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Kapitel 12
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Tagebucheintrag vom 8.9.2010
Gestern haben sie sich Toni geschnappt, er kam mit zerrissener Kleidung und dreckbeschmiertem Gesicht ins Zimmer und mir war sofort klar, was sie mit ihm gemacht hatten. Ich weiß noch, wie sie das mit mir gemacht haben. Sie kamen meist völlig unverhofft, teilweise sogar mitten in der Nacht und dann hat man nichts mehr zu lachen. Mal sehen, wie lange er das durchhält. Bei mir waren es damals nur ein paar Wochen, denn als ich in die Clique aufgenommen wurde, hörten die Schikanen von einem Tag auf den anderen auf. Aber ich kann mir nicht vorstellen, das den jemand aufnimmt. Das ist ja voll peinlich, wenn man mit dem rumhängen muss. Na ja...aber ein bisschen leid tut er mir schon.
»Zeit für eine kleine Abreibung, Milchbubi!« Der Rucksack wurde Toni von der Schulter gerissen. Noch ehe er sich umdrehen konnte, hatten seine Peiniger den Rucksack bereits geöffnet und verteilten den Inhalt über den gesamten Flur. Zwei weitere Jungen hielten ihn fest, während ein Dritter ihn mit Schlägen und Tritten traktierte. Toni hoffte, dass ein paar der vorbeigehenden Schüler oder Lehrer eingreifen würden, aber die Schüler waren viel zu froh, nicht selbst zum Opfer geworden zu sein und auch die Lehrer schienen sich nicht einmischen zu wollen. Schließlich wurde er unter lautem Gejohle hinaus auf das Fußballfeld geschleift, wo sie ihn so lange umher schubsten, bis er über seine eigenen Füße stolperte und fiel. Darauf hatten die Jungen nur gewartet, sie warfen sich auf ihn und drückten sein Gesicht mit aller Kraft in den Schlamm. Vier- bis Fünfmal pressten sie sein Gesicht ins Gras, zwischendurch ließen sie ihm immer nur ein wenig Zeit um nach Luft zu schnappen. Danach erhoben sie sich, klatschten ab und ließen ihn auf dem Rasen liegen. Die Tränen, die er mit aller Macht zurück gehalten hatte, strömten ihm nun über das Gesicht und hinterließen helle Spuren in seinem mit Schlamm beschmutzten Gesicht. Er spuckte ein paar Grasbüschel aus und erhob sich schließlich. Langsam und zögernd ging er zurück ins Haus, er hatte es nicht eilig. Er hoffte, dass er es schaffte, sein Zimmer ungesehen zu erreichen, um sein Gesicht zu säubern und sich umzuziehen, er hatte keine Lust, Stoff für neue Hänseleien zu bieten. Doch zunächst musste er seine Schulsachen und seinen Rucksack aufsammeln. Zum Glück hatte es bereits zur nächsten Stunde geläutet, als Toni die Seitentür erreichte. Der Flur war wie ausgestorben, er fand seinen Rucksack und begann Hefter und Bücher einzusammeln. Nur seine Federmappe konnte er nirgends entdecken, einer Ahnung folgend betrat er die Toilettenräume. Seine Federmappe schwamm in einer der Toiletten, Toni musste gegen einen Brechreiz ankämpfen, während er sie herausangelte. Während er, den Rucksack über der Schulter und die triefende Federmappe mit zwei Fingern weit von sich weghaltend, die Treppe zu seinem Zimmer hoch schlich, fragte er sich immer wieder, was er wohl falsch gemacht hatte. Er ließ sich absichtlich Zeit beim Säubern um Umziehen, eigentlich hätte er Chemie Unterricht gehabt, bei seinem Klassenleiter, Georg Schubert. Doch die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass auch von dem jungen Lehrer nur spöttische Bemerkungen zu erwarten waren. Ob aus Machtgehabe oder weil der Lehrer nicht zugeben wollte, dass er mit dieser Situation überfordert war, Toni wusste es nicht. Erst am Montag hatte der Lehrer ihm eine gelbe Karte gegeben, weil Toni zum wiederholten Male seine Hausaufgaben nicht abliefern konnte. Dabei hatte er mit eigenen Augen gesehen, dass Toni sie in der Studierzeit erledigt hatte. Doch als er nach dem Heimfahrwochenende wieder ins Internat zurückkehrte, musste er feststellen, das seine Hausarbeiten ihm wieder einmal spurlos verschwunden waren. Der junge Lehrer hatte ihm nicht geglaubt und so hatte er erneut eine gelbe Karte kassiert und sein nächstes Heimfahrwochenende stand auf der Kippe. Für sein Zu-spät-kommen würde er wohl die zweite gelbe Karte bekommen und am nächsten Wochenende in der Schule bleiben müssen. Schließlich konnte er den Zeitpunkt nicht länger herauszögern, er atmete tief durch und klopfte an die Tür zum Chemiesaal.