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B.Ursprüngliche Entwicklung des Vergaberechts in Deutschland

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2Grundlagen für das Vergaberecht in Deutschland waren das Haushaltsrecht und Verwaltungsvorschriften. Maßgebliche Normen waren § 55 Abs. 1 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) sowie § 30 des Haushaltsgrundsätzegesetzes (HGrG).7 Die Auftragsvergabe durch die öffentliche Hand musste nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, der Wirtschaftlichkeit und der gesicherten Deckung erfolgen. Der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit diente es, durch Wettbewerb unter den Bietern das günstigste und beste Angebot zu ermitteln. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass nur bei objektiver Vergleichbarkeit der Angebote und gleichen verfahrensrechtlichen Ausgangschancen aller Bieter das leistungsfähigste und relativ preisgünstigste Angebot herausgefunden werden kann. Deswegen schreiben § 55 Abs. 1 BHO und § 30 HGrG den grundsätzlichen Vorrang der Ausschreibung gegenüber der freihändigen Vergabe vor. Ähnliche Regelungen enthielten auch die jeweiligen Gemeindeordnungen.8 Diese Bestimmungen des Vergaberechts als Teil des Haushaltsrechts waren traditionell schlichtes Verwaltungsbinnenrecht.9 Es existierte demnach keine klare gesetzliche Regelung hinsichtlich des Vorrangs der Ausschreibung, auf die sich etwa Private als subjektiv-öffentliches Recht vor Gericht hätten berufen können.10 Die Vergabe erfolgte in der Verwaltungspraxis infolgedessen überwiegend durch freihändige Vergabe.11 Diese für den unterlegenen Bieter unbefriedigende Situation wurde mit dem Argument gerechtfertigt, dass eine zügige Auftragsvergabe im Interesse der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht durch langwierige Verwaltungs- und Gerichtsverfahren hinausgezögert werden solle.12

3Mangels Rechtsschutzes auf Primärebene aufgrund einer fehlenden wehrfähigen subjektiv-öffentlichen Rechtsposition bestand für übergangene Bieter lange Zeit nur die Möglichkeit, vor den ordentlichen Gerichten Rechtsschutz auf Sekundärebene in Form von Schadensersatz zu suchen.13 Hier sahen sich die Bieter hinsichtlich in Betracht kommender Ansprüche aus c. i. c. jedoch schwerwiegenden Beweislastproblemen, insbesondere mit Blick auf die Kausalität zwischen fehlerhafter Auftragsvergabe und dem eingetretenen Schaden, ausgesetzt.14 Ferner schied ein deliktischer Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB regelmäßig deswegen aus, weil die Gerichte den Vergaberichtlinien als Verwaltungsbinnenrecht eben keinen Schutzgesetzcharakter zusprechen konnten.15 Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung eines Bieters durch eine Vergabestelle war vom Bieter nur äußerst selten zu beweisen.16

4Konkrete Regelungswerke ohne Rechtsnormqualität wurden von Verdingungsausschüssen, d. h. von Gremien der jeweils zuständigen Verbände bzw. der öffentlichen Hand geschaffen: die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB, heute Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, erste Fassung bereits 1926)17 sowie die Verdingungsordnung für Leistungen (VOL, heute Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen), die in ihrem jeweiligen Teil A Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge enthielten und kraft Verwaltungsvorschrift von öffentlichen Auftraggebern zu beachten waren. Entscheidendes Kriterium für die Zuschlagserteilung war dabei entweder der ­niedrigste Preis oder das wirtschaftlich günstigste Angebot.18 Sie hatten als Dienstvorschriften rein binnenrechtlichen Charakter und vermittelten keine subjektiven Rechte gegenüber Bürgern und deren Unternehmen.19 Die Verletzung der Verdingungsordnungen konnte infolgedessen nicht von unterlegenen Bietern vor Gericht gerügt werden.20

Vergaberecht

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