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Vor Epinal Im Gefecht bei Nossoncourt

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ie letzten Augusttage lagen wir mit drei Batterien — drei waren Korpsreserve — bei Nossoncourt in der Schützenlinie. Die Abteilung war nach dem letzten abgewiesenen Durchbruchsversuch der Franzosen vorgestoßen, ein wenig ins Ungewisse hinein; denn Divisions- und Brigadebefehl gaben nur allgemeine Anweisungen. In dem unübersichtlichen Gelände ließ sich nur schwer feststellen, wie weit der Feind eigentlich zurückgegangen war.

Als die Batterien auf zurückgehende Infanterie stießen, gingen sie in Stellung. Der Anblick der breit und sicher aufgepflanzten Geschütze gab dem Bataillon, das vor überlegenen Kräften wich, neuen Mut. Es kam zum Stehen und grub sich vor und neben den Batterien ein. So kamen wir in die vorderste Linie.

Rechts und links heftiges Schützen- und Maschinengewehrfeuer. Bei dem hin und her wogenden Gefecht, den ein wenig durcheinander gebrachten Verbänden lässt sich nur schwer sagen, welche der Dörfer noch in den Händen des Gegners, welche von den Unsrigen schon genommen.

Von links her strömt es in dichten Scharen über die Hänge. Ist es vorgehende eigene Infanterie? Ist es weichende feindliche? Weder Helme noch rote Hosen sind in dem Morgenduft erkennbar. Doch deutlich sieht man die langen Mäntel der laufenden Schützen. Es sind Franzosen. — Ein fieberhaftes Richten und ein lustiges Scheibenschießen. Wie Hasen in einem Kesseltreiben läuft es durcheinander. . . Wir liegen und warten. Die Stellungen halten, lautet der Befehl.

Wir liegen und warten auf den Angriff. Aus den dichten Wäldern heraus, die den ganzen Horizont säumen, müssen die Franzosen kommen.

Die Sonne brennt herunter. In dem Kartoffelacker, in dem wir uns eingegraben, liegen wir und warten. Kein Feind lässt sich sehen. Aber ein Hagel von Geschossen ergießt sich über uns. Hinter dem Walde versteckt stehen die französischen Batterien. Sie können uns nicht sehen, allein sie streuen die ganze Linie ab. Eine kolossale Artilleriemasse müssen sie dort zusammengezogen haben: Feldgeschütze, Rimailho-Haubitzen und lange Kanonen. Die ersteren tun uns nicht weh. Die Wirkung der französischen Feldartillerie war bisher müßig, aber Rimailhos und die langen Kanonen haben wir fürchten gelernt.

Es wird hier wohl längeren Halt geben. So wird im nahen Dorfe Unterkunft für den Stab gesucht. Der Ort ist verlassen und öde; nur das Vieh blieb zurück. Es ist wie im Märchen. Die Tiere haben sich losgerissen und von Straßen und Häusern Besitz ergriffen. Ein alter abgetriebener Schimmel steht hilflos-verwundert auf dem Hof. Ein Schwein schnüffelt in der Küche, im Schlafzimmer blökt ein Kalb. Vor der Haustür liegt noch immer wachsam knurrend der Hund und weicht erst dem Steinwurf. Gespenstisch aber wird das Bild im Keller, in den verzweifelt mit milchstrotzendem Euter die Kuh gestürzt. Im ungewissen Licht droht dem Eindringling der gehörnte riesige Kopf unheimlich entgegen.

Ein großes Gehöft wird als Quartier ersehen, der hereingebrochene Schutt notdürftig weggeräumt, die Pferde in Stall und Scheune untergebracht, Mattatzen zusammengetragen. Bald brennt auf dem Herd unter dem alten Kaminumbau ein flackerndes Feuer.

Noch mehr Truppen liegen im Ort, da heißt es, sich rechtzeitig verproviantieren: zwei Milchkühe werden in den Stall gestellt, dazu ein Kalb und ein paar Schweine. An Fleisch leiden wir ja keinen Mangel; nur Brot haben wir seit Tagen nicht mehr gesehen. Kartoffeln müssen es notdürftig ersetzen.

Wir haben nicht viel zu tun. Vom Feind ist nichts zu sehen. So wird nur von Zeit zu Zeit gegen den Waldrand gestreut.

Es wäre recht gemütlich, wenn die französischen Batterien nicht andauernd herschössen. Besonders auf unser Dörfchen haben sie es abgesehen. In seinen friedlichen Straßen begegnet man ihren Schrapnells und Granaten. Sie reißen Löcher in den Boden und fahren krachend in die Häuser. Zahlreich ist das getroffene Vieh. Quer über der Straße, auf der es friedlich getrabt, liegt ein rosiges Schweinchen. Die Granate hat ihm die Schenkel abgerissen. Nicht weit davon eine Kuh. Schon haben ihr die Verwesungsgase den Leib aufgetrieben, dass sie alle viere starr, wie hilfesuchend von sich streckt.

So geht es Tag für Tag, aber man gewöhnt sich daran. Am Dorfbrunnen füllt ein Offizier die Feldflasche, während es vor und hinter ihm einschlägt. Als er den Platz verlassen, schlägt eine Granate in das Haus, an dem er gestanden. Brandwolken wirbeln auf. Bald steht es in hellen Flammen.

In dem Schuppen hinter unserem Haus fanden wir beim Einzug einen Toten. Beim Hühnerrupfen hatten ihn die eingeschlagenen Granaten überrascht. Zusammengekauert hockte er da. Noch lag neben ihm das halbgerupfte Huhn. Das ist auch ein Soldatentod, wenn auch kein schöner.

Wir draußen

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