Читать книгу Revolverfreunde: Wichita Western Sammelband 6 Romane - Conrad Shepherd - Страница 22
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ОглавлениеAls der Regen einsetzte, schien Colin Mitchell das kaum zu bemerken. Er rührte sich nicht, setzte auch nicht den Hut wieder auf den Kopf, den er im Augenblick mit der Linken hielt.
Das aufziehende Gewitter passte zu den Gefühlen, die in ihm wohnten.
Vor ihm waren zwei Gräber, gekennzeichnet durch einfache, aber massive Holzkreuze, in die Namen eingebrannt waren. Lucille Mitchell stand dort.
Das war der Name seiner Frau. Sie war im Kindbett gestorben, als sie seinen Sohn gebar: Joseph Mitchell. Der Sohn war jetzt neben seiner Mutter begraben.
Achtzehn Jahre war Joseph - Joe - gewesen, als er eine Kugel in den Kopf bekommen hatte.
Achtzehn Jahre!, überlegte Mitchell grimmig. Kein Alter zum Sterben...
Er hatte gedacht, dass Joe einmal das weiterführen würde, was er aufgebaut hatte.
Aber dazu würde nicht mehr kommen. Und der Mann, der dafür verantwortlich war, hieß Juan Lopez! Nicht jener Mann gleichen Namens, der jetzt in den Bergen sein Unwesen trieb, sondern der Vater des Bandenführers.
Doch jener Juan Lopez hatte dafür mit dem Leben bezahlt!
Mitchell hatte dafür gesorgt!
"Colin!", rief eine Frauenstimme vom Haus aus. Mitchell drehte sich nicht um. Er schien es kaum zu hören, auch als ein zweites Mal gerufen wurde.
Eine Frau, einige Jahre jünger als Mitchell, warf sich ein Tuch über Kopf und Schultern und lief dann durch Regen und Schlamm zu den Gräbern, während grelle Blitze über den Himmel zuckten.
"Colin!"
Jetzt wandte Mitchell den Kopf.
"Was gibt's?"
"Komm 'rein!"
"Stör' mich nicht, Dorothy!"
Sein Tonfall war kühl und abweisend. Gleichzeitig schien es, als wäre er mit seinen Gedanken und Gefühlen nicht wirklich anwesend, sondern weit weg...
"Es ist nicht gut für dich, wenn du so oft hier bist und über die Vergangenheit grübelst!", meinte Dorothy. "Es gibt nur die Zukunft, was vergangen ist, daran lässt sich nichts mehr ändern!"
Mitchell setzte den Hut auf und drehte sich dann zu ihr um. Zukunft!, dachte er bitter. Joe wäre die Zukunft gewesen!
Und nun?
Vor ein paar Jahren hatte er Dorothy geheiratet, ein ehemaliges Saloon-Mädchen. Aber sie konnten keine Kinder miteinander bekommen, jedenfalls hatte es bis jetzt nicht geklappt. Mitchell hatte Dorothy sogar zu einem Doc ins weit entfernte San Francisco gebracht, einer Kapazität, wie man sagte.
Aber der hatte bei seinen Untersuchungen auch nicht feststellen können, woran es lag.
"Du musst von Zukunft reden!", meinte er bitter. "Wenn du eine richtige Frau wärst, dann gäbe es eine Zukunft für das, wofür ich mein ganzes Leben gearbeitet und gekämpft habe!" Dorothy drehte sich auf dem Absatz um und lief eilig zum Haus zurück.
Sie sagte kein Wort, aber jeder der ihr Gesicht sah, konnte sehen, wie verletzt sie war.
Mitchell folgte ihr.
In seinen Zügen lag tiefe Bitterkeit.
Und Hass. Abgrundtiefer Hass auf einen Mann namens Juan Lopez, der jetzt schon so viele Jahre tot war... Irgendwann sollte man vergessen können!, dachte er. Aber er konnte es nicht.
Ein paar Jahre lang hatte er es versucht und auch geglaubt, es zu schaffen.
Doch dann war Juan Lopez jun. aufgetaucht - seit der bösen Geschichte von damals zu einem Mann herangereift - und hatte alte Rechnungen präsentiert, alte Ansprüche erhoben... Die Schatten der Vergangenheit schienen Colin Mitchell nicht mehr loszulassen!