Читать книгу Zivilprozessrecht - Caroline Meller-Hannich - Страница 47
1.Der Richter
Оглавление97Der Richter ist staatliches Organ. Er ist nur an Gesetz und Recht gebunden und genießt sachliche und persönliche Unabhängigkeit, Art. 97 Abs. 1, 98, 20 Abs. 3 GG.1 Der Richter ist weder an Weisungen eines Vorgesetzten oder einer anderen Staatsgewalt noch der Parteien oder Dritter gebunden.2 Ein solches Weisungsrecht gesetzlich zu verankern, wäre sogar verfassungswidrig. Der Richter darf sich aber auch selbst nicht von Beeinflussungen oder Weisungen abhängig machen, dies macht ihn befangen. Den Parteien hat der Richter neutral gegenüberzustehen, er muss ihnen die gleichen prozessualen Rechte gewähren, darf sich bei der Rechtsfindung nicht von sachfremden Erwägungen oder besonderer Nähe gegenüber einer Partei leiten lassen oder eine Partei bevorzugen. Beiden Parteien gegenüber muss er den gleichen Abstand wahren (Rn. 100). Man verwendet hierfür den Ausdruck der Äquidistanz.
98a) Richterausschluss und Richterablehnung. Bestehen Gründe, die diese Neutralität oder Äquidistanz beseitigen können, ist der Richter von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen, wobei § 41 konkrete Rechtsstreitigkeiten benennt, für die er schlechthin ungeeignet erscheint. Hier geht es um Angelegenheiten, in denen er selbst oder eine ihm nahestehende Person Partei ist, oder mit denen er selbst befasst war oder ist.
99Ein Richter kann aber nach § 42 auch durch eine Partei abgelehnt werden, wenn er aus Sicht der Partei befangen ist, wobei dieses subjektive Misstrauen der Kontrolle objektiv verständiger Beurteilung standhalten muss.3 In Betracht kommt eine besondere Nähe zu einer Partei, die keinem der in § 41 aufgeführten Fälle entspricht, oder die besondere (fachliche oder persönliche) Nähe zum Rechtsstreit (Rn. 100). Ein Ablehnungsantrag muss sich dabei gegen einen konkreten Richter richten, eine pauschale Bezeichnung eines gesamten Spruchkörpers oder gar gesamten Gerichts ist unzulässig.4 Im Laufe des Verfahrens zu Tage tretende Ablehnungsgründe müssen im Interesse der Verfahrensbeschleunigung unverzüglich geltend gemacht werden, § 44 Abs. 4 ZPO. Das Verfahren über das Ablehnungsgesuch richtet sich im Übrigen nach den §§ 44 ff.5
100b) Insbesondere: Besorgnis der Befangenheit. Es kommt im Rahmen des § 42 nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich befangen ist, sondern darauf, ob die subjektive Besorgnis der Partei objektiv nachvollziehbar ist. Besorgnis der Befangenheit besteht, wenn der Richter durch einseitige Hinweise an eine Partei oder durch unsachliche oder parteiische Verfahrensleitung seine neutrale Stellung verlässt. Insgesamt ist die Einschätzung sehr vom Einzelfall abhängig.6 Nicht jeder Verfahrensfehler des Richters begründet seine Befangenheit, entscheidend ist vielmehr, dass er den Parteien gegenüber ungleich agiert. Nicht ausreichend ist eine unangemessene Wortwahl7 oder die Mitteilung einer vorläufigen Rechtsansicht8. Anhaltspunkte können sein: besondere Feindschaft oder enge Freundschaft (auch des Ehegatten des Richters) zu einer Partei,9 systematische Nichtbeachtung von Parteivorbringen,10 frühere Interessenvertretung für eine Partei,11 enge berufliche Nähe des Ehegatten des Richters zu einer Partei12, parteiische Vorbefassung mit der Rechtsmaterie13 oder auch die Stellung als Mieter einer Partei.14 Immer aber müssen diese Umstände den vernünftigen Zweifel an der Unvoreingenommenheit, Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit des Richters zulassen (vgl. für Schiedsrichter auch § 1036 Abs. 2).15