Читать книгу Rache nur der Teufel war Zeuge. - Dagmar Schulz - Страница 21
18.Kapitel
Оглавление„Ich bereue gar nichts. Das kannst du vergessen.“
„Was ist los?“ meinte Susanne, die gerade ebenfalls die Treppe hinauf kam. Sie schwankte leicht.
„Jörg ärgert mich.“ sagte Monika.
„Die hat ein schlechtes Gewissen“, meinte Jörg zu Susanne und schnüffelte.
„Ihr stinkt nach Schnaps. Das erzähle ich allen, auch in der Schule.“
„So etwas macht aber kein Bruder!“, sagte Susanne leise.
„Warte mal“ sagte Monika und kam näher. Ihre Augen blitzten und ihr Gesicht wurde kalt und diabolisch.
„Ich zeige dir was. Bist du dann ruhig? Und ich schenke dir auch was schönes. Dann kannst du in der Schule damit angeben.“
Die Mädchen hatten sich ja das Geld geteilt, dass Susanne von Norbert bekommen hatte. Monika zog ihre Geldbörse aus der Tasche und hielt Jörg einen 50-er Schein unter die Nase.
„Den kannst du haben!“
Er staunte. „Was?`So viel Geld?“, dann fiel ihm etwas ein:
„Geht Ihr mit Männern mit?"
Susanne kochte vor Wut. „Den bringe ich um, wenn er alleine ist“ dachte sie.
Aber Monika sah ihn freundlich an und meinte:
„Komm mit. Wir zeigen dir was. Wo ist denn Peter?“
„Peter? Er wurde zu uns nach Hause geschickt“ meinte Jörg. „Er soll nachschauen, ob Papa schon zu Hause ist.“
„Und warum bist du dann nicht mitgegangen?“
„Ich hatte keine Lust.“
Susanne und Monika nickten sich unmerklich zu und griffen nach Jörg kleinen Händen.
Er ließ sich bereitwillig an die Hand nehmen und verließ mit ihnen das Haus.
Draußen schlugen sie den Weg zu ihrer Lieblingsbank am Abgrund ein. Monika, die ja immer noch die beiden Flaschen in ihrer Jackentasche trug, taumelte leicht. Sie war betrunken und außerdem wurden ihr langsam die Flaschen zu schwer. Susanne warf ihr einen warnenden Blick zu, sie senkte den Kopf und ging weiter.
Endlich waren sie da. Als erstes zog Monika holte die schweren Flaschen aus ihrer Jackentasche und stellte sie aufatmend auf den Lehmboden.
„Also doch!“, triumphierte Jörg.
Susanne und Monika grinsten.
Sie packten Jörgs Arme, hoben ihn hoch und begannen, ihn hin und her zu schaukeln.
Schweigend und ernst schaukelten sie ihn vor und zurück.
Zuerst lachte Jörg noch, aber dann rief er:
„Halt! Mir wird schlecht! Hört auf!"
Doch die beiden Mädchen schwangen ihn weiter. Er versuchte, sich aus ihren Händen zu winden, die fest seine Arme hielten und ihn wie mechanisch weiter schaukelten.
"Hört auf! Hört auf! Ich sage auch nichts!"
Die Mädchen schaukelten ihn mit leblosen Gesichtsausdruck weiter.
"Ich sage gar nichts! Hab nichts gesehen und gehört! Echt jetzt!"
Er verlegte sich aufs Betteln und versprach ihnen das Blaue vom Himmel herunter.
Aber je länger er redete, desto wütender wurden die Mädchen.
„Das machen wir mit kleinen Jungs, die uns verraten wollen!“
Jörg weiter schaukelnd gingen sie langsam zum Rand des Abgrunds.
„Nein! Nicht!“, schrie Jörg.
Aber Monika und Susanne schaukelten ihn mit voller Kraft weiter.
Plötzlich, wie abgesprochen, ließen sie gleichzeitig Jörgs Arme los und er flog im hohen Bogen den Abgrund herunter.
Beide Mädchen schwankten etwas, als sie einen Schritt nach vorne machten, um zu sehen, wo er gelandet war. Er lag bewegungslos mit verdrehten Beinen im Dickicht.
