Читать книгу Die Vorsehung - Bärbel Junker - Страница 22
DIE HILFE DER BRUMMTA
Оглавление„Ich denke, jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um unsere Unterstützung herbeizurufen“, meinte Sakon grinsend.
Er langte in seine Jackentasche, holte eine winzige silberne Flöte hervor und setzte sie an die Lippen.
Ariella und die beiden Halblinge spitzten die Ohren, doch sie hörten nichts, nicht den geringsten Ton. Verwundert sahen sie sich an.
Sakon, der die kleine Flöte wieder in seiner Tasche verstaut hatte, bemerkte ihr Erstaunen. „Niemand, außer den Brummta, kann die Töne hören“, erklärte er.
„Also, das glaube ich jetzt aber nicht“, schimpfte Finntam. „Willst du uns etwa alle umbringen? Du hast doch vorhin nicht etwa die Brummta gemeint, als du von Hilfe holen sprachst, oder? Du nickst? Aber Sakon, die helfen uns doch nicht, nein, die fressen uns!“
Der Zwerg musterte amüsiert den aufgebrachten Halbling, der mit geballten Fäusten vor ihm stand. Aber er unterschätzte diese kleine Person keineswegs wie so viele andere. Er wusste, dass die Halblinge mutige Kämpfer waren, die mit Pfeil und Bogen, aber auch mit der Schleuder, aus der Ferne ungeheuer treffsicher waren.
Und selbst im Nahkampf waren sie trotz ihrer geringen Größe und ihrer schmalen Statur nicht zu unterschätzen. Ihre scharfen Dolche hatten schon so manche Sehne bei bedeutend größeren Lebewesen zerschnitten und diese zu Fall gebracht, was unausweichlich deren Ende bedeutete.
„Keine Sorge, Finntam, die Brummta sind unsere Freunde“, sagte er ruhig. „Wir haben uns schon häufig in schwierigen Situationen gegenseitig unterstützt. Es sind keine mordgierigen Ungeheuer, nicht, wenn man sie in Frieden lässt.“
„Aber sie fressen Fleisch“, wandte Finntam ein.
„Das tue ich auch. Nur brate ich es vorher“, erwiderte Sakon gelassen.
„Wer oder was sind diese Brummta?“, wollte Ariella wissen.
„Eine Art Riesenwürmer“, erwiderte Sakon. „Sie haben einen langen, kahlen Kopf, große hellblaue Augen, ein breites Maul mit einer Doppelreihe scharfer Zähne. Und sie sind der Sprache mächtig!
Sie sind unterschiedlich lang und haben eine glatte undurchdringliche Haut. Sie leben unter der Erde und kommen hauptsächlich nur zur Nahrungssuche nach oben, wenn die Nahrung in ihrem Lebensbereich knapp wird. Intelligente Lebewesen fressen sie normalerweise nicht, es sei denn, diese greifen die Brummta an oder sie sind bereits tot.
Sie gleiten durch die Erde wie durch einen See und stoßen dabei einen dunklen, hallenden Brummton aus, der ihr Kommen ankündigt“, erklärte der Zwerg.
„Und du meinst, sie werden uns helfen?“, fragte Samwinn.
„Das werden sie, denn die Brummta sind Freunden gegenüber ausgesprochen loyal. Aber erschreckt nicht, wenn sich der Boden um euch herum bewegt. Das kündigt nur das Kommen der Brummta an und bedeutet keine Gefahr.“
„Wenn du es sagst“, murmelte Finntam skeptisch.
Mittlerweile war es dunkler geworden. Die Nacht brach herein. Sie warteten und beobachteten.
„Ich sehe mich da unten mal um“, flüsterte Samwinn und war verschwunden, bevor jemand wiedersprechen konnte.
„Macht euch keine Sorgen. Samwinn lässt sich nicht erwischen. Die da unten bemerken ihn mit Sicherheit nicht“, sagte Finntam leise.
Er hatte kaum ausgesprochen, da begann sich der Boden unter ihnen wellenförmig zu bewegen, von einem tiefen Brummen begleitet.
