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Die Kämpfe vor dem Glonviller Wald

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Das müssen früher doch schöne Zeiten gewesen sein, als die Schlacht noch mit Morgengrauen begann und mit der sinkenden Sonne endete. Da war ein großes Gefühl in eine kurze Zeitspanne gepresst und überwältigend der Eindruck eines gewonnenen Sieges.

Seit unserer Ankunft im Aufmarschgebiet sind wir nun in engster Fühlung mit dem Feind. Und seit acht Tagen wütet die Schlacht, die bei Saarburg begann. Wir dringen siegreich vor und hören, dass es auf der ganzen Linie gut steht. Allein es ist ein zäher Feind, der uns gegenüberliegt. Und je weiter wir vordringen, desto unangenehmer macht sich der Forts- und Festungsgürtel bemerkbar. Es ist augenscheinlich, dass die Franzosen uns immer wieder frische Truppen entgegenwerfen, wohl auch schwerere Geschütze aus der Sperrfortslinie. Noch haben sie ihre Absicht nicht aufgegeben, ins Elsass durchzubrechen, um ihre arg bedrängte Nordarmee zu entlasten.

Es sind starke Kräfte, die die Franzosen uns entgegenwerfen, und ihre besten Truppen. Da wird nicht viel aus den Rasttagen, welche die Heeresleitung uns zugedacht hat. Immer wieder heißt es, die Vorstöße und Gegenangriffe des geworfenen Feindes abzuwehren.

Es ist ein schwieriges Gelände, in dem wir uns halten müssen. Die weiten Wälder bieten gerade der französischen Defensivtaktik mit ihren partiellen Gegenstößen die besten Chancen. Und stürmt unsere Infanterie, so klettern die gewandten Piou-Pious auf die Bäume und schießen von dort unsere Leute ab. Wir reiten durch herrlichen Buchen- und Eichenwald, aber sein Ausgang steht unter Feuer. Die Franzosen kennen hier im Vorgelände der Festung Epinal jede Entfernung und haben sich auf alle wichtigen Geländepunkte eingeschossen.

Wie eine Sense mäht das französische Streufeuer den Waldrand ab. Trotzdem gelingt es, die Batterien in Stellung zu bringen. Allein kaum stehen sie, so fasst sie das feindliche Granatfeuer mit einer Heftigkeit, dass die Bedienung sich eng an die Schutzschilde schmiegen muss. Wie niedergedrückte Pudelhunde im Regenschauer lassen Geschütze und Kanoniere das wütende Feuer über sich ergehen.

Die französischen Granaten haben uns nicht viel getan. Schlimm ergeht es jedoch dem Nachbarregiment, das einige Batterien zur besseren Unterstützung der Infanterie vorschickt. Sie kommen während des Auffahrens in feindliches Feuer. Was von den Protzen der Vernichtung entkommen ist, flüchtet in den schützenden Wald.

Die gegnerische Artillerie ist nicht zu entdecken. Flieger werden zu ihrer Erkundung ausgesandt. Doch auch sie bringen heute nur unbefriedigende Meldungen. Die Franzosen sind Meister in dem verdeckten Aufstellen ihrer Batterien.

Eine ungemütliche Situation, wenn man dem Gegner so gar nicht an den Leib kann! Überdies fängt es an zu regnen, tröpfelnd erst, dann stärker und stärker, bis ein wahrer Wolkenbruch uns bis auf die Haut netzt.

Mit dem Einbruch der Nacht ist das Feuer verstummt. Wie nasse Schleier hängt es vor unseren Augen. Mit gesenkten Köpfen gehen die Pferde auf grundlosen Wegen.

Irgendwo im Wald suchen wir uns unser Nachtquartier. Zu essen hat es heute nichts gegeben; Feuer dürfen wir nicht machen. Wir haben kein Stroh und keine Zelte. Von unten läuft das Wasser in unsere Kleider. Durch das Blätterdach plätschert rhythmisch der Regen auf die Gesichter. — Und doch umfängt uns der Schlaf, wohltuend und friedenbringend . . .

Während der Morgendämmerung wurden die Batterien vorgeholt. Auch der Regimentsstab ging vor und grub sich am Hang in einer Hecke eine Beobachtungsstelle. Es war dasselbe Spiel wie gestern, nur dass auch wir heute gut gedeckt und eingegraben waren. Mit einem riesigen Munitionsaufwand streuten die Franzosen den Wald und die Hänge ab. Unsere Hecke musste ihnen besonders verdächtig erscheinen; denn wir erhielten verschiedene Male so konzentriertes Feuer, dass wir unser Scherenfernrohr einzogen und uns eng an die Wandung unseres kleinen Grabens schmiegten. Am Nachmittag überflog uns ein französischer Eindecker. Er flog so tief, dass man deutlich die Rosetten des nationalen Abzeichens erkennen konnte. Ohnmächtig zerplatzten neben ihm unsere Schrapnells. Und gleich darauf machte er die gefürchtete Schwenkung, die der eigenen Artillerie anzeigt, wo der Gegner steht.

Wir wussten, jetzt bekamen wir Feuer, kein Streufeuer, sondern gezieltes. Und es ließ nicht lange auf sich warten.

Das Singen in den Lüften begann wieder. Mit der Zeit bekommt man eine solche Übung, dass man aus dem pfeifenden Laut der die Luft durchschneidenden Granaten und Schrapnells nicht nur die Richtung, sondern auch Zeit und Ort des Krepierens ziemlich genau bestimmen kann. So hörten wir, noch ehe die großen Vögel da waren, wohin sie flogen.

Mit hohlem Plumps fuhren die „Ausbläser“ und „Blindgänger“ in den lehmigen Boden. Das Krachen der krepierenden Geschosse gellte in den Ohren. Vor und neben unserer kleinen Insel im Feuermeer krachte und platzte es.

Allein es kam näher. Dem brechenden Krachen folgte es wie Hufschlag galoppierender Pferde. Das waren die Erdschollen, die die einschlagenden Geschosse auswarfen.

Wir duckten uns hinter den Wall. Da fuhr die erste Granate in die Hecke. Schwarz und drohend stieg die Fontäne auf.

Und Schuss auf Schuss. Ein jähes Reißen in den Ohren, ein dumpfer Druck um den Kopf. In der Böschung schlug die Granate ein. Polternd fällt ein Lehm- und Erdregen auf die Zusammengekauften. Einen Meldegänger traf ein Sprengstück tödlich in den Kopf; dem neben ihm Liegenden rann es warm und rot über die Schulter. Widerlich zieht der Pulverdampf durch die Grube.

Einen feindlichen Vorstoß sollte das heftige Feuer vorbereiten. Nicht weit kamen die französischen Schützen. Dagegen tönt es jetzt hell und klar mit der Abenddämmerung aus dem Grund: „Rasch vorwärts gehn! Rasch vorwärts gehn! Rasch! Rasch! Rasch!“ — das Sturmsignal unserer Infanterie.

Wir draußen

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