„Gut!“ meinte Monika zufrieden.
Sie ging zu den beiden Flaschen, die sie auf den Boden gestellt hatte, nahm eine davon, drehte die Verschluss ab und trank sie mit kräftigen Schlucken bis zur Hälfte aus.
Dann reichte sie sie Susanne, die gierig den Rest austrank, ohne sie auch nur einmal abzusetzen.
„Wer sich mir in den Weg stellt, den mache ich platt.“, sagte sie und sah auf die leere Flasche.
„Jörg ist doch Dein Bruder", warf Susanne ein.
„Nein! Schon vergessen?“ schrie Monika. „Jörg ist und war nie mein Bruder. Denke doch mal nach, Susanne!“
„Ach ja!“, fiel Susanne ein. „Peter ist ja auch gar nicht mein Bruder."
Sie wurde nachdenklich. "Aber ich weiß nicht, ob ich das mit ihm machen könnte!"
„Logisch“ meinte Monika beschwichtigend, „Sie sind ja auch beide unsere Halbbrüder. Aber was sein muss, muss sein!" Sie trat gegen die Flasche.
"Der wollte uns verraten!", sagte Monika.
"Das muss man sich mal vorstellen!Der Kleine!"
"Dieser Knirps!"
"Winzig, aber eine Riesenschnauze!"
"Genau!"
Mit kalten Augen sahen sie nochmal nach unten. Jörg lag immer noch so bewegungslos da wie vorhin.
„Komm“ meinte Susanne. „Lass uns gehen. Wir können ja noch ein wenig bummeln gehen. Wir holen uns erst das Kaugummi mit Minze Geschmack.“ schlug Monika vor.
„Was ist, wenn er nicht tot ist?“ fragte Susanne nachdenklich.
„Keine Ahnung!“ erwiderte Monika. „Warten wir es ab.“
Nachdem sie den ganzen Weg wieder zurückgegangen waren und sich Kaugummi gekauft hatten, standen sie vor einer Boutique.
„Gute Idee!", raunte Monika leise ihrer Schwester zu. "Wir haben jetzt ein Alibi. Die Zeit passt. Falls Jörg tot sein sollte, waren wir die ganze Zeit hier."
"Was meinst du wohl, was ich mit dabei gedacht habe?"
Sie spiegelten sich in der Schaufensterscheibe und sahen zwei liebreizende Mädchen.
"Unsere Engelsgesichter bleiben den Verkäuferinnen bestimmt in Erinnerung.“
"Wie immer!", bestätigte Susanne kichernd und betrat die Boutique. Monika warf ihre Haare über die Schulter und folgte ihr.
Eine Verkäuferin kam direkt auf die beiden zu und fragte nach ihren Wünschen.
Am liebsten hätte Susanne gesagt: „Wir wünschen uns Ruhe. Einfach nur Ruhe“, doch sie antwortete freundlich, dass sie nur mal schauen wollten.
"Aber gerne!"
Während die beiden Mädchen sich langsam und ausführlich sämtliche Blusen, Pullis, Röcke und Hosen ansahen, beobachten sie, wie sich die Verkäuferin mit einer anderen Verkäuferin leise unterhielt und immerzu in ihre Richtung sah.
Monika fühlte sich beobachtet und wurde unsicher, doch Susanne nickte ihr unmerklich zu.
Sie sahen sich gerade eine Bluse an, von der nur eine auf der Stange hing.
"Haben Sie diese Bluse noch mal?", wandte Susanne sich der Verkäuferin zu.
"Da muss ich mal hinten nachsehen", antwortete die Verkäuferin und ging.
Während die Mädchen warteten, kam die andere Verkäuferin zu ihnen.
"Ihr seid bestimmt Zwillinge?"
Doch bevor die beiden antworten konnten, war die andere Verkäuferin wieder da und meinte, dass sie diese Bluse nicht mehr hätten. Die Mädchen sahen sich an.
Während dessen beobachtete die andere Verkäuferin die beiden.