Finntams Sternenaugen huschten unruhig über den zum Leben erwachten Boden. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, wäre überall lieber gewesen als hier, wo jeden Augenblick die Brummta erscheinen würden. Er legte einen Pfeil auf die Bogensehne und rückte näher an Ariella heran. Sollten sie nur kommen!
Da stieß ein länglicher Kopf zwischen Sakon und Ariella durch die Oberfläche. Der Blick großer, hellblauer Augen wanderte suchend umher. Auf Sakon verweilten sie.
„Du hast nach uns gerufen?“, fragte eine gutturale, jedoch gut verständliche dunkle Stimme. „Was können wir für dich tun, Freund Sakon?“
Ariella starrte die Kreatur sprachlos an, die wie ein dicker Baumstamm aus dem Boden ragte. Zwar hatte der Zwerg sie auf die Riesenwürmer vorbereitet, aber einem von ihnen so nahe zu sein, war etwas völlig anderes. Sie beobachtete das unglaubliche Wesen und hörte dabei Sakon zu, der dem Brummta, der anscheinend Wandker hieß, ihre Situation erklärte.
Überrascht bemerkte sie, dass das glatte Gesicht dieses Wesens nicht unbeweglich, sondern äußerst wandlungsfähig war. Fasziniert beobachte sie das Mienenspiel Wandkers und den blattförmigen silbernen Fleck unter seinem rechten Auge, der dabei seine Form beständig veränderte.
Wie lang wohl der unter der Erdoberfläche verbliebene Körper dieses Wurmwesens ist? fragte sich Ariella gerade, da wandte sich der Brummta ihr unvermutet zu.
Kluge, ein wenig starre Augen musterten sie eingehend. Die Prüfung schien zur Zufriedenheit des Brummta ausgefallen zu sein, denn so etwas wie ein Lächeln huschte über sein glattes Gesicht. Dabei ließ er eine beängstigende Doppelreihe rasiermesserscharfer Zähne sehen.
„Du wirst uns helfen die Zwerge zu befreien?“, fragte er.
„Ja, das werde ich, denn ich verabscheue Sklaverei. Ich weiß von der Hohen Herrin Lisha’yinn, was für schreckliche Zustände in der Mine des Schattenfürsten herrschen.“
Der Riesenwurm nickte bedächtig, dabei sah er sie unverwandt an. „Die Hohe Herrin. So, so“, erwiderte er. „ Hast du etwas mit der Prophezeiung zu tun, Ariella? Ariella ist doch dein Name, oder?“
Sie nickte. „Woher weißt du davon?“, fragte sie überrascht.
Lachte der Brummta? Konnte das sein? Vermochten Riesenwürmer zu lachen? Doch wieso eigentlich nicht? Immerhin sprachen sie ja auch!
„Wir sind nicht dumm, Ariella. Und wir hören sehr viel auf unseren unterirdischen Wegen“, erwiderte er.
Der Zwerg hatte dem Gespräch dieser beiden so verschiedenartigen Lebensformen amüsiert zugehört. Was für eine Prophezeiung? dachte er. Vergaß es dann jedoch wieder. Langsam wurde er ungeduldig. Es war dunkel genug. Er wollte endlich seine Gefährten befreien! Und wo war eigentlich Samwinn abgeblieben?
Er fragte Ariella, die ihn erschrocken ansah.
„Ich bin hier. Hallo Wandker, schön dich mal wieder zu sehen“, sagte Samwinn hinter ihnen.
„Hallo Kleiner“, brummte der Riesenwurm.
„Du, du kennst die Brummta?“, stieß Finntam beeindruckt hervor.
„Schon lange. Sie sind meine Freunde“, erwiderte Samwinn lässig.
Finntam starrte ihn mit offenem Mund an. „Aber wie kannst du sie unterscheiden?“, flüsterte er.
„Der silberne Fleck unter seinem rechten Auge. Wandker ist ihr Anführer“, flüsterte Samwinn zurück. „Aber jetzt mach lieber den Mund zu, sonst fliegt dir noch was rein“, warnte er kichernd „Aber Scherz beiseite. Ich habe mit den Zwergen gesprochen und einiges herausgefunden.
Die beste Nachricht zuerst: Koktos ist nicht mehr bei ihnen. Er ist alleine auf dem Weg zur Mine. Damit ist für uns die Gefahr des Verbrennens ausgeschaltet, was schon mal sehr wichtig ist.
