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Die 7 Schritte zum Aufwachen
ОглавлениеWas kann man sinnvoll nutzen und was kann man tun, um anzuhalten, so dass die inneren Prozesse still werden? Die verschiedenen mystischen Traditionen heben unterschiedliche Aspekte hervor, die zu dem gemeinsamen und übereinstimmenden Ziel jeder Mystik führen können, der inneren Befreiung. Die folgenden Bemerkungen mögen mit aller Vorsicht verstanden werden; zum einen wäre es vermessen, etwas so Komplexes wie eine spirituelle Richtung in zwei Sätzen darstellen zu wollen, zum anderen ist jede spirituelle Richtung so differenziert, dass sich meistens verschiedenste Wege aus ihr selbst entwickelt haben.
• In der indischen Mystik wird dem Körper und der Hingabe an das Göttliche wie auch dem Schicksal viel Beachtung geschenkt. Traditionell ist der indische Weg ein Weg des disziplinierten Übens. Deswegen war Ramana Maharshis Lehre der Nichtlehre so revolutionär, wenn er sagte: „Hör auf zu üben und stell dir stattdessen immer wieder die Frage: Wer ist das, der da übt?“ Die indische Mystik ist die Wiege so unterschiedlicher Richtungen wie des Yoga, des Buddhismus und des Advaita-Vedanta.
• Der Buddhismus betont die Leerheit, das Nur-Wahrnehmen (Zeugenbewusstsein). Im Buddhismus wird der mentalen Erforschung der geistigen Prozesse und dem disziplinierten Einüben der Beobachterposition viel Beachtung geschenkt.
• Die jüdische Mystik stellt die innere Distanz zum eigenen Leben, die Position des Zeugen und Beobachters und die Gestaltung der Welt in den Mittelpunkt sowie das Verstehen der Struktur, wie sich das Göttliche im Irdischen und auf den verschiedenen Energieebenen zwischen dem Irdischen und dem Göttlichen manifestiert.
• Die christliche Mystik betont die Liebe zu Gott und dem Nächsten, das Annehmen des Lebens, seiner Geschenke und seiner Zumutungen; die Begegnung mit dem Tod (ars moriendi), die vollständige Hingabe und die Aufgabe des Eigenwillens.
• Das Sufitum sieht die größte Bedeutung in der Hingabe, der Liebe und im Annehmen dessen, was ist. Es betont das rechte Verhalten in der Welt und das Anhalten gegenüber den niederen Leidenschaften (nafs). Letzteres hat große Ähnlichkeiten mit unserer Enneagrammarbeit und dem Anhalten der verschiedenen zwanghaften und triebhaften Verhaltensmuster, die aus den Fixierungen entspringen.
Hinsichtlich des Weges zum Aufwachen hat es von alters her zwei verschiedene Ansätze gegeben: zum einen den Weg des disziplinierten Einübens von Verhaltensweisen, die Meditation, die Kontrolle des Geistes und des Körpers, zum Beispiel durch stundenlange oder ganztägige Konzentration auf den Namen Gottes, ein bestimmtes kurzes Gebet, das im Atemrhythmus den ganzen Tag innerlich gesprochen wird, oder Visualisierungen, zum anderen den Weg des „plötzlichen Erwachens“. Hier ist die Rolle des Lehrers noch wichtiger. Das Aufwachen geschieht durch eine plötzliche und radikale Veränderung der inneren Haltung zur Hingabe, durch ein vollständiges Loslassen und ein Fallenlassen aller mentalen Konstrukte und Konzepte. Dies findet sich in einigen Zen-buddhistischen Richtungen, in einigen Richtungen der christlichen Mystik (Meister Eckhart, Johannes Tauler) und im Advaita-Vedanta, durch den es in den letzten 20 Jahren in den Westen gelangt ist.
Meine Erfahrungen aus der Arbeit mit Menschen, Erkenntnisse aus eigenen Forschungen, das persönliche Wissen und die Erfahrung des Aufwachens haben mich erkennen lassen, dass es Aspekte gibt, die es zu beachten lohnt. Diese lassen sich in sieben grundlegenden Schritten darstellen und zusammenfassen. Diese sieben Aspekte genau zu untersuchen ist hilfreich, um der Wahrheit näher zu kommen, um Frieden und Freiheit zu erfahren. Diese sieben Schritte zu durchlaufen kann den Prozess, der zum Aufwachen führt, hilfreich unterstützen und verstärken. Ihr Nutzen liegt vor allem darin, dass jeder Suchende genauer entdecken kann, wo seine eigenen Hindernisse auf dem Weg, der kein Weg ist, liegen. Der eine ist vielleicht in seinem Körper noch zu blockiert, dem anderen fällt es noch schwer, sich mit der Vergangenheit auszusöhnen, der Dritte hat Schwierigkeiten, die Gefühle und inneren Erfahrungen wahrzunehmen, die jenseits der Körperempfindungen sind. Es sind Schritte des Loslassens, nicht des Tuns. Es ist jenseits des Tuns und des Nicht-Tuns. Du öffnest dich für die Gnade, aber du bist nicht derjenige, der ein Aufwachen „machen“ könnte.