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C. Überlassungsschuldverhältnisse

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Zur Abgrenzung: Sachen, seltener auch Rechte, können einem anderen in der Weise (sachenrechtlich) überlassen werden, dass dieser nur bestimmte Vorteile, Nutzungen oder Gebrauchsmöglichkeiten davon haben, nicht aber die vollen Verfügungsrechte, z.B. das Eigentum, erhalten soll. Solche Berechtigungen können unter Ausschluss des Eigentümers von diesem durch Einräumung dinglicher Rechte (z.B. Nießbrauch, Erbbaurecht) zugewendet oder umgekehrt bei einer Vollrechtsübertragung vorbehalten werden (z.B. Vorbehaltsnießbrauch). Sie sind dann Bestandteil und Erfüllung eines meist auf Güterumsatz gerichteten Schuldverhältnisses, das Rechtsgrund für die dingliche Übertragung ist (Schenkung einer Immobilie an die Kinder unter Vorbehalt des Nießbrauchs durch die Eltern; Rechtskaufs des Erbbaurechts durch einen Bauwilligen). In diesen Fällen geht der schuldrechtliche Vertrag selbst also nicht auf die Gebrauchsüberlassung, sondern auf Übertragung, nämlich nur des – oder umgekehrt, unter Vorbehalt des – beschränkten dinglichen Rechts.

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Gebrauchsüberlassungsverträge im hiesigen Sinne sind hingegen solche Vereinbarungen eines Schuldverhältnisses, kraft dessen der Nichteigentümer zum Besitz und zum vertraglichen Gebrauch oder auch zur Fruchtziehung, d.h. zur Auswertung der Sache dem Eigentümer gegenüber befugt sein soll (und nicht kraft eines ihm übertragenen beschränkten dinglichen Rechts). Bloße Gebrauchsüberlassung ist, wenn gegen Entgelt vereinbart, Miete (vgl. §§ 535 ff.), oder, wenn unentgeltlich, Leihe (vgl. §§ 598 ff.). Der zur Fruchtziehung berechtigende entgeltliche Vertrag ist Pacht (vgl. §§ 581 ff.). Der Berechtigte hat ein rein schuldrechtliches Forderungsrecht auf die Gebrauchsgewährung gegenüber seinem Vertragspartner. Und erst die vollzogene Gebrauchsüberlassung macht den Berechtigten dann zum Besitzer, begründet gegen den Eigentumsherausgabeanspruch ein Recht zum Besitz (§ 986) und verschafft ihm in Form der Besitzklagen eine sachenrechtlich gegenüber jedermann geschützte Stellung (vgl. §§ 858 ff.).

Der aus dem Gebrauchsüberlassungsvertrag Verpflichtete (z.B. Vermieter) wird durch die Besitzüberlassung mittelbarer Besitzer (vgl. § 868), behält aber seine sachenrechtliche Stellung als Eigentümer im Verhältnis zu Dritten unbeschränkt. Er kann die Sache weiterhin frei übereignen, der Erwerber wird allerdings im Rahmen von § 986 Abs. 2 von den schuldrechtlichen Ansprüchen des Gebrauchsberechtigten (Mieter) belastet (beachte: § 986 Abs. 2 beschränkt sich auf Veräußerungen nach § 931, folglich auf Fahrnis; insoweit ist dann auch kein gutgläubiger lastenfreier Erwerb möglich, vgl. §§ 936 Abs. 3, 931, 934).

Für Liegenschaften gilt die fortwirkende Bindung eines Erwerbers nur im Rahmen von §§ 566 Abs. 1 i.V.m. 578 bzw. 581 Abs. 2 „Kauf bricht nicht Miete und Pacht“; ergänzt um §§ 567–567b).

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Die schuldrechtliche Natur von Miete, Pacht und Leihe schafft vier typische Problemkreise.

Zuerst die Erfüllungsproblematik: Der versprochene Gegenstand muss dem Berechtigten im vertraglichen Umfang verschafft und zum vertragsgemäßen Gebrauch überlassen werden (vgl. §§ 535, 581, 598). Das setzt i.d.R. die Besitzübertragung und die Schaffung der tatsächlichen Verhältnisse für die Gebrauchstauglichkeit voraus. Beides sind die charakteristischen Hauptpflichten, deren zu vertretende Verletzung Leistungsstörung (Schlechtleistung, Verzug oder Unmöglichkeit) ist.

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Im Unterschied zu den Umsatzverträgen bringt die Zeitdauer, für welche der vertragsmäßige Gebrauch fortgesetzt überlassen bleiben muss, zusätzliche Probleme der Gefahrtragung und Gewährleistung über diejenigen bei Beginn der Überlassung hinaus. Die Primärpflicht des Vermieters hinsichtlich der Gebrauchstauglichkeit ist eine fortgesetzte, auf Erhaltung derselben und auch künftige Beseitigung allfälliger Beeinträchtigungen gerichtete, woran sich die Tragung der Preisgefahr während der Unbrauchbarkeit (vgl. § 536 ebenso wie § 555a) und die Mängelhaftung (vgl. §§ 536 ff.) ausrichten muss. Besitzübergang und nachfolgende Obhut des Berechtigten bedingen jedoch auch Obhuts- und Sorgfaltspflichten des Gebrauchsberechtigten (vgl. § 536c). Andererseits wird auch die Regelung seiner Aufwandspflichten und seines Verwendungsersatzes notwendig (vgl. §§ 539).

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Der Charakter von Überlassungsverträgen als Dauerschuldverhältnis wirkt sich auch auf die Gegenleistung aus, die regelmäßig in gleichen Zeitabschnitten fällig wird. Hieran knüpfen die Bestimmungen über Fälligkeit, Verzugsfolgen und Einwendungen an (vgl. §§ 556b Abs. 1, 537 Abs. 2), aber auch solche, welche die Möglichkeiten der Vorausverfügung und der Aufrechnung mit Rücksicht auf den Schutz der Gläubiger des Vermieters bzw. Verpächters begrenzen (vgl. §§ 566b–d) und zur schriftlichen Dokumentation zwingen (§§ 550, 126, was auch für jede spätere Änderung gilt[104]).

Insb. bei der Wohnraummiete treten sodann Schutzinteressen des Berechtigten hinzu, welche ein umfangreiches Mieterschutzrecht geschaffen haben, wodurch das schuldrechtliche Nutzungsrecht in den Anwendungsbereich des Eigentumsgrundrechts (Art. 14 GG) einbezogen wurde.[105]

§ 2 Vertragsordnung des Bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts › C. Überlassungsschuldverhältnisse › I. Miete

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