Es hat wohl Unstimmigkeiten mit dem neuen Söldnerführer gegeben, weil Koktos den armen Zwerg totgeschlagen hat und dadurch für die Mine einer weniger ist. Die Zwerge konnten zwar nicht alles verstehen, doch die Körpersprache und der laute Streit sprachen eindeutig dafür“, erzählte Samwinn.
„Dieser verdammte Mistkerl“, knurrte Sakon hasserfüllt.
„Jetzt, wo die Brummta uns beistehen, dürfte es möglich sein, die Gefangenen zu befreien. Es waren dreißig Söldner. Ich glaube, vier davon sind tot. Sie haben sie in eine Felsspalte geworfen.
Ich habe den gefangenen Zwergen zwei Messer gegeben, damit sie sich ihrer Fesseln entledigen können, sobald die Befreiungsaktion beginnt“, fuhr Samwinn fort.
„Mit den wenigen Gegnern werden wir lässig fertig. Diese verdammten Söldner werden schon sehr bald bereuen, sich mit uns Zwergen angelegt zu haben“, versprach Sakon.
„Woher kommen die eigentlich?“, fragte der Brummta.
„Von weit, weit her“, erwiderte Ariella.
„Du kommst auch von dort? Und als sie nickte. „Ich hätte dich für eine Ishilok gehalten, wenn die schwarzen Haare nicht wären“, meinte Wandker.
„Das stimmt auch, aber nur zur Hälfte“, erwiderte Ariella. „Aber das ist eine lange Geschichte.
Der Riesenwurm nickte, erwiderte jedoch nichts. „Es wird Zeit, Koktos und dem Schattenfürst das Handwerk zu legen“, knurrte er.
„Gute Idee, wenn man nur wüsste, WER er ist und WO er ist!“, erwiderte Sakon. „Doch zuerst einmal müssen wir unser Vorgehen planen, um meine Leute zu befreien.“
Sie kamen schnell überein, den Brummta den ersten Zug zu überlassen. Sie würden im Lager für Panik, zumindest jedoch für Unruhe sorgen. Doch zuvor sollten die beiden Halblinge schon mal einige der Zwerge mit deren Waffen versorgen, welche die Söldner auf drei Packpferde verteilt hatten.
Sie waren zwar zu Fuß gekommen, hatten jedoch offensichtlich damit gerechnet Beute zu machen, daher die Packpferde.
Pferde waren auf Smethama äußerst selten und sahen auch anders aus, mit ihren rötlichen Augen, dem breiten Kopf, dem höheren Widerrist und dem kürzeren Schwanz, als die auf der Erde.
„Ich rufe dann mal meinen Stamm“, sagte Wandker. Er hob den Kopf, riss sein Maul weit auf und … erstarrte.
Ariella und Finntam starrten ihn verständnislos an. Was machte der Brummta?
„Er ruft seinen Stamm. Nur können wir es nicht hören“, erklärte Sakon das für Ariella und Finntam seltsame Gebaren. „Die Töne sind so hoch, dass andere Lebewesen als die Brummta sie nicht hören können.“
„Ich verlasse euch jetzt. Mein Stamm wartet dort unten neben dem Lager auf mich. Wir sehen uns später, wenn deine Leute befreit sind“, sagte Wandker und verschwand so schnell im Erdboden, dass sie es kaum mitbekamen. Nur der vibrierende, sich wellende Boden und ein dunkles Brummen begleiteten den sich rasch entfernenden Riesenwurm.
„Jetzt sind wir dran“, sagte Samwinn unternehmungslustig und verschwand mit seinem Freund.
„Ich nehme die linke und du die rechte Seite“, schlug Sakon vor und schulterte seine Axt.
Ariella und Sakon schlichen, die geringe Deckung ausnutzend, den Hang hinunter. Unten angekommen trennten sie sich wie abgesprochen.
Die Söldner lagen in Decken gewickelt um das langsam erlöschende Feuer herum und schliefen. Sie hatten zwei Wachen aufgestellt, die sich an einen Baum gelehnt unterhielten.
