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Pierre de Coubertins Körper ruht in Lausanne, sein Herz liegt in Olympia begraben, aber er kam in Frankreich zur Welt und wurde maßgeblich geprägt von den Mühen der Dritten Republik. Geboren 1863 in Paris als Baron Charles Pierre Fredy de Coubertin, war er das vierte Kind einer alteingesessenen französischen Adelsfamilie. Coubertin empfing seine Erstkommunion 1870, dem Jahr der Schlacht von Sedan, in der die Preußen Kaiser Napoleon III. gefangen nahmen und die französischen Truppen in der Frühphase des kurzlebigen Deutsch-Französischen Krieges in die Flucht schlugen. Nach dem Fall von Paris 1871 setzten die siegreichen Armeen des inzwischen vereinten Deutschen Reichs einen Friedensvertrag zu ihren Bedingungen durch, zogen wieder ab und nahmen Elsass-Lothringen sowie die letzten Reste französischen Nationalstolzes mit sich. Mit dem Kaiser im Exil und der alten Garde in Verruf, wurde die Dritte Französische Republik ausgerufen.
Coubertins Eltern hatten für ihren Sohn eine Laufbahn als Priester vorgesehen und schickten ihn ab 1874 auf die Jesuitenschule Saint Ignace. Das stramme Curriculum machte nur wenige Zugeständnisse an das 19. Jahrhundert und konzentrierte sich auf klösterliches Ritual und fromme Ergebenheit, intensive Studien des Griechischen und Lateinischen und Sonderunterricht in Rhetorik. »Vom Lateinischen kam man zu Jura; von der Rhetorik zum Salongespräch, zum Redenhalten im Generalrat und zum politischen Leben.«1 Dazu kam, dass unter den Schülern eine Atmosphäre geschaffen wurde, die von Konkurrenzdenken und Rivalität geprägt war. Noten wurden veröffentlicht und verglichen, Preise für die Besten ausgelobt und – ganz im Sinne der klassischen Ausgewogenheit von Körper und Geist – Fechten, Reiten, Boxen und Rudern gefördert, an denen sich auch Coubertin eifrig beteiligte.
So drakonisch die jesuitische Erziehung auch sein mochte, hatte sie auf die Persönlichkeitsbildung ihrer Zöglinge längst keinen so großen Einfluss wie die ökonomischen, gesellschaftlichen und technologischen Umwälzungen der Dritten Republik. Paris war ein gewaltiger kosmopolitischer Schmelztiegel der Belle Époque, der wichtigste Knotenpunkt der europäischen und globalen Netzwerke von Kunst, Philosophie, Literatur, Musik und Design und die Heimat einer ganzen Reihe großer Messen und Weltausstellungen. Als Coubertin die Schule verließ, hatte der nach außen hin angepasste Jüngling längst gebrochen mit vielen Ansichten seiner Eltern und der Mehrheit seiner gesellschaftlichen Schicht, lehnte eine Karriere als Priester ab und war zu un rallié geworden – einem aristokratischen Verfechter der Republik. Coubertin schrieb sich an der École Libre ein, einer Eliteschule der neuen Sozial- und Verwaltungswissenschaften und Sammelbecken für Internationalisten, Pazifisten und Progressive aller Couleur, wo er eine Reihe von Fächern belegte, die ihm gerade zusagten. Es herrschte eine intellektuelle, von Experimentierfreude und Aufbruch geprägte Atmosphäre, die ganz nach seinem Geschmack war. Aber so nützlich das ganze Studieren auch sein mochte, sehnte sich Coubertin offenbar nach etwas, das ihm als Aristokraten und Mann mit einem gewissen Ansehen in der Welt eher entsprach.
