich und machen Hackfleisch aus dir.“
Koktos grinste gehässig. „Aber zuerst einmal verschönere ich dein Gesicht!“ Er hob die rechte Hand, mit der linken hielt er Loco wie in einem Schraubstock gefangen.
Krisbert musterte ihn irritiert. Was hat der Bastard vor?
Da schoss eine glühende Feuerzunge auf ihn zu, zerstörte die rechte Seite seines Gesichts und sein Auge. Die Haut warf Blasen. Die Schmerzen peinigten ihn. Schreiend vor Qual taumelte der Söldnerführer zurück, stieß gegen die Wand, verlor den Halt und rutschte wimmernd zu Boden.
Koktos lachte. „Tja, das hast du Schwachkopf nicht geahnt“, höhnte er. Und an Loco gewandt: „Und du wirst nie wieder eine Waffe gegen mich richten“, versprach er und … brach ihm das Genick. Verächtlich stieß er den Toten mit dem Fuß beiseite.
„So, und jetzt bist du mieses Stück Scheiße dran“, kündigte er an und hob die Peitsche vom Boden auf, die er hatte fallen lassen. Langsam ging er zur anderen Seite des Tisches, wo der Söldnerführer stöhnend lag. Vor seinem vor Schmerzen halb ohnmächtigen Gegner blieb er höhnisch grinsend stehen.
Dieser hob mühsam den Kopf. „Tu dir keinen Zwang an“, krächzte er. „Bring es zu Ende.“
„Aber ganz, ganz langsam“, versprach Koktos. „Schließlich will ich was davon haben.“ Grinsend hob er die Peitsche zum Schlag.
Da flog die Tür krachend auf!
Mit gezogenen Waffen stürmte eine Horde Söldner in den Raum.
Koktos ließ die Peitsche fallen, zog sein Schwert und jagte es dem erstbesten Angreifer zwischen die Rippen. Der Raum war zu eng, als dass diese ihre Überzahl wirklich nutzen konnten. Sie behinderten sich gegenseitig.
Dafür kam Koktos seine Macht über das Feuer sehr zustatten. Bevor die Söldner begriffen, was er vorhatte, stand der Raum in Flammen und Koktos verrammelte von außen die Tür. Er konnte keine Zeugen gebrauchen!
Da das Haus aus Holz ist, wird schon sehr bald nichts mehr davon übrig sein. Und da es abseits steht, werden die anderen in der Mine erst etwas merken, wenn es zu spät ist, überlegte Koktos. Krisberts Schmerzensschreie sind bestimmt nicht bis zu ihnen gedrungen.
Der Schattenfürst wird zwar toben, wenn er vom Tod der Söldner erfährt. Aber ohne Zeugen rede ich mich schon irgendwie heraus. Und wenn ich ihm anbiete neue Söldner und mehr Arbeitskräfte für die Diamantenmine zu besorgen, wird ihn das Schicksal dieser schon bald gerösteten Idioten nicht mehr interessieren.
Er kümmerte sich nicht um die Schreie der Eingesperrten sondern machte, dass er weg kam. Er kannte einen Weg, um ungesehen zu seinem Reittier zu gelangen, das er zum Glück abseits der Mine zurückgelassen hatte. Fast so, als hätte ich es geahnt, dachte er grinsend, während er zu dem Pfad eilte, der nach draußen führte und sich in einem Gewirr dornenbestückter Büsche verbarg.
Erzürnte Schreie hinter ihm trieben ihn an. Die übrigen der Bande haben das Feuer zu früh bemerkt! Löschen können sie es jedoch nicht. Sie werden nur noch verkohlte Leichname bergen. Das Feuer, welches ich erschaffe, ist mit normalen Mitteln kaum zu ersticken.
Ein letzter Spurt, und er hatte sein Ziel erreicht. Hastig schaffte er sich einen Durchgang durch das Strauchwerk, hinter dem ein schmaler Pfad von der Mine weg führte.
Ich habe es wie immer geschafft! Ich bin unbesiegbar! dachte er überheblich.
Da riss ihn ein leichter Stromschlag am Hals aus seiner Vermessenheit. Seine Hand fuhr unter sein Hemd, unter dem er an einer dicken Kordel ein fingerlanges und zwei Finger breites, schwarzes Gerät trug. Der Schattenfürst hatte es ihm gegeben. Der leichte Stromschlag rief Koktos zu der Statue seines Gebieters, wenn dieser einen neuen Auftrag für ihn hatte.