„Was für Feinde soll es denn in dieser verdammten Einöde geben? Wir stehen uns hier doch völlig unnütz die Beine in den Bauch. Ich könnte weiß Gott nach diesem langen Marsch auch ‘ne Mütze Schlaf vertragen“, beklagte sich der eine Söldner gerade, als Ariella hinter ihm im Schatten stehenblieb um zuzuhören. Vielleicht erfuhr sie etwas Wichtiges.
„Was für ein Schwachsinn, diese seltsamen Zwerge zu bewachen“, erwiderte sein Kumpel. „Meinst du, das sind wirklich echte Zwerge wie aus den Geschichten?“
„Quatsch! Die gibt’s doch gar nicht. Das ist irgend so ein klein geratenes Volk. Die nennen sich wohl nur so.“
„Aber ich würde trotzdem gerne wissen, wo wir hier eigentlich sind.“
„Ach was, Gerd! Hauptsache die Kohle stimmt, alles andere ist für mich unwichtig.“
„Wenn du meinst, Fred. Es ist ungemütlich. Ich leg mal ein paar Holzscheite auf, bevor das Feuer noch ganz herunterbrennt“, sagte Gerd und bückte sich zu einem Holzhaufen hinunter. Nachdem er sein Vorhaben ausgeführt hatte, kehrte er zu seinem Freund zurück.
„Verdammt!“, murmelte Ariella, als die Flammen aufloderten und genau dort Helligkeit verbreiteten, wo sie stand. Sie machte einen Schritt zur Seite und trat dabei auf einen Ast, der knackend unter ihrem Stiefel zerbrach. Sie wünschte sich mit den Schatten zu verschmelzen, nicht mehr als Person erkennbar zu sein. Mit dem Schwert in der Hand wartete sie darauf entdeckt zu werden.
„Hast du das auch gehört?“, fragte Gerd und drehte sich um, genau in die Richtung, in der Ariella ungedeckt stand.
„Die Äste im Feuer haben geknackt. Da ist weiter nichts“, erwiderte Fred und starrte in dieselbe Richtung wie sein Freund.
Aber sie müssen mich doch sehen! dachte Ariella verwundert. Sie blickte an sich herunter.
Schatten! Sie war in Schatten gehüllt, war eins mit ihrer Umgebung und ihrer Magie, die sie ein weiteres Mal nicht in Stich gelassen hatte!
„Ich sehe langsam schon Gespenster“, murmelte der Söldner namens Gerd kopfschüttelnd. „Lass uns ein Stück gehen, bevor ich vielleicht noch Elfen und Drachen sehe“, schlug er grinsend vor. Lachend machten sich die beiden Söldner auf den Weg.
Das ist noch mal gutgegangen! Verborgen in den Schatten eilte Ariella hinüber zu den Zwergen, zwischen denen sie die beiden Halblinge entdeckte. Noch schliefen die Söldner und schnarchten vor sich hin.
Sie blickte zu Sakon hinüber, der nicht mehr weit entfernt von ihr und seinen Leuten war. Sie trat aus den Schatten und winkte ihm zu.
Bislang waren sie unentdeckt geblieben und so sollte es zumindest auch so lange bleiben, bis die gefangenen Zwerge bewaffnet waren. Aber anscheinend war das bisher noch nicht der Fall. Sie fragte sich, weshalb das so lange dauerte und beeilte sich, zu den Gefangenen zu kommen.
„Gut, dass du da bist!“, rief Samwinn, als sie zwischen den Bäumen auftauchte.
„Was ist los? Wo sind die Waffen? Weshalb habt ihr sie noch nicht verteilt?“, fragte Ariella ärgerlich.
„Sieh selbst“, erwiderte Samwinn und nahm ihre Hand. Er führte sie eilig zu den drei angepflockten Pferden, auf deren Rücken die Waffen verschnürt waren.
„Ja und?“, fragte Ariella verwundert.
„Sie sind sehr hoch“, murmelte der Halbling.
„Ja, ihr Widerrist ist ungewöhnlich hoch. Ich hätte wahrscheinlich Mühe in den Sattel zu kommen“, erwiderte Ariella. Sie blickte auf Samwinn hinunter.
