Читать книгу Das dunkle Reich - Darius Dreiblum - Страница 9

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6. Kapitel

Clarissa hatte in der vergangenen Nacht kaum ein Auge zugemacht und war schon vor Sonnenaufgang wach. Nachdem sie der schlafenden Rosemarie Mandel zum Abschied einen Kuss auf die Stirn gehaucht hatte, machte sie sich auf den Weg zum Haus ihrer Großmutter. Da sie immer noch einen Zweitschlüssel des Hauses besaß, brauchte sie dazu den im Krankenhaus hinterlegten Schlüssel nicht mitzunehmen.

Das Haus ihrer Großmutter lag in der Roßdörfer Straße. Das war nicht allzu weit von der Neurologischen Klinik entfernt. Um einen einigermaßen klaren Kopf zu bekommen, entschloss sich Clarissa zu Fuß loszulaufen. Die Straßen waren um diese Uhrzeit noch fast menschenleer, daher fiel ihr sofort auf, dass sie wieder von der fremden Frau verfolgt wurde. Auf Grund der großen Sorge um ihre Großmutter und der sehr schlechten Nacht, die hinter ihr lag, war sie in einer ausgesprochen schlechten Stimmung. Nachdem sie nun auch noch feststellen musste, dass sie wieder verfolgt wurde, stieg ihr Adrenalinspiegel in nicht unerheblichem Maße. Dies wiederum führte dazu, dass sie die Verfolgung nicht länger ertragen und die Fremde zu Rede stellen wollte.

Gerade hatte Clarissa ihren ganzen Mut zusammengenommen und drehte sich zu ihrer Verfolgerin um, da umhüllte sie plötzlich ein dunkler Schatten und fühlte sie auf einmal eine unangenehm kalte Berührung auf ihrem Arm. Im gleichen Moment wurde ihr schwarz vor Augen und musste sie sich vor Schwäche an den Rand des Bürgersteigs setzen. Nachdem der Schwindel etwas nachgelassen hatte und sie wieder einigermaßen bei sich war, hatte Clarissa Schwierigkeiten damit, sich daran zu erinnern, was sie hier eigentlich tat. Erst nach ein paar Minuten fiel ihr wieder ein, dass sie sich auf dem Weg zum Haus ihrer Oma befand, um dort das Amulett zu suchen. Eine weitere Weile dauerte es, bis ihr erneut einfiel, dass sie verfolgt wurde und ihre Verfolgerin eigentlich zur Rede stellen wollte. Die war aber nun nirgends mehr zu sehen. Daher entschloss sich Clarissa ihren Weg wieder auf zu nehmen. Gerade in diesem Moment roch sie wieder das Parfüm ihrer Mutter in der Luft, maß dem aber keine größere Bedeutung bei.

Clarissa erreichte das Haus ihrer Großmutter ohne weitere Vorfälle nach fünfzehn Minuten Fußmarsch. Ohne dass sie es bemerkte, war die fremde Frau ihr dennoch weiterhin gefolgt. Die Fremde bewegte sich dabei so geräuschlos und verschmolz so geschickt immer wieder mit irgendwelchen Schatten, dass sie für Clarissa unsichtbar war.

Als Clarissa nun vor der Haustür des kleinen Einfamilienhaus stand und den Haustürschlüssel in ihrer Handtasche suchte, tauchten in ihrem Kopf jählings eine Vielzahl von Kindheitserinnerungen auf. Sie erinnerte sich plötzlich an alle Einzelheiten des Augenblicks, als ihr von ihrer Großmutter unter Tränen mitgeteilt wurde, dass ihre Eltern nicht wieder nach Hause zurückkehren werden. Es war ein sehr kalter und klarer Wintertag vor fünfundzwanzig Jahren. Sie übernachtete bei ihrer Großmutter, da ihre Eltern übers Wochenende bei Freunden im Sauerland eingeladen waren und sie lieber bei ihrer Großmutter übernachten wollte. Clarissa hatte sich gerade vor dem Kamin in eine Decke eingekuschelt, als auf einmal das Telefon läutete. Ihre Großmutter, die keinen Anruf erwartete, sah etwas erschrocken aus, hob dann aber doch den Hörer ab. Während dieses Telefonats wurde Rosemarie Mandel mitgeteilt, dass ihr Sohn und ihre Schwiegertochter bei einem schweren Autounfall umgekommen waren.

