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3. Taterfolg

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Ziel der Nötigung ist es, das Opfer zu einem bestimmten Handeln, Dulden oder Unterlassen zu veranlassen, das nicht seinem freien Willen entspricht (§ 240 IV S. 2 Nr. 1 StGB normiert für ein besonders schwerwiegendes Nötigungsziel – Schwangerschaftsabbruch – zusätzlich ein Regelbeispiel). Dies beinhaltet, dass ein entgegenstehender Wille überhaupt vorhanden ist. Daher scheiden nach st. Rspr. überraschende, das Opfer lediglich „überrumpelnde“ Handlungen (z. B. ein Faustschlag) aus, auch wenn die betroffene Person sie nicht will. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Tatbestand der Nötigung ein zweiaktiges Geschehen des Inhalts voraussetzt, dass das Opfer erst auf die Nötigungshandlung hin mit einem abwehrenden Verhalten reagieren und der Täter daraufhin mit (erneuter) Gewalt oder Drohung ein weiteres Verhalten erzwingen müsste. Vielmehr reicht es aus, wenn das Opfer im Vorfeld der (ersten) Nötigungshandlung seinen entgegenstehenden Willen gegenüber dem Täter klar zum Ausdruck bringt. Interessant ist in diesem Zusammenhang folgendes

Beispiel: A fing an, die L „anzubaggern“. Auf die verbalen Annäherungsversuche des A antwortete L deutlich, dass sie so etwas nicht wolle und einen Freund habe. A entgegnete, dass auch er sich in einer Beziehung befinde, dies aber nichts ausmache. Als sich A und L frontal gegenüberstanden, zog A die L zu sich heran und küsste sie auf den Mund. Dabei konnte nicht sicher festgestellt werden, ob A die L während des Kusses weiter festhielt.[48]

Lösung: Es liegt eine Nötigung vor, denn A hat gegenüber L Gewalt angewendet und dadurch die Duldung des Kusses erzwungen. Dabei hat L ihren entgegenstehenden Willen bereits im Vorfeld gegenüber A klar zum Ausdruck gebracht. Im Fall eines sexuell motivierten Täterhandelns kann der entgegenstehende Wille auch im Zusammenhang mit zunächst verbalen Anzüglichkeiten des Täters geäußert werden. Daher ist nicht von einem das Opfer lediglich überraschenden Verhalten des A auszugehen. Dagegen fällt das Verhalten des A mangels Erheblichkeit (§ 184h Nr. 1 StGB) nicht unter § 177 I StGB.[49] Ebenso entfällt eine Strafbarkeit wegen Beleidigung. Bei sexuell motivierten Verhaltensweisen müssen für die Erfüllung des Tatbestandes weitere Umstände hinzutreten, in denen eine herabsetzende Bewertung des Opfers zu sehen ist. Solche Umstände liegen jedoch nicht vor.

Nur wenn das Nötigungsziel erreicht wird, ist das Delikt vollendet. Versuch liegt dagegen vor, wenn der Täter entweder sein Ziel nicht erreicht oder wenn sich das Opfer zu dem ihm angesonnenen Verhalten auch ohne die Nötigung entschlossen hätte.[50] Die Nötigung ist auch nicht vollendet, wenn das Opfer nur erklärt, das Gewollte zu tun (BGH NStZ 2013, 36).

Die allgemeinere Bedrohung nach § 241 StGB tritt hinter der Vollendung und dem Versuch des § 240 StGB zurück.[51]

Hinweis: Am 1. Juli 2011 ist mit § 237 StGB[52] ein Straftatbestand in Kraft getreten, der speziell die Willensfreiheit in Bezug auf die Eheschließung schützen soll. § 237 StGB erfasst zum einen Zwangsmaßnahmen, die zur Eingehung der Ehe führen (Abs. 1) und zum anderen bestimmte Handlungen, mit denen Personen zu diesem Zweck dem Schutz durch das deutsche Recht entzogen werden (Abs. 2). § 237 I StGB ersetzt damit inhaltsgleich das weggefallene Regelbeispiel der Nötigung in § 240 IV S. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB a. F. § 237 II StGB erfasst insb. sog. „Ferienverheiratungen“, bei denen die Opfer unter einem Vorwand zu ihren Familien ins Ausland verbracht und dort zur Eingehung der Ehe gezwungen werden. Anknüpfungspunkt der Strafbarkeit nach deutschem Recht ist bei § 237 II StGB die Tathandlung, beispielsweise der „List“, welche im Inland begangen wird.

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