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d) Vertretungsmacht nach HGB: Prokura, Handlungsvollmacht

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Im Handels- und Gesellschaftsrecht[22] ist Vertreterhandeln von Gesetzes wegen aus Verkehrsschutzgründen weitgehend typisiert und überdies im Außenverhältnis teils unbeschränkbar, so gem. §§ 49 f. HGB für die Prokura (sie „ermächtigt zu allen Arten von (…) Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb (irgend)eines Handelsgewerbes mit sich bringt“); für § 54 HGB mit den verschiedenen Formen der Handlungsvollmacht („alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes (…) gewöhnlich mit sich bringt“), gilt dies eingeschränkt nur im Rahmen des Vertrauensschutzes (§ 54 Abs. 3 HGB). Handlungsvollmacht hat daher stets die Kassiererin im Supermarkt, solange sie an der Kasse sitzt, über §§ 55 Abs. 1, 91 Abs. 1 HGB aber auch alle Handelsvertreter, sofern sie überhaupt Abschlussvertreter und nicht nur Vermittler sind. § 56 HGB hat beim Ladenangestellten die gleiche Funktion wie § 54 HGB, lediglich mit viel geringerer Reichweite.

Diese Typisierung des Umfangs der Vertretungsmacht schützt den Vertragspartner und somit den Handelsverkehr an sich im Vertrauen auf die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts. Das rechtliche Können (Außenverhältnis) ist im HGB vom rechtlichen Dürfen (Innenverhältnis) unabhängig.

Sehr umfassend ist auch die Vertretungsbefugnis von Organen von Gesellschaften. Es sind dies der Geschäftsführer der GmbH, § 35 Abs. 1 GmbHG, der Vorstand der Aktiengesellschaft, § 78 Abs. 1 AktG, oder die Komplementäre einer OHG bzw. KG, §§ 125 f. HGB (für die KG über §§ 161 Abs. 2, 170 HGB). Hierbei sind alle im Gesetz nicht ausdrücklich genannten Beschränkungen des Umfangs der Vertretungsmacht Dritten gegenüber unwirksam, vgl. § 37 GmbHG, § 78 Abs. 1 AktG, § 126 Abs. 2 HGB. (Z.B. betragsmäßige) Einschränkungen, die sich aus dem Anstellungsvertrag des Organs oder dem Gesellschaftsvertrag ergeben können, binden also nur im Innenverhältnis von Organ und Gesellschaft. Bei Verstößen ist das Rechtsgeschäft wirksam, das handelnde Organ macht sich gegenüber seiner Gesellschaft schadensersatzpflichtig. Der Geschäftsführer sollte deshalb in solchen Fällen das Rechtsgeschäft ausdrücklich nur vorbehaltlich der Zustimmung etwa von Aufsichtsrat oder Gesellschafterversammlung („Gremienvorbehalt“), in Form einer aufschiebenden Bedingung nach § 161 Abs. 1, schließen.

Im Handels- und Gesellschaftsrecht sind einschränkend v.a. die Gesamtvertretung möglich, § 125 Abs. 2 HGB, oder sogar der gesetzlich vorgesehene, aber durch Gesellschaftsvertrag abänderbare Regelfall, § 35 Abs. 2 GmbHG, § 78 Abs. 2 AktG. Das Prinzip der Selbstorganschaft[23] lässt bei Fehlen oder Ausscheiden des letzten weiteren gesamtvertretungsberechtigten Organmitglieds die Einzelvertretungsbefugnis des Verbleibenden wieder aufleben. Eine organschaftliche Vertretung einer Gesellschaft ist dadurch stets sichergestellt (vgl. auch § 35 Abs. 1 S. 2 GmbHG zur Führungslosigkeit). Daneben beschränken sog. Grundlagengeschäfte, die das Unternehmen selbst zum Gegenstand haben und deshalb zwingend den Gesellschaftern vorbehalten bleiben müssen, den Umfang der organschaftlichen Vertretungsmacht. Tätigt ein organschaftlicher Vertreter dennoch solche Geschäfte, sind diese gem. § 177 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam, allerdings meist ohne dass der Vertragspartner deswegen den Organvertreter belangen könnte (vgl. § 179 Abs. 3).

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