Wie Clarissa später erfahren sollte, geriet das Auto ihres Vaters auf der Fahrt ins Sauerland auf einer Eisfläche ins Rutschen, überschlug sich mehrmals und ging dann in Flammen auf. Beide Eltern verbrannten in dem verunglückten Auto. Rosemarie Mandel versuchte damals ihrer Enkelin das sehr schonend beizubringen, aber obwohl Clarissa erst sechs Jahre alt war, merkte sie doch den unglaublichen Schmerz und die Trauer bei ihrer Großmutter und wurde auch selbst von diesen Gefühlen überwältigt. Das gemeinsam durchlebte Leid schweißte die Beiden von da an noch enger als bisher zusammen.

Ihre Großmutter besaß eine sehr große Sammlung alter Bücher, die in einer kleinen Bibliothek in der Nähe des Wohnzimmers untergebracht waren. Viele Jahre lang las Rosemarie ihrer Enkelin jeden Abend eine Geschichte aus einem dieser Bücher vor. Am liebsten mochte Clarissa altertümliche Sagen. Bis heute hielt diese Vorliebe für das geschriebene Wort bei ihr an und es verging kein Tag, an dem sie nicht zumindest ein Kapitel in einem ihrer Bücher las und keine Woche, in der sie nicht nach neuem Lesematerial in der örtlichen Buchhandlung oder Bibliothek suchte.

Rosemarie Mandel sammelte aber nicht nur alte Bücher, sondern liebte auch antike Möbel und alte Bilder. Daher fühlte man sich, sobald man das Haus betrat, fast in das frühe vorige Jahrhundert zurückversetzt. Es roch in dem Haus aber keinesfalls muffig, sondern sehr angenehm nach verschiedenen alten Hölzern. Nachdem Clarissa eingetreten war, machte sie sich in der kleinen Küche erst einmal einen Kaffee und überlegte, wo sie mit der Suche nach dem Amulett anfangen sollte. Sie entschied sich nach kurzem Überlegen, oben im Schlafzimmer zu beginnen und sich dann langsam von Raum zu Raum vor zu arbeiten. Aber das Amulett war dort nicht zu finden.

Ihr fiel allerdings bei ihrer Suche auf, dass es im ganzen Haus keinen Spiegel mehr gab. Selbst im Badezimmer nicht. Jetzt blieb nur noch der Keller. Der Keller von Rosemarie Mandels Haus wäre eine Fundgrube für jeden Sammler gewesen. Dort hatte Clarissas Großmutter all die Schätze untergebracht, die nicht mehr in das übrige Haus passen wollten. Scheinbar war Rosemarie kurz vor ihrem Schlaganfall hier unten gewesen, denn auf dem Schreibtisch, der hier inmitten der sich im Laufe der Jahre angesammelten Dinge stand, lagen zwei aufgeschlagene Bücher und diverse Zettel mit der Handschrift ihrer Großmutter. Es war eigentlich nicht Rosemaries Mandels Art Bücher offen herumliegen zu lassen. Daher vermutete Clarissa, dass sie nicht mehr dazu kam, sie ordentlich wegzuräumen. Vielleicht hatte sie gerade in den Büchern gelesen, als sie spürte, dass irgendetwas mit ihr nicht stimmte. Gegebenenfalls wollte sie dann schnell die Treppe hinauf steigen, um das Telefon im Erdgeschoss zu erreichen. Auf den Weg dorthin war sie vielleicht hingefallen und hatte ihr Amulett verloren. Ja, so könnte es gewesen sein.

Clarissa entschied sich allerdings zuerst, kurz Pause zu machen und sich die Bücher näher anzuschauen, die ihre Großmutter studiert hatte. Ihre Suche nach dem Amulett wollte sie gleich wieder fortsetzen. Das eine Buch behandelte die Theogonie von Hesiod und dort vor allem die Urgötter in der griechischen Mythologie. Aufgeschlagen war das Kapitel das Nyx, der Göttin der Nacht und Herrscherin der Dunkelheit gewidmet war. Das andere Buch war auf Altgriechisch geschrieben und hatte nach den Notizen ihrer Großmutter zu urteilen Spiegel als Symbol für den Einblick in die Seele und den Weg in andere Welten zum Thema. Seltsam, dachte Clarissa, waren vielleicht deswegen alle Spiegel hier im Haus entfernt worden?

Nun wollte sie aber ihre Suche fortsetzen. Zuerst nahm Clarissa wie geplant die Kellertreppe in Augenschein und suchte dort sehr genau nach dem Amulett, konnte aber wieder nichts finden. Dann begutachtete sie nach und nach alle zugänglichen Bereiche des Kellers, war aber weiterhin erfolglos.

