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V. Besonders schwere Fälle nach § 113 II StGB

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1. Als Regelbeispiele, die zu einer Straferschwerung führen, nennt § 113 II S. 2 Nr. 1 StGB das Bei-sich-Führen einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges.

Beispiel:[131] A, der eine BAK von 0,5 ‰ hatte, wurde in seinem Wagen von dem Polizeibeamten P angehalten und nach dem Führerschein gefragt. A wollte daraufhin abrupt losfahren. P versuchte, durch das halb offene Fenster ins Wageninnere des A zu greifen und den Zündschlüssel abzuziehen. A wehrte den Griff des P ab und drückte aufs Gas, wodurch P einige Meter mitgerissen wurde, bis er sich vom Fahrzeug wegdrücken konnte. A hatte dabei keinen Verletzungsvorsatz; ihm ging es vielmehr nur darum, den P an der Ausführung seiner Diensthandlung zu hindern. Tatsächlich blieb P auch unverletzt. Strafbarkeit des A?

Lösung: §§ 315c und 316 StGB scheitern hier, weil A nicht absolut fahruntauglich war und eine relative Fahruntauglichkeit nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden konnte. Auch ist ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr nach § 315b I Nr. 3 StGB zu verneinen. Denn zwar kann § 315b StGB nicht nur bei verkehrsfremden Eingriffen von außen anwendbar sein, sondern auch bei der Teilnahme am Straßenverkehr, sofern dieser pervertiert wird. Jedoch verlangt der BGH dann einen über den Gefährdungsvorsatz hinausgehenden Schädigungsvorsatz (vgl. näher Rn. 689 f.). Dieser war hier laut Sachverhalt nicht gegeben. Da P nicht verletzt wurde, scheitert auch eine Körperverletzung nach §§ 223, 224 I Nr. 2 Alt. 2 StGB. Ebenso ist eine versuchte Körperverletzung nach den genannten Vorschriften zu verneinen, weil A keinen Verletzungsvorsatz hatte. Auch kommt eine Strafbarkeit nach § 114 I StGB nicht in Betracht, da von einem tätlichen Angriff nicht ausgegangen werden kann. Dieser würde der Sache nach eine versuchte Körperverletzung voraussetzen. Eine solche war aber von A gerade nicht gewollt. Verwirklicht ist aber der Tatbestand des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 I StGB. Die allgemeine Verkehrskontrolle ist Vollstreckungstätigkeit, gegen die A Widerstand geleistet hat.[132] Zu prüfen ist diesbezüglich, ob das Regelbeispiel des § 113 II S. 2 Nr. 1 StGB erfüllt ist. Dabei ist ein Kfz keinesfalls als Waffe nach § 113 II S. 2 Nr. 1 StGB zu werten, weil darunter nur Waffen im technischen Sinne, also Mittel, die einem Verletzungszweck dienen, zu verstehen sind. Durch das am 30.5.2017 in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften wurde die zuvor noch enthaltene Voraussetzung einer Verwendungsabsicht gestrichen, sodass nunmehr das bloße Bei-sich-führen eines gefährlichen Werkzeugs genügt. Die Vorschrift wird daher nunmehr mit der bereits aus § 244 I Nr. 1 StGB bekannten Problematik der Bestimmung des gefährlichen Werkzeugs aufgeladen. Die dort vertretene abstrakt-objektive Auffassung, wonach es auf die generelle Eignung eines Gegenstandes zur Herbeiführung von erheblichen Verletzungen ankommt, wird von der Rechtsprechung – dies ist jetzt schon vorhersehbar – auch auf § 113 II S. 2 Nr. 1 StGB übertragen werden. Da A das Auto vorliegend als gefährliches Werkzeug sogar benutzt hat, liegt erst Recht ein Mit-sich-führen vor. A hat sich daher nach § 113 I, II Nr. 1 Alt. 2 StGB strafbar gemacht. Die gleichzeitig verwirklichte Nötigung nach § 240 I StGB tritt im Wege der Spezialität zurück.

2. § 113 II S. 2 Nr. 2 StGB erklärt den erhöhten Strafrahmen grundsätzlich für eröffnet, wenn der Täter den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

3. Schließlich hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften mit Wirkung vom 30.5.2017 in § 113 II S. 2 Nr. 3 StGB auch das gemeinschaftliche Widerstandleisten zusammen mit einem anderen Beteiligten als Regelbeispiel aufgenommen. Zur Problematik der gemeinschaftlichen Begehung kann auf die Ausführungen zu § 224 I Nr. 4 StGB (vgl. Rn. 104 ff.) verwiesen werden, allerdings mit der Einschränkung, dass es sich dort um eine Qualifikation handelt, während sich der Gesetzgeber hier für eine Ausgestaltung als Regelbeispiel entschieden hat.

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