Den vielleicht besten Einblick in Coubertins Befindlichkeit in den frühen 1880er Jahren erhält man in seinem Roman d’un rallié, ein sehr dünn verschleiert semi-autobiografischer Roman, in dem ein pittoresker Reisebericht und eine unerträglich süßliche Liebesgeschichte den Rahmen bilden für Coubertins Memoiren und gesellschaftliche und moralische Ansichten.2 Die zentrale Figur, Étienne, ist ein junger Aristokrat, der sich schwer damit tut, seinen Platz und seine Aufgabe in der Welt zu finden: »Étienne war es überdrüssig, zum Handeln gestoßen zu werden, aber nicht imstande zu sein zu handeln. Das Handeln, er sah es überall, in den unterschiedlichsten und reizvollsten Formen. Wonach er unterbewusst in seinen privaten Studien suchte, waren Motive zum Handeln.«3
Den Großteil der 1880er Jahre verbrachte Coubertin auf der Suche nach einer Rolle in der Welt, aber auch nach einer höheren Bestimmung. Selbststudium war Teil der Lösung, aber der Schlüssel war für Coubertin das Reisen – Privileg jedes Aristokraten mit akademischen Ansprüchen. Es waren seine Aufenthalte in Großbritannien und den Vereinigten Staaten, die es ihm ermöglichten, seine Interessen für Sport, Bildungsreform und nationale Entwicklung zu fokussieren.
Coubertin stand in einer langen Reihe französischer Reisender und Autoren, die Britannien besucht hatten. Er war sowohl anglophil als auch anglophob, ein Zwiespalt, der sich oft in der Einstellung des Autors zur Aristokratie der Nation äußerte: War sie eine Bastion des Monarchismus und würdiger Traditionen oder immer mehr ein Anachronismus? Coubertin war weder Monarchist noch wollte er zum Anachronismus werden, wie er verächtlich einen Teil seiner Klasse beschrieb, »gefangen in den Ruinen einer toten Vergangenheit«. Aber ihm stand noch eine alternative Meinung zur Verfügung. Einer der meistgelesenen Reiseberichte seiner Zeit, mit dem auch Coubertin sehr vertraut war, war Hippolyte Taines Aufzeichnungen über England.4 In seiner Darstellung der britischen Aristokratie befand er, dass »die Adligen … als Bürger die aufgeklärtesten, unabhängigsten und nützlichsten der ganzen Nation« seien.
Was machte sie dazu? 1883 bereiste Coubertin die Bildungsinstitutionen Oxford, Cam-bridge, Eton, Harrow und Rugby und bis 1887 noch Christ’s Hospital, Charterhouse, Marlborough, Wellington, Westminster und Winchester. Coubertins wichtigster literarischer Leitfaden dabei war eine englischsprachige Ausgabe von Thomas Hughes’ Tom Browns Schuljahre. Nach eigenem Bekunden hatte er sie »auf all meinen Reisen durch die Privatschulen in England dabei gehabt, um sie wieder lebendig werden zu lassen und so besser verstehen zu können«.5 Tatsächlich sind seine Aufenthalte in England und das Buch, das 1888 folgte, L’éducation en Angleterre, eher als eine herrliche Bestätigung seiner eigenen Lektüre von Tom Brown zu verstehen als eine kritische Auseinandersetzung mit dem, was er zu sehen bekam.
Tom Browns Schuljahre, eins der meistverkauften Bücher des 19. Jahrhunderts, ist eine Mischung aus moralisierenden Memoiren und Wunschdenken seitens des Autors Thomas Hughes, ein Schüler in Rugby in den 1840er Jahren. Das Buch sollte über Generationen das Bild einer Sportethik bestimmen, wie man sie an den Privatschulen erlebte. Bei näherer Betrachtung wird die schwerfällige Didaktik, moralische Blasiertheit und süßliche Sentimentalität hier und da von subversiveren Gedanken durchbrochen – eine kaum verschleierte Homoerotik, Anflüge echter menschlicher Wärme sowie eine Verachtung der grausamen und gewalttätigen Exzesse in diesen abstoßenden Institutionen –, aber mit näheren Betrachtungen hatte Coubertin wenig am Hut. Er argumentierte, es sei »oberstes Ziel der englischen Lehrmeister, Männer zu formen, um andere zu führen«.