Er musste sich beeilen! Es war nicht ratsam, den Schattenfürst warten zu lassen! Koktos rannte los. Keuchend kam er bei dem Grimaki an, seinem Reittier, dessen feuerrote Augen ihn aufmerksam anstarrten.
Koktos gönnte sich keine Pause. Er schwang sich auf den Rücken der Riesenhyäne und ritt los. Mit seltsam klingenden gutturalen Kehllauten trieb er sein furchterregendes Reittier namens Inra an.
So gnadenlos und gefühllos Koktos, der Schlächter, auch war, seinem Grimaki tat er niemals Gewalt an. Dieses seltsame Lebewesen behandelte er so gut, wie er noch niemals zuvor ein anderes Lebewesen behandelt hatte.
Endlich erreichte er das Gebäude, in dem die Statue auf ihn wartete. Er glitt aus dem Sattel und rannte zum Eingang. Den Grimaki ließ er stehen. Er wusste, dass Inra sich nicht entfernen und geduldig auf ihn warten würde.
Koktos stürzte in das Heiligtum. Völlig außer Atem fiel er vor der Statue auf die Knie und sah zu ihr empor. Das strahlende Leuchten der Rubinaugen ließ nicht lange auf sich warten.
Koktos senkte den Blick.
„Wieso brennt es in der Mine? “, fauchte die Stimme des Schattenfürsten ungnädig.
„Nicht in der Mine, Herr“, erwiderte Koktos demütig.
„Was ist passiert? Sprich!“
Und Koktos berichtete. Allerdings schob er die Schuld dem Söldnerführer und dessen Leuten in die Schuhe. „Und dann fiel eine Öllampe um, und die Hütte ging in Flammen auf“, beendete er seine Lügengeschichte.
„Und nur du entkamst! Verdammt, Koktos! Ich brauche diese Söldner! Ich glaube dir kein Wort. Und ich bin geneigt, dir für deine Lügen auch noch deine andere Gesichtshälfte zu verschönern.
Was meinst du dazu?“
Koktos zuckte bei der Erinnerung an die schrecklichen Schmerzen zwar innerlich zusammen, doch sich seine Furcht anmerken zu lassen, ließ sein Stolz nicht zu. Obwohl er dieses Mal wohl kleinbeigeben musste, wollte er seine gesunde Gesichtshälfte behalten. Er hob den Kopf und starrte die Statue besorgt an. Funkelten die Feuerblitze schleudernden Rubinaugen schon? Speicherte sich in ihnen bereits die magische Gewalt?
„Bitte nicht, Herr!“, stieß er seinen Stolz mühsam überwindend hervor. „Ich mache meinen Fehler wieder gut. Ich besorge euch neue Söldner und mehr Arbeiter für die Mine. Ihr könnt Euch auf mich verlassen.“
„Also gut, Koktos. Doch solltest du mich noch einmal belügen, wird das dein Ende sein. Hast du verstanden?“ Und als Koktos nickte: „Ich gebe dir vier Tage Zeit. Einen neuen Söldnerführer suche ich selbst aus. Von dir will ich fünfzig Söldner und so viele Arbeiter wie möglich. Ich rate dir, mich ja nicht zu enttäuschen!“
Die Stimme schwieg. Koktos wartete noch einen Moment, bevor er es wagte aufzustehen.
Woher weiß der Schattenfürst von dem Feuer? Es ist doch gerade erst passiert! WER hat ihn informiert? Und was noch viel interessanter ist, WIE?!
Nachdenklich verließ der Kapuzenmann die Halle, um sich zum Übergang in die Parallelwelt Erde zu begeben, wo er die Söldner zu rekrutieren gedachte. Es war nicht schwer geeignete Männer zu finden die skrupellos genug waren, für Geld und Versprechungen auch Gräueltaten an Unschuldigen zu begehen.
Wäre Koktos in diesem Moment zurückgekehrt, hätte er vielleicht die in einen nachtblauen Umhang mit Kapuze gekleidete Gestalt gesehen, die durch eine verborgene Tür im Rumpf der Statue die Halle betrat.
Eine schnelle Handbewegung und das Eingangstor, durch welches Koktos soeben verschwunden war, schwang lautlos zu.