Natürlich! Die Halblinge kamen nicht an die Waffen! Und die Zwerge befreiten sich gerade. Aber auch für sie würde es nicht einfach sein, unbemerkt an die Waffen zu gelangen.
Sie sah sich unruhig zu dem Lager um. Noch war alles ruhig, doch die Zeit drängte.
„Wo sind eigentlich die Brummta abgeblieben?“, fragte Finntam neben ihr.
„Sie mischen sich erst ein, sobald die Zwerge bewaffnet sind und damit fangen wir jetzt an.“ Sie zückte ihren Dolch, löste den ersten Packen damit, zog ihn herunter und legte ihn auf die Erde. Die beiden Halblinge bedienten sich und trugen die Waffen schnell hinüber zu den Zwergen, die nicht untätig geblieben waren.
Ariella befreite gerade die zwei anderen Packpferde von ihrer Last, als die beiden Halblinge mit einigen Zwergen zurückkamen. Sie hatten unter dem langen Marsch, dem Wasserentzug und den Misshandlungen deutlich gelitten. Doch ihr Zorn kompensierte fürs erste diese Schwächen.
„Wo ist Sakon?“, fragte sie.
„Bist du die Ariella von der die Halblinge sprachen?“, fragte einer der Zwerge. Und als sie nickte, zeigte er mit dem Daumen über seine Schulter, bevor er einen Stoß Waffen auf seine muskulösen Arme nahm. Schwankend eilte er zu seinen Gefährten.
Als Ariella in die angezeigte Richtung blickte sah sie Sakon, doch hinter ihm trat in diesem Moment einer der Wächter, der sich dort erleichtert hatte, hinter den Bäumen hervor.
Und der erkannte die Situation sehr schnell!
Sein Schwert flog geradezu in seine schwielige Hand. Grinsend hob er es mit beiden Händen über seinen Kopf, um den Zwerg in zwei Stücke zu spalten.
Und Sakon hatte ihn noch nicht bemerkt!
Ariella war zu weit entfernt, um die Tat zu verhindern. Sie hatte nur eine Wahl. Wie von selbst sprang das Messer in ihre Hand. Ohne lange zu zielen warf sie es und … traf.
Der Söldner griff sich an den Hals, in dem das Messer steckte. Sein Schwert rutschte aus seiner kraftlosen Hand. Stumm fiel er vornüber zu Boden.
Sakon konnte gerade noch zur Seite springen. Aber er begriff sehr schnell. Er sah zu Ariella hinüber und hob dankend die Hand.
Ariella nickte und griff gerade nach dem nächsten Stapel Waffen, als ein Warnschrei sie herumwirbeln ließ.
Es war der zweite Wächter, der ihn ausgestoßen hatte.
Die um die Feuerstellen lagernden Söldner sprangen auf und griffen zu den Waffen.
Da explodierte die Erde um sie herum!
DER BRUMMTA WANDKER UND SEIN STAMM GRIFFEN AN!
Verwirrt starrten die Söldner auf die Riesenwürmer, die sich behände und schnell aus dem Boden wanden. Einer der Söldner überwand seine Verblüffung und schlug mit einem gewaltigen Streich einem Brummta den Kopf ab.
Das hätte er besser nicht tun sollen! Weglaufen wäre wohl klüger gewesen! Denn jetzt kannte der Zorn der Riesenwürmer keine Grenzen mehr. Wie Geschosse katapultierten sie sich durch die Luft auf die Söldner zu, die nicht selten unter der Last zusammenbrachen und zwischen den scharfen Zähnen der Brummta ein schnelles Ende fanden.
Und dann griffen auch noch die zwar angeschlagenen, jedoch immer noch kämpferischen Zwerge ein.
Auch Samwinn und Finntam blieben nicht untätig. Pfeil um Pfeil schickten sie in die Menge, sobald sie freies Schussfeld auf die Gegner hatten.
Und auch Ariellas Schwert verlor seine Unschuld und wurde in Blut getaucht. Sie war immer gerade dort, wo ein Zwerg hinterrücks attackiert wurde, um solches zu verhindern.
Doch auch dem Brummta Wandker rettete sie im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf, als ein Söldner ihm diesen hinterrücks abschlagen wollte.