Was die Frage anging, wie die Engländer das anstellten, war die Antwort ganz simpel: »Alle, die ich zu diesem Thema befragt habe, waren sich einig: Der Schlüssel hierfür ist die Schulmoral, und sie verkünden lauthals, dass der Sport die Ursache dafür sei.« Coubertin glaubte fest daran, dass dies alles das Werk von Thomas Arnold war, der als Rektor der Rugby School ab 1828 dort reformerisch tätig war. Kein Wunder, dass diese Schule dann auch der Schauplatz seiner eigenen berühmten Erleuchtung war: »Im Zwielicht, allein in der großen gotischen Kapelle von Rugby, meinen Blick auf die große Begräbnisplatte gerichtet, in die, ohne Epitaph, der große Name von Thomas Arnold eingemeißelt war, wähnte ich, vor mir den Grundstein des Britischen Empires zu sehen.«6
Ob diese Darstellung von Arnolds Einfluss und Coubertins Aufenthalt in Rugby ein »bewusst kreierter Mythos«7 ist oder eine Form »tiefer und vielfach bedingter Wunscherfüllung«, wie seine Biografen argumentieren, sie war auf jeden Fall unrichtig.8 In Wirklichkeit stand Arnold dem Sport ganz und gar gleichgültig gegenüber; bisweilen schaute er dem Treiben vom Spielfeldrand aus zu, aber er war weder Teilnehmer noch Fürsprecher. Grundstein seiner erzieherischen Revolution waren nicht etwa Spiele, sondern das Einimpfen von Religiosität, um so christliche Gentlemen zu formen. Dazu wurde dem moralischen und emotionalen Wohl der Schüler etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt, als es bis dahin der Fall war. Gleichzeitig waren Disziplin und Ordnung von nicht minderer Bedeutung. Arnold war besessen von der angeborenen Sündhaftigkeit junger Burschen. Sein Regime machte freigebigen Gebrauch von körperlicher Züchtigung, wie es die Norm war in England. Auch der hinlänglich bekannte Missbrauch des abscheulichen Fagging-Systems, in dem jüngere Schüler niedere Dienste für die älteren verrichten mussten, war weiterhin gang und gäbe.
Coubertin gelang es, dies alles in seinem Bericht unter den Teppich zu kehren. Tatsächlich waren die sportlichen Traditionen von Rugby und anderen Privatschulen das Werk einer jüngeren Generation von Lehrern. Obgleich sie sich nach Arnold richteten, waren sie der Meinung, dass Spiele die wirkungsvollste Methode waren, um ihre Schützlinge zu kontrollieren und deren moralische Anschauung und Verhalten zu formen. Vor allem der Mannschaftssport diente zur Kultivierung von männlicher Physis und ritterlicher Gesinnung. In einem ernsthaften, aber nicht verbissenen Wettstreit vermittelte er Respekt vor Obrigkeit und Gesetz, ohne das Individuum zu brechen. Die breitere Sportkultur strebte nach den hellenischen Tugenden der Ausgewogenheit von Körper und Geist. Vor allem aber konnte man im Sport Ruhm und Ehre erlangen und sich mit Tapferkeit und Mut auszeichnen.
Coubertins Destillat der Sportethik der Privatschulen war geprägt von dieser Generation junger Lehrer und christlicher Wortführer der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wie Charles Kingsley und würde nach und nach eine Kernkomponente seiner synkretischen Vorstellung des Olympismus bilden. Ende der 1880er Jahre griff er es auf, um für eine grundlegende Reform des französischen Erziehungssystems zu werben, und zwar nicht nur für die Eliten, sondern auch für die Massen. Ohne Zweifel war er der Ansicht, dass das englische Modell und dessen Schwerpunkt auf Mannschaftsport und Ballspielen dem reglementierten Turnsport deutscher Prägung vorzuziehen sei. Viele Franzosen hatten auf Preußen geschaut, seine Traditionen nationalistischen Turnsports, Drills und militärischen Erfolgs, und eine Umbildung der französischen Leibeserziehung und der Streitkräfte nach deutschem Vorbild gefordert. Coubertin hingegen argumentierte: »Es sind eher Bürger als Soldaten, die Frankreich braucht. Unsere Erziehung braucht nicht Militarismus, sondern Freiheit.«9
Coubertin hatte nun seine Aufgabe, aber nun wollte er auch handeln; 1888 half er, das Komitee zur Verbreitung von Leibesübungen im Erziehungswesen zu gründen, dessen Vorsitz der frühere Premierminister und mittlerweile greise republikanische Staatsmann Jules Simon übernahm. Die Organisation war eine Kampagne der Erziehungspolitik, eine Bühne für die Tugenden des Amateursports und ein Verwaltungsapparat, der Turniere für Leichtathletik, Fußball und Rugby veranstaltete. 1890 kam es zum Zusammenschluss mit einem kleineren Mitstreiter, aus dem die USFSA (Union des Sociétés Françaises de Sports Athlétiques) hervorging. Zu anglophil ausgerichtet für extremere nationale Geschmäcker, gründeten Gegner wie der Sozialist und Science-Fiction-Autor Paschal Grousset die Ligue Nationale de l’Éducation Physique und ereiferten sich gegen den Import englischer Spiele und Sitten.
