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Warum Biosaatgut besser ist

»Sorten sind Kulturgut und gehören nicht ein paar wenigen Konzernen, sondern allen Menschen«, sagt Petra Boie, Vorstand der Bingenheimer Saatgut AG. Das gilt zumindest für samenfeste Öko-Züchtungen.


PETRA BOIE freut, dass Hobbygärtner zunehmend ökologisch erzeugte Samen verwenden.

Was unterscheidet Biosaatgut von konventionell erzeugtem Saatgut?

Biosaatgut wird auf ökologischen Flächen ohne den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutz- oder Düngemitteln erzeugt. Ökologisches Saatgut darf zudem nach der Ernte nicht mit chemischen Mitteln gebeizt, d. h. vorbeugend gegen Pilzkrankheiten behandelt werden. Statt Beize gibt es andere Methoden zur Verbesserung der Saatgutgesundheit, wie beispielsweise die Heißwasserbehandlung. Die Richtlinien der ökologischen Anbauverbände gelten übrigens nicht nur für Gemüsesaatgut, sondern auch für Kräuter und Blumen. Nach dem Gesetz darf bei der Vermehrung von Biosaatgut auch Ausgangssaatgut aus nicht ökologischem Anbau verwendet werden. Unser Anspruch geht darüber hinaus: Wir verwenden ausschließlich Bio-Ausgangssaatgut und Sorten aus ökologischer Erhaltungs- und Neuzüchtung!

Wodurch unterscheidet sich die biologische von der konventionellen Züchtung?

Geschmack, Robustheit und gesundes Wachstum auch ohne hohe chemisch-synthetische Düngergaben oder den Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln steht bei Biozüchtern an erster Stelle. Sorge macht, dass die konventionelle Pflanzenzüchtung heute verstärkt auf biotechnologische Laborverfahren setzt, die man als eine Art »Kleine Gentechnik« bezeichnen könnte. Das macht die Abgrenzung neuer konventioneller Sorten gegenüber der gesetzlich definierten Gentechnik nicht nur für Biolandwirte und Biogärtner immer schwieriger. In der biologischen Züchtung sind all diese Verfahren ausgeschlossen.

Viele Biosorten wie der Spinat ‘Verdil’, die Rote Bete ‘Robuschka’ und Möhre ‘Rodelika’ sind seit Jahren bewährt. Warum entwickeln auch Biozüchter neue Sorten?

Pflanzenzüchtung war und ist eine Anpassung an sich verändernde Bedingungen in der Natur, im Garten oder auf dem Feld. Auch Ansprüche und Bedürfnisse der Menschen wandeln sich. Natürlich gibt es noch sehr viele Sorten. Der Anteil an samenfesten Sorten bei den gängigen Arten macht davon aber nur noch einen Bruchteil aus! Das sind Sorten, deren Nachkommen von Generation zu Generation wie ihre Eltern ausfallen, während die Nachkommen von Hybriden zumeist völlig andere Eigenschaften als ihre Eltern haben. Bei Brokkoli beispielsweise gibt es erst seit Kurzem einige wenige samenfeste Sorten für die Bio-Direktvermarktung. Unser Netzwerk aus Saatgutvermehrern und Züchtern möchte verhindern, dass zukünftig im Bioanbau nur noch Hybriden verwendet werden müssen, weil es keine anderen Sorten mehr gibt.


Biosaatgut entsteht unter natürlichen Bedingungen. Es bringt daher robuste Pflanzen hervor.

Wie lange dauert es, eine neue Sorte zu züchten und auf den Markt zu bringen?

Man unterscheidet ein- und zweijährige Gemüsearten. Bei einjährigen Kulturen kann man jedes Jahr einen Ausleseschritt machen und eine Weiterentwicklung erreichen. Bei zweijährigen Kulturen geht das nur alle zwei Jahre. Darüber vergehen sechs Jahre bei einjährigen und ca. zwölf bei zweijährigen Kulturen, mit Versuchsanbau und Praxistests beim Bundessortenamt gar acht bis 14 Jahre, bis eine Neuzüchtung marktreif ist.

Darf ich von gekauften, samenfesten Sorten einfach wieder Saatgut für das nächste Jahr gewinnen?

Laut Saatgutrecht darf jeder für den Eigenbedarf selbst vermehren. Die Weitergabe über den Gartenzaun ist aber streng genommen nicht gestattet. Selber Saatgut zu gewinnen, ist ein besonderes Erlebnis: Wer z. B. die wunderschönen Möhrenblüten einmal gesehen hat, wird seine Möhren noch mehr schätzen. Grundsätzlich sollte man darauf achten, dass neben Fremdbefruchtern keine artverwandten Pflanzen wachsen, also keine Wilden Möhren neben Kulturmöhren. Dazu sollte man den richtigen Reifezeitpunkt für die Samenernte kennen. Außerdem finden wir es wichtig, dass die traditionelle Saatgutvermehrung als Kulturtechnik in unserer Gesellschaft erhalten bleibt! Wer kein Saatgut mehr erzeugen darf, verliert den Einfluss darauf, wie Nahrungsmittel hergestellt und verteilt werden.

Sommerblumen will ich nicht essen – ist es da nicht egal, ob ich konventionelles Saatgut kaufe?

Das kommt darauf an, warum Sie sich für ökologische Produkte entscheiden. Viele Menschen sehen sofort den Vorteil für ihre Gesundheit durch den Verzehr ökologischer Lebensmittel. Darüber hinaus tun sie damit aber der Umwelt und allen Menschen etwas Gutes! Je mehr Menschen ökologische Erzeugnisse kaufen oder selbst anbauen, desto weniger Pestizide und Herbizide landen im Boden, im Wasser und in der Luft und desto weniger Erdöl wird für synthetische Düngemittel verwendet.

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