Читать книгу Revolverfreunde: Wichita Western Sammelband 6 Romane - Conrad Shepherd - Страница 36
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ОглавлениеEs herrschte absolute Dunkelheit.
Ines fasste Lawrence am Arm. Beinahe stolperte sie über irgendetwas. Vielleicht ein herumliegender Balken, vielleicht Schienen, auf denen einst Loren hin und her gefahren worden waren...
Sie hörten die Stimmen der Verfolger, ihr Fluchen über die Dunkelheit...
Und dann ließen die Kerle ihre Eisen krachen.
Ein Hagel von Geschossen prasselte in das Dunkel hinein. Mündungsfeuer blitzten. Lawrence und Ines tasteten sich vorwärts.
Lawrence lud die Winchester durch, aber er feuerte nicht. Darauf warteten die Wölfe nur. Das Mündungsfeuer würde ihn verraten und dann hatten sie beide nicht mehr den Hauch einer Überlebenschance.
Aber so war die Finsternis auf ihrer Seite. Ihr einziger Verbündeter, aber einer, auf den man sich vermutlich verlassen konnte. Vorsichtig tasteten sie sich vorwärts.
Sie brauchten nicht besonders vorsichtig zu sein, die Wolfsmeute veranstaltete einen ziemlich Radau, so dass die Geräusche, die sie verursachten, wenn sie irgendwo anstießen, nicht weiter ins Gewicht fielen.
Auf der Seite von Cameron und seinen Leuten wurden jetzt Fackeln entzündet.
Lawrence warf einen Blick zurück.
Er sah Gesichter, die vom Schein der Fackel gespenstisch beleuchtet wurden. Und er sah für einen kurzen Augenblick auch Bo Camerons Gesicht.
"Dieser verdammte Lawrence!", meinte Cameron. "Man hätte ihn gleich abschießen sollen!"
"Was machen wir mit Lopez Schwester?", fragte einer der Wölfe.
"Wir können sie nicht am leben lassen! Nicht nach dem, was mit ihrem Bruder passiert ist!"
"Sieh mal, Boss, diesen Stützpfeilern traue ich aber nicht mehr allzuviel zu... Ist nicht ganz ungefährlich, hier drin herumzuspazieren - mal ganz davon abgesehen, dass dieser Kerl hier überall auf uns lauern kann!"
Cameron lachte.
"Wunder vollbringen kann dieser Lawrence auch nicht! Und ich schätze, wir sind in jedem Fall zu viele für ihn! Er hat keine Chance!"
"Mag sein", gab der andere Sprecher zu bedenken. "Aber er könnte ein paar von mitnehmen auf seiner Höllenfahrt! Und ich denke, keiner von uns hat Lust, abzukratzen!"
"Mach dir nicht in die Hosen, Billy!"
Ines hatte sich dicht an Lawrence gedrängt. Vorsichtig gingen sie weiter ins Nichts. Dann stießen sie beide irgendwo an etwas Hartes.
Ines ließ einen spitzen Schrei zwischen den Lippen hindurch. Dann knarrte es auf einmal furchtbar.
Die Wölfe ballerten sofort drauflos. Blind und aufs Geratewohl.
Lawrence riss Ines mit sich, denn er hatte sofort begriffen, was das Knarren nur bedeuten konnte. Irgendein Stützpfeiler krachte zu Boden, riss andere mit sich und dann kam Erdreich und Geröll herab.
Es dauerte nur Sekunden, aber das reichte um das ganze vordere Stück des Stollens einstürzen zu lassen. Alles hier war viele Jahrzehnte alt.
Das Holz, das Steine und Erdreich davon abhielt, herniederzukommen, war morsch... Eigentlich war es kein Wunder, dass so etwas passierte!
Es grenzte schon eher an ein Wunder, dass es bisher noch nicht geschehen war.
Ines klammerte sich an Lawrence.
Sie fielen gemeinsam zu Boden. Von oben rieselten kleine Steine und dann auch ein paar größere Brocken, die sie schmerzhaft trafen.
"Oh, mein Gott!", schluchzte Ines und verbarg ihren Kopf in Lawrence' Armbeuge.
Vom Stolleneingang her waren noch die Schreie der Banditen zu hören. Es waren Laute des Schreckens und der Furcht. Und des Schmerzes.
Einige der Kerle musste es böse erwischt haben!
Dann wurde es ruhig.
Ganz still, so still wie in einem Grab, tief unter der Erde. Es war unheimlich und beklemmend.
Lawrence ließ Ines los und griff in die Hemdtasche. Er holte Streichhölzer hervor, riss eines an seiner Stiefelsohle an und dadurch hatten sie dann für einen kurzen Augenblick etwas Licht.
Lawrence schaute sich kurz um.
"Wir sind eingeschlossen, nicht wahr?", flüsterte Ines und Lawrence nickte.
"Ja."
"Oh, mein Gott! Wir sind bei lebendigem Leib begraben! Es ist furchtbar!"
"Immerhin leben wir noch!", gab Lawrence zu bedenken. Er hielt das Streichholz in Richtung des Stollenausgangs. Aber da waren nur Steine und Erdreich und morsche Balken. Es gab dort kein Durchkommen, soviel stand fest.
"Wir hätten hier nicht hineingehen dürfen!", schluchzte sie dann. "Es war ein Fehler! Ein gottverdammter Fehler!"
"Wenn wir nicht in den Stollen geflüchtet wären, wären wir jetzt sicher längst mausetot!", meinte Lawrence. Sie wischte sich über das Gesicht.
"Das sind wir jetzt auch bald."
"Abwarten, Lady!"
Das Streichholz war abgebrannt.
Lawrence warf es weg.
Er tastete nach einem der herumliegenden Holzstücke und versuchte, es mit dem nächsten Streichholz anzuzünden. Es war nicht ganz einfach, aber schließlich klappte es und so hielt er dann wenig später eine Art Fackel in der Hand. Viel Licht ergab das nicht, aber es würde reichen, um nicht dauernd gegen Stollenwände oder Stützpfeiler zu laufen. Ines sah den roten Fleck, der sich auf Lawrence' Hemd gebildet hatte.
"Du bist verletzt!", stellte sie fest.
"Ja, ein Streifschuss, soweit ich das beurteilen kann! Ich habe wohl verdammtes Glück gehabt!"
Sie machte ein zweifelndes Gesicht.
Lawrence sah sie an und spürte, dass sie jegliche Hoffnung verloren hatte.
"Wir werden sterben!", sagte sie. "Wir werden hier unten ganz elendig zu Grunde gegen! Oder glaubst du, dass Bo Cameron und seine Meute uns ausgraben werden?"
"Ich würde es mir auch nicht wünschen!" Seine Antwort war nicht ohne Sarkasmus.
Lawrence deutete dorthin, wo der Stollen weiterging, dorthin, wo sich das Licht der kleinen Fackel in bodenloser Schwärze verlor.
Dann meinte er: "Dorthin werden wir gehen, Lady!"
"Was hast du vor?"
"Vielleicht gibt es einen zweiten Ausgang!"
"Ist das nicht sehr unwahrscheinlich, Lawrence?"
"Nein durchaus nicht. Dieser Stollen scheint ziemlich tief hineinzugehen. Deshalb vermute ich, dass es irgendwo auch einen Belüftungsschacht geben muss!"
"Eine sehr vage Hoffnung, findest du nicht?"
"Auf jeden Fall werde ich nicht hier herumsitzen und darauf warten, bis ich zu Grunde gehe." Er fasste sie am Arm und zog sie mit sich. "Komm!"