Langsam machte sich eine düstere Verzweiflung in ihr breit. Wenn ihre Großmutter so viel Wert auf das Wiederfinden des Amuletts legte, hing möglicherweise wirklich ihr Leben davon ab. Manche Menschen entwickelten, wenn sie älter wurden, seltsame Ideen, ja sogar Wahnideen. Vielleicht war das bei Ihrer Großmutter seit Kurzem auch der Fall. Das mit dem Fehlen der Spiegel war schon sehr ungewöhnlich. Aber auch wie eindringlich sie Clarissa mit Blicken aufgefordert hatte, das Amulett zu suchen und ihr zu bringen, war etwas seltsam. So wie es schien, hatte Rosemarie Mandel das Amulett allerdings nicht in ihrem Haus verloren. Womöglich wurde es ihr ja auch von irgendjemand gestohlen.

Ziemlich enttäuscht von der erfolglosen Suche, entschied sich Clarissa, wieder zurück zum Krankenhaus zu gehen und ihrer Großmutter von dem Misserfolg zu berichten.

Als Clarissa nun langsam und deprimiert die Treppenstufen hinauf in das Erdgeschoss des Hauses stieg, fiel ihr auf einmal ein kleiner Lichtstrahl ins Auge. Zuerst wollte sie einfach weitergehen, ohne ihn zu beachten. Aber dann besann sie sich doch anders. Sie ging ein Stück zurück und wiederholte die Bewegung nochmals. Tatsächlich fiel dieser Lichtstrahl wieder in ihr Auge. Jetzt sah sie auch, woher die Reflexion kam. Von unter dem Gitter der Abflussöffnung, nicht weit vom Treppenabgang entfernt, reflektierte irgendetwas das Sonnenlicht, das gerade begann durch das Kellerfenster zu scheinen.

Voll neuer Hoffnung begab sich Clarissa nun zu dem Abfluss und schaute ihn sich genauer an. Tatsächlich hing dort etwas Glänzendes an einer kleinen goldenen Kette, die nur noch von einem winzigen Stück Ast gehalten wurde. Voller Eile holte sie eine lange Pinzette aus dem Badezimmer ihrer Großmutter. Jetzt versuchte sie die goldene Kette zu erreichen und mitsamt dem Schmuckstück daran zu sich zu ziehen. Da merkte sie aber, wie ihre Hand voller Aufregung zitterte und die Kette drohte von der Kanalisation und ihrer undurchdringlichen Schwärze verschluckt zu werden.

Clarissa schloss die Augen und atmete ein paar Mal tief ein und aus. Das half. Als sie nun die Augen wieder öffnete, gelang es ihr mit ruhigen und äußerst geschickten Fingern das Schmuckstück zu bergen. Natürlich war sie überglücklich über ihren Erfolg.

Nun konnte ja nichts mehr schiefgehen. Clarissa war sich sicher, dass ihre Großmutter hocherfreut sein würde, wenn sie ihr das Amulett brachte. Sie säuberte sowohl das Amulett als auch die Kette im Waschbecken in der Küche und trocknete dann Beides sorgfältig ab. Erst hatte sie vor, es sofort in ihre Handtasche zu legen, aber dann übermannte sie doch die Neugier und schaute sie sich das Schmuckstück genauer an. In der Mitte des Amuletts war ein durchsichtiger Stein mit goldenen nadelförmigen Einschlüssen befestigt, der, sobald sie ihn berührte, auf eine unerklärliche Art und Weise ein sanftes Leuchten von sich gab. Das Leuchten des Steines fesselte Clarissas Blick und ließ sie spüren, warum das Amulett so wichtig für ihre Großmutter war. Darin schien eine unglaubliche Kraft verborgen zu sein, die darauf drängte nach draußen zu gelangen.

Nun betrachtete Clarissa auch noch die anderen Teile des Schmuckstücks. Die goldene Einfassung des Steines trug eine Inschrift und wenn sie es richtig erkennen konnte bestand die Inschrift aus einem lateinischen Text. Da sie in der Schule Französisch statt Latein gehabt hatte, konnte sie Inschrift nicht entziffern. Aber das war auch im Moment nicht so wichtig, Hauptsache war, sie hatte das Amulett gefunden und konnte es ihrer Großmutter zurückbringen. Vielleicht war es mit Hilfe der Kraft in dem Schmuckstück möglich, Rosemarie Mandel das Leben zu retten.