Zuletzt stand sie Rücken an Rücken mit Sakon, um die letzten noch verbliebenen Feinde abzuwehren.
Als Sakon über einen Toten stürzte und Ariella sich plötzlich dreier Gegner erwehren musste, ragte plötzlich ein langer, kahler Kopf aus dem Boden. An dem großen silbernen Fleck unter dem rechten Auge erkannte sie, dass es Wandker war.
Als die drei Gegner mit erhobenen Schwertern vorwärts stürzten, richtete sich der Brummta so weit auf, dass er die Männer überragte. Sein Kopf stieß auf sie nieder, sein Maul öffnete sich und kurz hintereinander verschwanden zwei Schädel in der gewaltigen Öffnung.
Der dritte und letzte Angreifer stand wie erstarrt.
„Hau ab“, grollte Wandker.
Das löste die Starre. Der Mann warf sich herum und rannte davon, aber zu seinem Pech direkt in Sakons Schwert hinein.
Ariella sah sich um. Die Körper der Brummta waren zurück unter die Erde geschlüpft, nur ihre Köpfe ragten wie Fantasiegebilde zwischen den gefallenen Söldnern hervor.
Keiner der Söldner war mehr am Leben, im Gegensatz zu den Zwergen, die alle mehr oder weniger leicht verletzt überlebt hatten, dank der Hilfe der Riesenwürmer. Doch die Zwerge waren hart im Nehmen. Der Kampf war vorüber. Und nachdem sie getrunken und etwas gegessen hatten, fehlte nur noch etwas Schlaf, um die vorausgegangenen Strapazen zu überwinden.
„Du hast mir und etlichen meiner Gefährten das Leben gerettet“, sagte Sakon, der neben sie getreten war. „Ich danke dir, Ariella. Du hast eine Menge bei mir gut.“
„Sie hat gut gekämpft“, brummte Wandker. „Und mir hat sie auch das Leben gerettet. Du kannst von jetzt an jederzeit auf mich zählen, Ariella. Rufe mich mit dieser Flöte, falls du irgendwann Hilfe brauchst.“
Was für eine Flöte? Woher will er die nehmen? Und wie will er sie mir geben? Schließlich verfügt er nicht über Gliedmaßen!
„Das ist für dich, Ariella.“ Ein armähnliches Gebilde mit einer Hand daran, die eine winzige Flöte hielt, löste sich seitlich aus Wandkers rundem Körper. Nachdem Ariella die Flöte entgegengenommen hatte, verschwand der Arm zusammen mit der Hand wieder im Leib des Riesenwurms.
„Können das alle Brummta?“, fragte Ariella beeindruckt.
„Nein, nur das jeweilige Stammesoberhaupt“, erwiderte Wandker.
„Und wie geht es jetzt weiter?“, fragte Ariella.
„Wandker und sein Stamm räumen hier auf, und wir suchen uns ein Stück weiter einen Lagerplatz für den Rest der Nacht. Sobald der Morgen graut, machen sich meine Leute und ich auf den Weg zur Diamantenmine am Rande der Undara-Wüste“, erwiderte Sakon.
„Wieso? Wir haben deine Leute doch befreit“, entgegnete Ariella überrascht.
„Das schon. Aber sie haben während ihrer Gefangenschaft zufällig erfahren, dass dort in der Mine seit längerem Zwerge eines befreundeten Clans unter schrecklichen Bedingungen zur Arbeit gezwungen und misshandelt werden. Wir befreien sie und bestrafen ihre Peiniger wie es sich für anständige Zwerge gehört“, erwiderte Sakon zornig.
Ariella sah ihre beiden Gefährten fragend an.
„Wir kommen mit und helfen euch“, sagte sie, nachdem die beiden Halblinge zustimmend genickt hatten.
„Wir können eure Hilfe gut gebrauchen“, erwiderte Sakon erfreut. „Und wenn das vorbei ist, bringen wir dich, Samwinn und Finntam zur Festung Finsterfels. Nach allem, was du für uns getan hast, denke ich, dass die beiden Herren der Festung ein offenes Ohr für dein Anliegen haben werden“, meinte er zuversichtlich.
„Das hoffe ich auch“, erwiderte Ariella.