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c) Europäische Leitfäden

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Neben den nationalen Leitfäden existieren Leitfäden der Europäischen Kommission. Im Gegensatz zu den nationalen Leitfäden wird auf europäischer Ebene nicht zwischen norminterpretierenden und normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften unterschieden. Vielmehr handelt es sich bei europäischen Leitfäden um ein eigenes Instrument der europäischen Institutionen: das sogenannte „Soft Law“.157 „Soft Law“158 wird von Europäischen Institutionen erlassen, es erzeugt allerdings keine unmittelbare rechtliche Außenwirkung.159

Rechtlich bindende Regelungen können auf europäischer Ebene nur im Rahmen der im Primärrecht der Europäischen Union festgeschriebenen Handlungsformen erlassen werden. In Art. 288 AEUV sind die verschiedenen Arten der Handlungsarten der Europäischen Union festgelegt. Das sind namentlich Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, Empfehlungen und Stellungnahmen, wobei Empfehlungen und Stellungnahmen ausweislich Art. 288 Abs. 5 AEUV nicht rechtlich verbindlich sind. Rechtsverbindlichkeit können Maßnahmen nur dann erlangen, wenn sie eindeutig einer dieser Handlungsformen in Art. 288 Abs. 2 bis 4 AEUV zugeordnet werden können.160 Die Europäische Kommission kann ferner verbindliche Rechtssätze in Form von Durchführungsverordnungen oder Durchführungsbeschlüssen gemäß Art. 291 Abs. 2 AEUV erlassen.161 Hierfür muss der Europäischen Kommission in einem entsprechenden Sekundarrechtsakt die Befugnis übertragen worden sein.162

Die hier zur Auslegung herangezogenen „Leitlinien“ und „Leitfäden“ wurden nicht auf der Grundlage der im Primärecht der Europäischen Union festgeschriebenen Rechtsetzungsverfahren für die in Art. 288, 291 AEUV genannten Rechtsetzungsakte erlassen. Ihnen kommt somit keine unmittelbare rechtliche Wirkung zu. Dazu führt der EuGH aus, dass nach ständiger Rechtsprechung Leitlinien „nicht als Rechtsnorm qualifiziert werden, die die Verwaltung auf jeden Fall zu beachten hat“.163 Allerdings führen die Leitfäden der Europäischen Kommission zu mehr Transparenz, Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit im Vorgehen der Europäischen Kommission. In der Rechtsprechung des EuGH stellen die Leitfäden insoweit einen nützlichen Bezugspunkt dar, weshalb unter anderem eine mittelbare Bindung an die Leitfäden über den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und das Vertrauensschutzprinzip anerkannt wird.164

Die Leitfäden der Europäischen Kommission entfalten folglich keine unmittelbare Rechtswirkung für die Wirtschaftakteure und stellen daher „Soft Law“ dar. Dennoch können ihre Wertungen zumindest mittelbar eine Außenwirkung entfalten, indem sich Marktüberwachungsbehörden durch eine ständige Verwaltungspraxis an die Vorgaben der Leitfäden binden oder Spruchkörper in ihren Entscheidungen die Vorgaben aus den Leitfäden zugrunde legen. Für die Auslegung des Herstellerbegriffs werden die Leitfäden der Europäischen Kommission daher mit einem nötigen Grad an Zurückhaltung herangezogen.

Der Hersteller im europäischen Produktsicherheitsrecht

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