Nun war es an der Zeit, wieder in die neurologische Klinik zurückzukehren. Das Durchsuchen des Hauses hatte viel Zeit in Anspruch genommen, weswegen es jetzt schon fast Mittag war. Statt das Amulett wie eigentlich geplant in ihre Handtasche zu tun, legte Clarissa es sich aus irgendeinem unbewusstem Grund selbst an und spürte im gleichen Moment, wie seine Kraft sie durchströmte. Als die junge Frau nun vor die Tür des Hauses ihrer Großmutter trat, wurde sie aber trotzdem fast von der drückenden Hitze erschlagen. Gleichzeitig meldete sich auch noch ihr Magen mit einem lauten Knurren bei ihr, da sie heute erst einen Kaffee zu sich genommen hatte.

Aber ihr Hunger musste noch warten. Ihre Großmutter war jetzt wichtiger. Clarissa begann, zurück zur Neurologischen Klinik zu laufen. Sie hatte dabei ein ungutes Gefühl, konnte sich aber nicht genau erklären warum. Schließlich machte sie ihren knurrenden Magen dafür verantwortlich. Die Fremde hatte nach Verlassen des Hauses erneut die Verfolgung von Clarissa aufgenommen. Das bekam Clarissa allerdings nicht mit. Jedes Mal, wenn sie sich umschaute, versteckte sich die Fremde sehr geschickt und war für sie nicht zu sehen.

In einer einsamen Seitenstraße kurz vor dem Krankenhaus geschah dann das Unfassbare. Als ob die Fremde auf diesen Moment gewartet hatte, schlich sie sich immer näher und näher an Clarissa heran. Kurz bevor sie sie endgültig erreicht hatte, bemerkte Clarissa voller Schrecken die Anwesenheit der Fremden und drehte sich mit panikerfüllten Gesicht zu ihr herum. In diesem Moment war es aber schon zu spät. Die Fremde hatte Clarissa endgültig eingeholt und fasste sie mit einer hastigen Bewegung an ihren Arm. Im gleichen Augenblick war ein kurzes dunkelblaues Leuchten an der berührten Stelle zu sehen. Clarissa erlitt einen Schwächeanfall und brach ohnmächtig zusammen.

Die Fremde nutze das aus und nahm Clarissa ihre Handtasche weg. Gleich darauf leerte sie den Inhalt auf dem Gehweg aus. Als sie die enthaltenen Dinge gesichtet hatte und sah, dass das Amulett nicht dabei war, verzog sich ihr Gesicht zu einer Fratze unmenschlichen Zorns und schrie sie vor abgrundtiefen Ärger laut auf. Dieser Schrei weckte wiederum Clarissa. Als Clarissa sich nun aufrichtete, verrutschte ihr Kleid und wurde das Amulett ihrer Großmutter auf ihrer Brust sichtbar. Voller Angst schrie sie laut um Hilfe.

Ein junger schwarzhaariger Mann bog gerade in die Seitenstraße ein, hörte den Hilferuf von Clarissa und begann zu ihr zu rennen. Die Fremde erblickte voller Raffgier das Amulett auf Clarissas Brust und versuchte es ihr mit ihren langen gierigen Fingern zu entreißen. Clarissa, die wieder einigermaßen bei Kräften war, konnte diesen Versuch erfolgreich abwehren.

Die Fremde gab aber nicht auf, sondern verstärkte ihre Bemühungen. Diesmal schien es so, dass die junge Frau nicht genügend Kraft hatte, diesen Versuch erneut abzuwehren. Aber da kam ihr rechtzeitig der junge Mann zu Hilfe und drängte die Fremde erfolgreich zur Seite. Diese sah sich auf einmal zwei Gegnern gegenüber. Damit hatte sie nicht gerechnet. Nach kurzem Abwägen fauchte sie den jungen Mann mit einem vernichtenden Blick an und rannte dann schnell weg. Der junge Mann schien erst die Verfolgung aufnehmen zu wollen, entschied sich aber dann, bei Clarissa zu bleiben.

Clarissa fühlte sich noch etwas benommen und war dankbar, als der junge Mann ihr beim Aufstehen half. Dann hob für sie auch noch die ganzen Dinge auf, die verstreut auf den Boden lagen, und legte sie zurück in die Handtasche. Wie aufmerksam von ihm. Clarissa betrachtete ihn kurz, ohne dass er es bemerkte. Der junge Mann hatte ein sehr liebenswertes Lächeln und schöne braune Augen. Ja, er machte insgesamt einen sehr netten Eindruck auf sie. Als er ihr dann mit einem leicht verlegenen Blick direkt in die Augen schaute, dachte Clarissa bei sich, dass sie sich, wenn er wirklich so nett war, wie er aussah, leicht in ihn verlieben könnte. Aber das wollte sie ihm nicht gleich auf die Nase binden, daher musste sie ihn und sich jetzt erst einmal auf den Boden der Tatsachen zurückholen und sagte:

