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8.

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Sonntagvormittag Polizeipräsidium. Pünktlich erscheint Senta Hartmann im Polizeipräsidium zur Vernehmung. Der Tod ihres Ex-Ehemannes und die weiteren Umstände haben ihr arg zugesetzt. Das dezent aufgetragene Make-up kann weder die Augenringe noch die Blässe verdecken. Clemens bittet sie und Maria in sein Büro, setzt sich an den Schreibtisch und überlässt Maria und Senta Hartmann die zwei Besucherstühle, den angebotenen Kaffee lehnt sie ab. Er kommt ohne Umschweife direkt zur Sache.

»Frau Hartmann, Sie wissen ja, dass Ihr Alibi ziemlich wackelt. Was haben Sie von sechzehn Uhr bis zu Ihrer Abfahrt zum Petit Salon gemacht?«

»Das habe ich Ihnen doch schon gesagt: Gerichtsverhandlung, Spaziergang mit dem Hund, Essen zubereitet und noch eine, eineinhalb Stunden auf dem Bett gelegen, um zu entspannen. Dann habe ich mir einen Tee gemacht und bin langsam aufgebrochen.«

»Kann das jemand bezeugen?«, fragt Maria.

»Niemand. Ich war allein.«

»Hat Sie auch beim Spaziergang niemand gesehen?« Maria bleibt hartnäckig.

»Nicht dass ich wüsste.«

»Keine Telefonate?«, mischt Clemens sich ein.

»Nein, ich bin froh, wenn ich vor einer Vorstellung meine Ruhe habe. Aber Moment«, die Befragte überlegt kurz, »ja genau, um kurz nach sechzehn Uhr hat mich mein Freund aus der Klinik angerufen.«

»Wer ist Ihr Freund?«, hakt Maria nach.

»Dr. Lamberty. Er ist Oberarzt im St.-Vinzenz-Krankenhaus.«

Maria macht sich Notizen, und Clemens übernimmt.

»Was wissen Sie über den Vater Ihres Ex-Mannes? Ist Ihnen bekannt, dass Claude Briest im Gefängnis gesessen hat und weshalb?«

»Ja, das ist mir bekannt. Mein Ex-Mann hat sehr darunter gelitten, dass sein Vater wegen sexuellen Missbrauchs an Schülern verurteilt worden ist.«

»Halten Sie es für möglich, dass auch Ihr Ex-Mann durch seinen Vater missbraucht wurde?«

»Ja, könnte gut sein, aber mit Gewissheit kann ich das nicht sagen. Er selbst hat nie darüber gesprochen. Ich weiß aber, dass Herr Briest im Hause meiner Schwägerin Hausverbot hatte, irgendwas muss da vorgefallen sein mit einem Neffen von Jacques.«

»In der Wohnung Ihres Mannes haben wir einen Ordner mit Fotos gefunden.« Maria schiebt Senta Hartmann den Ordner hinüber. Diese blättert mit starrer Miene durch die Seiten, stockt, blättert weiter. Langsam laufen ihr Tränen über die Wangen.

»Kennen Sie eines der Kinder?«, fragt Maria.

»Ja.« Frau Hartmann zeigt auf drei Fotos.

»Das ist meine, also unsere Tochter Marie.« Sie zieht ein Taschentuch aus ihrer Handtasche und trocknet sich das Gesicht.

»Und hier, die zwei, das sind die Kinder meiner besten Freundin. Die Fotos müssen bei uns im Garten gemacht worden sein.« Die Aufnahmen zeigen zwei Mädchen von ungefähr zwei und vier Jahren, die unbekleidet auf einer Schaukel sitzen. Die Perspektive der Aufnahmen ist auf die Geschlechtsteile gerichtet.

»Wer ist Ihre Freundin?«, will Clemens wissen.

»Jutta Schmittmann. Sie wohnt mit ihrer Familie nicht weit von mir.«

»Glauben Sie, er hat sich an den Kindern Ihrer Freundin vergangen?«, fragt Maria vorsichtig.

»Nein, das denke ich nicht, die beiden sind völlig unauffällig.«

»Halten Sie es für möglich, dass er sich an anderen Kindern vergangen hat?« Wieder bleibt Maria dran.

»Worauf wollen Sie hinaus?«

»Wer könnte Ihrer Meinung nach ein Motiv gehabt haben, Ihren Mann umzubringen?« Die Frage kommt von Clemens, der den Eindruck hat, dass Frau Hartmann etwas verschweigt.