Es schien ein Magier zu sein, der jetzt vor die Statue trat. Er hob die rechte Hand, in der ein armlanger Stab aus Ebenholz lag, dessen oberes Ende ein goldener Schlangenkopf mit Augen aus Jade zierte, während sich der Schlangenkörper bis zur halben Länge um den Stab ringelte.
Stumm richtete der Magier seinen Stab auf den vorn in der Mitte der Krone sitzenden Edelstein, einen hellgrünen Smaragd. Dieser erglühte strahlend, während sich in der Wand hinter der Skulptur der Umriss einer schmalen Tür bildete, in deren Mitte ein schmaler Spalt klaffte.
Nachdem der Magier sie mit wenigen Schritten erreicht und einen eisernen Splint in den Spalt geschoben hatte, verging das Strahlen des Smaragds, und die Tür öffnete sich.
Der dahinterliegende schmale Gang führte zu einem offenen Raum, den der Unbekannte mit Hilfe seiner Magie geschaffen hatte. Er begab sich zu dem massiven Schreibtisch aus dunklem Holz, neben dem zu beiden Seiten hohe Regale standen, in denen dicht gedrängt gebundene Bücher und alte Schriftrollen neben- und übereinander gestapelt lagen. Vor dem Schreibtisch lud ein bequemer Sessel zum Ausruhen ein. Der Magier schob seine Kapuze aus dem Gesicht, setzte sich, zog ein Handy aus der Tasche seines Umhangs und legte es vor sich auf den Tisch.
Kopfschüttelnd betrachtete er den kleinen Kasten, der ebenso aus der Parallelwelt Erde stammte wie das andere Gerät, durch welches der Schattenfürst praktisch hier anwesend war, wenn er es wollte. Ein Knopfdruck genügte und er sah und hörte nicht nur alles, was hier gesprochen wurde, sondern konnte selbst an dem Gespräch teilnehmen, wie gerade eben.
Wahrlich faszinierend, allerdings auch beängstigend! Fast wie Magie, dachte der Magier beeindruckt. Es zeigt mir, dass es nicht ratsam ist, die Menschen zu unterschätzen!
Nach außen hin ruhig saß er in seinem Sessel, doch seine schlanken Finger klopften ungeduldig einen holprigen Takt auf der massiven Arbeitsplatte.
„Nun komm schon“, murmelte er.
Das Läuten des Telefons ließ ihn zusammenzucken, obwohl er darauf gewartet hatte. Er griff hastig danach und meldete sich.
„Habt Ihr den Übergang gefunden?“, wollte sein Gesprächspartner wissen.
„Ja, Schattenfürst. Ich werde ihn noch heute verschließen. Dann wird es nur noch unseren und einen weiteren Übergang geben. Aber den finde ich auch noch“, erwiderte der Magier.
„Hoffentlich! Denn niemand von Eurer Welt darf ohne mein Wissen in meine Welt überwechseln. Es könnte unsere Pläne gefährden, sollte hier jemand von der Parallelwelt erfahren.“
„Das wird nicht passieren. Ich habe hier alles vorbereitet. Aber wie steht es mit Euch? Was ist mit den Leuten, die eliminiert werden sollten?“
„Das hat Koktos bereits erledigt. Die Familie wurde ausgelöscht. Die Prophezeiung bedeutet keine Gefahr mehr, denn sie kann sich nicht erfüllen. Allerdings habe ich sowieso nie daran geglaubt. Aber da Ihr meintet, sie sei eine Gefahr für unser Vorhaben, hielt ich es für besser, kein Risiko einzugehen“, erwiderte der Schattenfürst.
„Das denke ich auch. Schließlich kommt es auf einen Toten mehr oder weniger nicht an“, erwiderte der Magier kalt. „Aber ist der Tod dieser Personen wirklich sicher? Ich warne Euch noch einmal: Unterschätzt die Prophezeiung nicht. Sie könnte unser Vorhaben gefährden.“
„Keine Sorge. Zwar verfüge ich nicht über Eure magischen Fähigkeiten, jedoch sind meine Möglichkeiten mit Sicherheit schlagkräftiger, das solltet Ihr niemals vergessen. Macht Euch also keine Sorgen. Ich habe alles im Griff wie man bei uns so schön sagt.“
„Unterschätzt besser die Hohe Herrin Lisha’yinn nicht“, warnte der Magier offensichtlich noch immer besorgt. „Ohne sie und ihre Fähigkeiten wäre mir weitaus wohler. Aber sie ist so mächtig, dass selbst der gewiefteste Attentäter nichts ausrichten würde.“
„Ich habe Koktos beauftragt, mehr Arbeiter für die Mine zu besorgen“, berichtete der Schattenfürst in dem Bemühen, den Magier von seinen absurden Vorbehalten abzulenken. „In meiner Welt führt nämlich einzig und allein Reichtum zu wahrer Macht.“
Der Magier verzog das Gesicht. Menschen! dachte er verächtlich. Würden sie nicht meinen Plänen nützen, hätte ich mich niemals mit diesem Erdbewohner eingelassen!