„Danke für Deine Hilfe, aber könntest Du mir jetzt meine Tasche wiedergeben?“

Der junge Mann ließ die Handtasche, die er bis dahin fest umklammert hielt, erschrocken los und entschuldigte sich vielmals bei ihr. Der jungen Frau tat das dann aber doch ein wenig leid, weswegen sie sich ihm mit einem versöhnenden Lächeln als Clarissa vorstellte. Der junge Mann antworte nun ebenfalls lächelnd:

„Es freut mich sehr Dich kennen zu lernen, auch wenn die Umstände etwas unglücklich waren. Ich bin Devius.“ Dann erkundigte er sich noch nach ihrem Wohlbefinden und ob er sie ein Stück begleiten sollte. Auf dieses Angebot ging Clarissa gerne ein und erzählte Devius auf dem Weg zur Klinik von der seltsamen fremden Frau, die ihr in letzter Zeit wie ein dunkler Schatten gefolgt war und heute ihr wahres Gesicht gezeigt hatte, als sie ihr das Amulett entreißen wollte. Nachdem sie dann nach viel zu kurzer Zeit die Neurologische Klinik erreichten, küsste die junge Frau Devius zum Abschied auf die Wange. Beim Reingehen gab sie ihm noch ihre Telefonnummer und bat ihn, sich sehr bald bei ihr zu melden.

Clarissa schwebte fast vor Glück als sie in das zweite Stockwerk der Neurologischen Klinik hinaufging, um ihrer Großmutter die freudige Nachricht über den Fund des Amuletts zu überbringen. Das hing nicht allein mit dem Fund des Amuletts zusammen, sondern hatte viel mit dem jungen Mann zu tun, den sie eben zum ersten Mal in ihrem Leben gesehen hatte.

Umso schrecklicher war dann die Feststellung, dass sich ihre Großmutter nicht mehr in ihrem Zimmer befand, sondern dort nur zwei unbenutzte Betten standen. Vor Angst bebend rannte sie zum Schwesternzimmer und erkundigte sich bei der diensthabenden Schwester nach ihrer Großmutter. Diese erklärte ihr mit einem mitleidigen Blick, dass sich der Zustand ihrer Großmutter seit heute Morgen rapide verschlechtert hatte und sie nun auf der Intensivstation lag und dort künstlich beatmet wurde. Clarissa konnte es nicht fassen. Warum musste das gerade jetzt passieren, nachdem der Tag so schön begonnen hatte? Sie war sich inzwischen fast sicher, dass das Amulett ihre Großmutter heilen konnte. Warum hat sie es nicht schon früher finden können? Unter Umständen war es nun ihre Schuld, dass ihre Großmutter starb.

Also musste Clarissa unbedingt auf die Intensivstation gelangen und ihre Großmutter dort aufsuchen. Clarissa sprach daher nochmals die diensthabende Schwester an und erkundigte sich bei ihr, ob es ihr vielleicht möglich wäre, ihre Großmutter auf der Intensivstation zu besuchen. Clarissa tat Schwester Beate sehr leid, daher rief sie für sie auf der Intensivstation an und fragte bei dem Arzt nach. Glücklicherweise war der Arzt damit einverstanden. Clarissa ließ sich durch Schwester Beate noch kurz den Weg erklären, kurze Zeit später stand sie schon vor dem Eingang zur Intensivstation, klingelte und wurde zu Rosemarie Mandels Bett geführt.

Was sie jetzt sah, ging Clarissa doch sehr zu Herzen und ließ ihr Gemüt schwer werden. Gestern war sie schon erschrocken, wie schwach ihre Großmutter wirkte, aber heute sah Rosemarie Mandel wirklich so aus, als ob sie im Sterben lag. Langsam glaubte Clarissa auch nicht mehr daran, dass Ihre Großmutter je wieder gesund werden würde. Sie wollte aber die Hoffnung nicht ganz aufgeben. Daher legte sie Rosemarie sanft das Amulett um, setzte sich zu ihr und hielt bei ihr Wache. Sie hoffte auf die Heilkraft des Amuletts und dass vielleicht doch noch ein Wunder geschah. Clarissa ahnte in diesem Moment nicht, welche Kräfte in dem Amulett wirklich wohnten und wie wichtig es für ihr zukünftiges Leben sein würde. Aber es gab auch noch eine Vielzahl anderer Wesen und Mächte, die großes Interesse daran hatten, das Schmuckstück in ihren Besitz zu bekommen und sie würden es nicht kampflos aufgeben. Da konnte Clarissa sich sicher sein.

Das dunkle Reich

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