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»Drei Viertel Intuition«

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Bis zu sechs Minuten Vorsprung fährt die Ausreißergruppe heraus, bevor die Mannschaftskollegen der Favoriten im Verfolgerfeld das Tempo anziehen, allen voran das Team Omega Pharma-Quick-Step von Tom Boonen. Auch die Ausreißer reagieren an der Spitze mit einer Tempoverschärfung, worauf die Gruppe allmählich auseinanderfällt. Es bleibt nur noch das Trio aus Phinney, Daryl Impey (Orica-GreenEdge) und Stig Broeckx (Lotto Belisol) zusammen, das 44 Kilometer vor dem Ziel ebenfalls eingeholt wird: Am Koppenberg, dem steilsten der schmerzhaften Pflasteranstiege des Rennens, passiert Boonen mit zwei Teamkollegen das verbliebene Ausreißer-Trio, gefolgt von einer rund 15-köpfigen Gruppe mit Favoriten wie Cancellara, Sep Vanmarcke, Peter Sagan (Cannondale) und John Degenkolb (Giant).

Es folgen mehrere Attacken aus dem Favoritenkreis, vorentscheidend ist der Angriff von Greg Van Avermaet 31 Kilometer vor dem Ziel, dem zunächst nur Stijn Vandenbergh (Quick-Step) folgen kann – Vandenbergh verweigert jedoch bis fast zum Schluss des Rennens die Führung, in der Hoffnung, dass die Teamkollegen Tom Boonen oder Zdeněk Štybar wieder aufschließen können.

Van Avermaets Attacke war eine entscheidende Szene des Tages. Warum haben Sie die beiden Fahrer ziehen lassen?

Ich habe mir in dem Moment überlegt, dass ich mich auf den Oude Kwaremont fokussieren sollte. Dort wollte ich nach hinten eine Vorentscheidung herbeiführen und dann nach vorne hin wieder den Anschluss finden.

Als Sie am Oude Kwaremont, 17 Kilometer vor dem Ziel, attackieren, kann nur Sep Vanmarcke folgen…

Seine Motivation war, selbst zu gewinnen, als Belgier in Belgien Geschichte zu schreiben, deshalb war er hochmotiviert mitzugehen.

Warum wählten Sie den Oude Kwaremont?

Am Ende kommt noch der Paterberg, den hätte ich auch nehmen können, aber die Steigung am Kwaremont ist besser, um eine Vorentscheidung zu suchen.

Der Paterberg gilt mit einer Steigung von im Schnitt 13 und maximal 20 Prozent als der neben dem Koppenberg härteste Anstieg der »Ronde«. Doch mit nur rund 360 Metern ist er wesentlich kürzer als der 2.200 Meter lange Oude Kwaremont, bei dem im Falle einer Attacke ein größeres Durchhaltevermögen nötig ist.

Der frühere Profi Fabrizio Guidi hat einmal über Sie gesagt: »Cancellara greift nicht zwanzigmal an, sondern nur einmal, aber erfolgreich.« Wie haben Sie den entscheidenden Moment meist gewählt?

Das war zu drei Vierteln Intuition, zu einem Viertel geplant. Ich habe mir vorher schon Gedanken über mögliche Rennverläufe gemacht, aber genaue Planungen waren meist nicht möglich. Dann blieb die Intuition.

Die Intuition, das Bauchgefühl, hat Cancellara in seiner Karriere oft zum Sieg verholfen. Im Gegensatz zu anderen Fahrern benötigt er während des Rennens kaum taktische Anweisungen. »Mich leitet der Instinkt«, hat der Schweizer schon früh in seiner Karriere gesagt. In seiner Laufbahn, bei entscheidenden Situationen etwa der Klassiker-Rennen im Frühjahr, wurde er nie aus dem Teamauto heraus dirigiert: weder bei der Flandern-Rundfahrt 2010, als Cancellara an der Muur in Geraardsbergen Tom Boonen mit einem trockenen Antritt abhängte und solo zum Sieg fuhr, noch eine Woche später bei Paris–Roubaix, als er mehr als 40 Kilometer vor dem Ziel auf einer langen Geraden attackierte und sofort einen großen Abstand auf Rivalen wie Tom Boonen, Thor Hushovd, Filippo Pozzato und Juan Antonio Flecha herausfuhr – im Ziel hatte er komfortable zwei Minuten Vorsprung.


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