Bildhübsch sind sie, dachte sie. Die beiden Verkäuferinnen sprachen leise miteinander und auf einmal wandte sich die ältere der beiden zu den Mädchen.
„Ich möchte etwas mit Ihnen besprechen. Wir haben sehr viele Geschäfte. Das hier ist nur eine unserer Filialen."
Die Mädchen sahen sie fragend an. Sie war also die Chefin.
"Ich muss das nur vorher mit meinem Geschäftspartner abklären. Wie kann ich Sie erreichen?"
Monika schaute Susanne mit großen Augen an, Susanne nickte und nannte der Frau ihre Adresse und Telefonnummer.
„Wie spät ist es eigentlich?“, fügte sie hinzu. Die Verkäuferin sah auf ihre Armbanduhr und nannte ihr die Uhrzeit.
Monika hatte das mit Absicht gefragt. Denn dadurch konnten sich die Chefin und die Mitarbeiterin später erinnern, wie lange die Mädchen in dem Geschäft waren.
Beide suchten sich noch den gleichen schwarzen Rock aus, der eng anlag und einen hellen Pullover. Nachdem sie sich in der Umkleide umgezogen hatten, präsentierten sie sich der Verkäuferin und der Chefin.
„Sie sehen wunderschön aus“ sagten diese. Der Pullover war weiß und flauschig.
„Es wird ja langsam kühler“ bemerkten die Mädchen.
Sie hatten sich erst einen roten Rock ausgesucht. Aber die Verkäuferin betonte, dass die Kombination nicht aussehen würde und so entschlossen sich die Mädchen um. Dann schauten die Mädchen nach einer Jacke.
„Schau mal“ sagte Monika „ist die nicht hübsch.“
„Ja“ antwortete Monika. „Klasse sieht die aus. Haben sie davon noch eine zweite?“
“Da muss noch eine sein. Ich schau mal.“ Die Verkäuferin verschwand und kam kurz darauf mit einer zweiten Jacke wieder.
Die Jacken waren am Kragen mit kleinen Glitzersteinen besetzt. Das sah einfach süß aus.
„Die nehmen wir auch!“ meinte Susanne.
„Sollen wir alles zusammen einpacken oder für jede junge Dame einzeln?“ fragte die Verkäuferin.
„Alles zusammen“ erwiderte Susanne.
„Aber wir zahlen jeder extra“ betonte Monika. Bei den Preisen wären die beiden fast umgekippt, aber es musste sein. Die Kleidung kostete für jede um die 200,00 DM. Die Mädchen bedankten sich freundlich für die nette Bedienung, verabschiedeten sich und gingen leise singend aus dem Geschäft.
Die Verkäuferin winkte den beiden freundlichen Mädchen mit einem Lächeln hinterher.
„Das war teuer. Aber egal. Dann erinnern sie sich wenigstens an uns.“ sagte Susanne.
„Haben wir eigentlich noch was zu trinken bei mir?“
„Keine Ahnung.“
„Ach ja, doch. Wir haben noch eine Flasche Likör von dir aus dem Keller“ sagte Susanne schnell. Monika schaute ihre Schwester mit einem Blick in den Augen, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ an.
„Wenn der dämliche Jörg uns nicht erwischt hätte, hätten wir jetzt nicht so viel Geld ausgeben müssen!“
„Und vermutlich wäre er dann auch noch am Leben“ erwiderte Susanne.
„Aber vielleicht lebt er ja noch. Dann wird er bestimmt aus Angst schweigen.“
„Jörg hat uns bereits einmal kennengelernt“, betonte Monika. „Er wird schweigen. Davon bin ich überzeugt! Der sagt nichts! Ansonsten..." Monikas Blick wurde dunkel.
„Schau mal, da ist ein kleiner Kiosk. Wir holen uns was für den Notfall. Eine Flasche Likör, hast du gesagt, haben wir noch zu Hause. Aber die wird nicht reichen! Ich hab Durst!“, sagte Susanne.
„Und ich erst!“, erwiderte Monika.
Im Kiosk saß ein junger Mann.