Oh ja, er hatte eigene Pläne, Pläne, von denen der Schattenfürst nichts ahnte. Er würde dem Schattenfürst helfen, doch nur so lange ihm dessen Pläne von Nutzen waren.
„Wann bekomme ich endlich das versprochene Artefakt?“, fragte er aus diesen Gedanken heraus.
„Bald, Magier. Ich habe bereits die erforderlichen Verbindungen aufgenommen“, hielt ihn der Schattenfürst hin, der nicht vorhatte, sein Versprechen einzuhalten.
„Und wie lange soll ich noch warten? Von mir verlangt Ihr einen Gefallen nach dem anderen, doch Ihr haltet Eure Versprechen nicht ein. Vielleicht sollte ich zu Euch kommen und mich selber darum kümmern. Ich habe da so meine Möglichkeiten“, überlegte der Magier laut.
Der Schattenfürst erschrak. Die Fähigkeiten des Magiers waren ihm unheimlich, obwohl er das niemals zugegeben hätte. Er würde froh sein, wenn er mit der Parallelwelt Smethama und deren Magie nichts mehr zu tun hatte.
Diese Welt mit ihren seltsamen Geschöpfen und ihrer Magie stieß ihn ab. Ihn interessierte nur seine Welt, in der er nach unbegrenzter Macht strebte.
Und dafür war er bereit alles, aber auch alles zu tun!
„Davon würde ich abraten, Magier“, erwiderte er hastig. „Im Moment halte ich es für wichtiger, den letzten Übergang zwischen unseren Welten zu finden und zu verschließen. Danach sehen wir weiter.“
„Interessant! Ihr haltet das also für wichtiger. Und was ist, wenn ich anderer Meinung bin? Immerhin sind Eure Ziele nicht die meinen. Ich frage mich, ob Ihr überhaupt in der Lage seid, Euer Versprechen zu erfüllen. Seid Ihr dazu in der Lage, Schattenfürst?“
Diesem brach der Schweiß aus. Für einen kurzen Moment bereute er es, sich mit dem Magier eingelassen zu haben. Doch ohne dessen Hilfe hätte er den Diamantenabbau nicht bewerkstelligen können. Er musste ihn hinhalten, denn sein Versprechen zu erfüllen, könnte vielleicht bedeuten, seine eigene Macht zu schmälern, was er auf keinen Fall zulassen würde.
„Was ist, Schattenfürst? Hat es Euch die Sprache verschlagen? Könnt oder wollt Ihr meine Frage nicht beantworten?“
„Es ist nicht so einfach, es kann länger dauern, als ich dachte, doch ich halte mein Versprechen“, stieß dieser hervor.
„Das hoffe ich für Euch. Enttäuscht mich lieber nicht, dass könnte böse für Euch ausgehen! Ich will dieses Artefakt und den versprochenen Folianten!“
„Ihr bekommt beides. Ich verspreche es. Ich weiß nur noch nicht wann.“
„Also gut, Schattenfürst. Ich gebe Euch genau drei Tage. Solltet Ihr bis dahin nicht geliefert haben, werde ich andere Maßnahmen ergreifen“, sagte der Magier kalt.
„Notfalls hole ich es mir persönlich, was Ihr Euch allerdings lieber nicht wünschen solltet. Meine Geduld ist nicht grenzenlos. Ohne meine Einflussnahme könnte es sein, dass sich Eure Pläne plötzlich in Luft auflösen. Ich könnte mir vorstellen, dass eure Mine vielleicht nicht mehr sicher ist“, drohte der Magier. Ohne eine Antwort abzuwarten, schaltete er das Handy ab.
„Menschen!“, flüsterte er. „Man darf ihnen nicht trauen!“