»Ich weiß es nicht, dazu kann ich nichts sagen.«

»Anders gefragt: Hatte Ihr Ex-Mann Feinde?« Er versucht es nochmals.

»Na ja, ein großer Sympathieträger war er nicht gerade. Aber Feinde, das glaube ich nicht.«

»Hat Ihr Freund heute Dienst?«, will Maria wissen.

»Ja, bis zum späten Nachmittag.« Clemens sucht Augenkontakt zu Maria, die beiden verständigen sich kurz.

»Gut, das war es jetzt fürs Erste. Vielen Dank für Ihre Hilfe.«

Senta Hartmann steht langsam auf und schaut die beiden an. »Das habe ich nicht gewusst«, flüstert sie, »ich habe vieles gewusst, aber das nicht. Was passiert mit den Fotos?«

»Sie kommen zu den Akten, dort sind sie sicher.«

Schweigend reicht sie Clemens und Maria die Hand.

»Ich begleite Sie.«

Maria kennt diese Angewohnheit ihres Kollegen. Denn es geht nicht nur darum, dass die Etagen des Polizeipräsidiums gleich aufgebaut sind und sich Fremde schon oft verlaufen haben. Clemens hängt auch der Theorie an, dass die Menschen, wenn die Anspannung etwas nachlässt, den einen oder anderen Hinweis geben. So auch jetzt. Auf dem Weg zum Aufzug dreht sich die Sängerin zu ihm um.

»Da fällt mir doch noch etwas ein. Am Samstag hatte ich eine E-Mail im Postfach, sie war von Freitag. Der Vater eines missbrauchten Mädchens hat mir geschrieben, er habe das Verfahren meiner Tochter verfolgt. Und er äußert sein Mitgefühl darüber, dass der Angeklagte freigesprochen worden ist. Seine Tochter hat sich vor ein paar Monaten das Leben genommen. Sinngemäß schreibt er: ›Hätte man das Schwein gefunden, das dies meiner Tochter angetan hat, ich hätte ihn umgebracht.‹«

»Es wäre gut, wenn Sie uns die E-Mail sofort weiterleiten könnten.«

Clemens kramt einen Notizzettel hervor und kritzelt die E-Mail-Adresse von Hendrik darauf.

»Hier, bitte an diese Adresse. Und vielen Dank.«

Kaum haben sich die Türen des Aufzugs geschlossen, atmet der Hauptkommissar tief durch. Dann geht er zu Hendrik, dessen Büro auf der gleichen Etage liegt. Es ist das genaue Gegenteil seines in der Regel gut aufgeräumten Arbeitszimmers: etwas chaotisch, durcheinander, irgendwie gemütlich, jedenfalls wenn man sich nicht den ganzen Tag dort aufhalten muss.

»Hallo, Senta Hartmann war eben hier und hat von einer E-Mail berichtet, die sie bekommen hat. Sie leitet die Nachricht an dich weiter. Mach mir bitte einen Ausdruck und versuch mal, den Absender herauszufinden. Könnte was Wichtiges sein.«

Schon kommen Christian auf der Heide und Maria, in den Händen die obligatorischen Kaffeetassen, in Flemmings Büro. Sie alle mögen die lockere Atmosphäre, daher geht es hier meist zu wie im Taubenschlag. Was auch damit zu tun hat, dass Flemming für die Koordination der eingehenden Informationen zuständig ist, die Kommunikationszentrale für alle. Obwohl Hendrik zu den Menschen gehört, die sich ausgezeichnet konzentrieren können, wird es ihm dann doch manchmal zu viel, wenn er gerade an einer kniffligen Recherche sitzt und die anderen munter durcheinanderreden. In solchen Fällen setzt er einfach seine Kopfhörer auf, ein deutliches Zeichen für die Kollegen, ihre Lautstärke zu drosseln.

Christian hat Neues zu berichten. Er hat die Gerichtsakten kurz überflogen und eine vorläufige Liste der Personen erstellt, die in irgendeiner Weise mit dem Verfahren zu tun gehabt haben. Diese Namen hat er mit den registrierten Personen mit Jagdschein aus Düsseldorf und Umgebung abgeglichen. Es gibt tatsächlich eine Übereinstimmung: Erika Wagner. Sie ist eine Freundin von Senta Hartmann und hat im Prozess ausgesagt.

»Interessant«, murmelt Clemens vor sich hin.

»Kannst du mehr über diese Erika Wagner in Erfahrung bringen?«, bittet er Flemming, dann wendet er sich Maria zu.

»Diese Frau schauen wir uns morgen mal an.«

Clemens von Bühlow Kollektion

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