„Na, was gibt es?`“ fragte er die Mädchen und sah sie von oben herab an. Susanne kam sein Blick überheblich vor. Sie spürte Wut in sich aufsteigen. Für so einen arroganten Schnösel hatte sie jetzt keinen Nerv.
„Was es gibt, fragst du? Einen auf die Schnauze gibt es!“, schrie sie und schlug ihn mit voller Wucht die ihre Faust ins Gesicht. Er schrak zusammen und Susanne trat gleich nochmal nach und traf ihn zwischen seinen Beinen.
Monika zuckte kurz überrascht zusammen, reagierte aber sofort und schnappte sich zwei Flaschen Schnaps, die sie blitzschnell unter ihrer Jacke versteckte.
Dann traten sie beide dem jungen Mann, der bereits wimmernd am Boden lag, nochmal kräftig ins Gesicht, drehten sich um und gingen.
Sie schlugen einen anderen Weg ein, um zu Susanne nach Hause zu kommen, Monika war vor ihr da und schlich leise nach oben in Susannes Zimmer. Niemand bemerkte sie.
Hanna, Tante Else und Onkel Freddy waren in der Küche, als Susanne eintraf und sofort zu ihnen in die Küche ging.
Sie begrüßte sie und setzte ihr Engelsgesicht auf.
„Tut mir leid, Mama. Ich möchte mich entschuldigen, weil ich deine Sachen kaputt gemacht habe.“
Sie drückte ein paar Tränen heraus, um ihr Bedauern glaubwürdiger zu gestalten. Hanna stand auf. „Weißt du Susanne, du hast mich sehr enttäuscht. Ich möchte doch nur das beste für dich.“
„Ja weiß ich. Aber ich bin so schrecklich gereizt. Ich weiß auch nicht, wieso.“
„Ich doch!“ meinte Tante Else und sah sie liebevoll an. „Ihr habt das alles nicht verkraftet was passiert ist. Wo ist denn Monika?“
„Die ist oben und heult.“, log Susanne.
Im Lügen war sie absolut Weltklasse
Freddy stand abrupt auf und schrie:
„Das blöde Weib kann mich mit seinem Engelsgesicht nicht täuschen. Verschwinde aus meinen Augen!“
Susanne liebliches Gesicht wechselte blitzschnell in eine wutentbrannte kalte Maske.
„Du Arschloch!", schrie sie. "Was bildest du dir eigentlich ein.“ Sie starrte Freddy eiskalt an. „Verschwinde du aus unserem Leben. Wir wohnen hier! Verdrücke dich doch endlich!“
Dann drehte sie sich zu Tante Else um: „Pass du mal besser auf ihn auf. Ich hab ihn nämlich mit einer anderen Frau gesehen!“
Freddy blickte entsetzt von Susanne zu seiner Frau und zurück. Das stimmte doch gar nicht, dachte er.
Susanne drehte sich um, rannte aus der Küche die Treppe hoch und knallte ihre Zimmertür hinter sich zu.
„Was war denn da unten los?“ wollte Monika wissen.
Susanne setzte sich zu ihrer Schwester aufs Bett und berichtete ihr, was sich unten abgespielt hatte.
„Hat Freddy wirklich eine Freundin?“ wollte Monika wissen.
„Nicht die Spur. Wollte nur mal präsentieren, zu was ich fähig bin!“
„Meine arme Mutter. Aber, ach was, sie ist ja gar nicht meine Mutter.“, meinte Monika.
Die beiden Mädchen schauten sich ihre Ausbeute an. Sie hatten eine Flasche Likör und die zwei geklauten Flaschen Schnaps aus dem Kiosk.
Sie tranken den Likör ganz in Ruhe aus Wassergläsern.
„Warum hast du den jungen Mann am Kiosk so geschlagen?“
„Keine Ahnung. Mir war einfach danach“, Susanne zuckte die Achseln. „Du weißt ja, wie ich bin. Aber du bist auch nicht besser, liebe Monika. Du hast geklaut und getreten.“
"Tja“, erwiderte Monika gelassen. „Ich musste dir doch helfen.“
Damit war das Thema für beide beendet.