Читать книгу Confiteor Deo - Caroline Bloom - Страница 8
Kapitel 3
ОглавлениеDer Parkplatz der Leenhardt-Gymnasiums füllte und leerte sich fast im Minuten-Takt, Eltern brachten ihre Kinder nach den Ferien wieder ins Internat. Der Hof und die Gänge waren erfüllt von lautem Stimmengewirr. Frau Amberg, die Direktorin, stand am Fenster ihres Büros und sah auf das Treiben hinunter. Sie war eine große, schlanke Frau mit sorgfältig frisierten Haaren und klugen Augen. Bereits seit vier Jahren hatte sie die Leitung dieses Internats inne und der Beginn eines neuen Schuljahres war immer eine aufregende Angelegenheit. Doch so nervös wie dieses Mal hatte sie sich seit ihrem ersten Tag als Direktorin nicht mehr gefühlt. Als es klopfte, wandte sie sich vom Fenster ab und setzte sich an ihren Schreibtisch. »Herein.« sagte sie, froh von ihren Grübeleien abgelenkt zu werden. Kurz darauf trat Herr Falkenbach ein. Er war ein großer, schlaksiger Mann, mit kurz geschnittenen dunkelblonden Haaren und tiefliegenden Augen. »Guten Tag, Herr Falkenbach! Sind Sie gut hergekommen?« erkundigte sich die Direktorin liebenswürdig. »Ja, auf den Straßen war wenig los, wir sind gut durchgekommen. Georg ist mit mir gefahren.« setzte er nach einem fragenden Blick der Leiterin hinzu. Georg Schubert, ein weiterer junger Lehrer, war mit Horst Falkenbach befreundet, er unterrichtete seit drei Jahren ebenfalls am Leenhardt–Gymnasium. »Sie übernehmen dieses Jahr die Klasse 8b und Herr Schubert bekommt eine neue fünfte Klasse.« Die Direktorin reichte dem Lehrer die Pläne über den Tisch: »Dann wünsche ich Ihnen einen guten Start in das neue Schuljahr.« »Danke, Frau Amberg! Ihnen auch!«
Die Direktorin winkte ab, doch bevor der junge Mann die Tür erreicht hatte, fiel ihr noch etwas ein: »Sie bekommen eine neue Kollegin, Constanze Taubert. Eine sehr sympathische junge Dame. Bitte kümmern Sie sich darum, dass Sie sich hier gut zurecht findet.«
Constanze Taubert stieß einen leisen Pfiff durch die Zähne aus, als sie mit ihrem blauen Kleinwagen auf den Parkplatz der Schule einbog. Sie war zwar zu dem Vorstellungsgespräch schon einmal hier gewesen, aber dieses große Schulgebäude bot, trotz der Tatsache, dass überall auf dem Hof verwaiste Gepäckstücke herum standen, einen imposanten Anblick. Es war ein ehemaliges Renaissance-Schloss, welches auf eine lange Geschichte zurück blickte. Nachdem es in der Zeit des Nationalsozialismus als Schutzhaftlager gedient hatte, war es aufwendig restauriert worden und bot seit zehn Jahren dem Leenhardt-Gymnasium und Internat ein Zuhause. Der Hauptzugang erfolgte durch ein gotisches Tor, einem sogenannten Flüsterbogen. Das weiß getünchte Gebäude war quadratisch angeordnet, die vier Ecken wurden von eindrucksvollen Renaissance-Erkern gesäumt. Constanze stellte ihren Wagen ab und beschloss, zunächst erst einmal in Erfahrung zu bringen, wo sie untergebracht war, bevor sie das ganze Gepäck aus dem Auto lud. Sich umsehend betrat sie die große Eingangshalle, doch noch bevor sie sich genauer orientieren konnte, wurde sie von einem Zusammenprall fast von den Füßen gerissen. »Hey! Was...« rief sie ärgerlich und rieb sich den Arm. »Entschuldigung! Ich hab Sie nicht gesehen. Es tut mir wirklich leid. Haben Sie sich weh getan?« Constanzes Ärger flaute schon wieder ab, der Schmerz in ihrem Arm war nicht schlimm, sie war einfach nur furchtbar erschrocken. Nun nahm sie sich Zeit, ihr Gegenüber genauer zu betrachten. Ein junger Mann mit blonden Haaren, blauen Augen und einer Brille mit ovalen Gläsern, die ihm nach dem Zusammenstoß schief auf der Nase hing. »Ehm...ich bin Herr Schubert.« sagte er und rückte verlegen seine Brille zurecht. Die junge Dame gefiel ihm, ein Teil ihrer großen schwarzen Locken hatten sich bei dem Aufprall aus der Frisur gelöst und ihre Augen waren von einem so intensiven Blau, dass sie sicher kalt gewirkt hätten, wäre da nicht das Lächeln gewesen, das nun ihre Mundwinkel umspielte und ihre Augen warm erscheinen ließen: »Eigentlich nehmen wir in der Oberstufe keine neuen Schüler mehr auf.« Jetzt lachte sein Gegenüber hell auf und bot ihm ihre Hand. »Ich bin keine Schülerin, aber vielen Dank für das Kompliment! Ich fange als Lehrerin hier an, heute ist mein erster Tag und ich weiß nicht so genau, wo ich hin muss.« »Ich denke, da kann ich dir behilflich sein. Ich heiße Georg.« »Constanze, aber nenne mich einfach Conny.« »Ist das dein ganzes Gepäck?« Georg wies mit dem Kopf auf die Handtasche, die von Constanzes Schulter baumelte. »Ja. Eine Zahnbürste und Wimperntusche, mehr brauche ich wirklich nicht.« entgegnete diese und klimperte mit den Augen: »Nein, ich wollte mich erst einmal umschauen, ehe ich auspacke.« »Weißt du was, ich mache dir einen Vorschlag. Ich bin mit meinem Freund, Horst Falkenbach, im Lehrerzimmer verabredet. Komm doch gleich mit, dann beginnen wir mit der Führung dort. Und später helfe ich dir mit dem Gepäck.«