Grousset rief sogar dazu auf, eine nationale französische Version der antiken Olympischen Spiele zu schaffen. Erstaunlicherweise zeigte sich Coubertin, nur drei Jahre bevor er seine eigene Erneuerungsbewegung ins Leben rief, wenig begeistert von dieser Idee, äußerte sich sogar ein wenig verächtlich: »Groussets Liga macht eine Menge Aufhebens. Sie rasselt mit dem Säbel, schwärmt von den Olympischen Spielen und malt sich Zeremonien am Fuße des Eiffelturms aus, wo das Staatsoberhaupt die jungen Athleten mit Lorbeeren kränzt. Und gerade dann, wenn sie über die militärische Verteidigung sprechen, erklären sie, dass sie keinen politischen Einfluss nehmen wollen … Das ist alles ein bisschen viel: Es ist sogar zu viel.«10 Und doch ist es genau das, was Coubertin später selbst erschaffen würde. Die Wiederbelebung der Olympischen Spiele sollte für ihn zum Ziel aller Ziele werden, das zahllose persönliche und politische, sportliche und intellektuelle Fäden in seinem Leben verband.
In seinen eigenen, abenteuerlich unglaubwürdigen Memoiren, veröffentlicht 1908, äußerte Coubertin sich nur sehr vage darüber, wann und wie ihm die Idee zur Wiederbelebung der Olympischen Spiele gekommen war. Seine früheren Zweifel jedenfalls ließ er dezent unter den Tisch fallen. In der Tat dichtete der Baron seinen geistig-seelischen Werdegang in einer Weise um, die ihm den Anstrich eines lebenslangen verträumten Hellenophilen gab. »Wann und wie sich in meinem Geist das Bedürfnis mit der Idee verknüpfte, die Olympischen Spiele wiederaufleben zu lassen, vermag ich nicht zu sagen … ich war vertraut mit dem Begriff. Nichts in der Geschichte des Altertums hatte mich mehr zum Träumer gemacht als Olympia. Diese Stadt des Traums … errichtete ihre Kolonnaden und Säulengänge unablässig in meinem heranwachsenden Geist. Lange bevor ich daran dachte, aus ihren Ruinen den Gedanken der Erneuerung zu ziehen, baute ich sie in meinem Geiste wieder auf, um die Gestalt ihrer Silhouette wiederaufleben zu lassen.«11
Dank seiner jesuitischen Erziehung war Coubertin gewiss vertraut mit einigen der klassischen Texten über die Spiele, und er wusste sicher um die Erkenntnisse, die die deutschen Ausgrabungen in Olympia zutage gefördert hatten. Jedoch deutet in seinen Aufzeichnungen, Notizen und Bücherregalen wenig darauf hin, dass er ein gesteigertes Interesse an dem Thema gehabt hätte noch dass er einen wesentlichen Zusammenhang zwischen den antiken Spielen und seiner erziehungsreformatorischen Arbeit oder seiner zunehmend internationalistischen Gesinnung hergestellt hätte. Die plausibelste Erklärung für seine Kehrtwende, oder zumindest der Auslöser dafür, seine Meinung zu ändern, war wohl seine Begegnung mit Dr. Brookes bei den Wenlock Olympian Games.
Anfang 1889 hatte Coubertin mit einem Aufruf in englischen Zeitungen nach Briefpartnern gesucht, die bereit waren, mit ihm über Leibeserziehung zu korrespondieren. Unter denen, die antworteten, war Dr. Penny Brookes, der Coubertin mit einer kontinuierlichen Flut an Briefen, Zeitungsausschnitten und Berichten rund um das Thema Olympia versorgte. Der Baron nahm sie offenbar zur Kenntnis, und noch im gleichen Jahr rühmte er Brookes’ Ideen und Initiativen in einer Rede auf dem Internationalen Kongress für Leibeserziehung – sein Beitrag zur Weltausstellung, die 1889 in Paris stattfand – und zitierte wörtlich aus einer Rede, die jener 1866 beim National Olympian Festival in London gehalten hatte: »Wie könnte man nicht den Worten beipflichten, die ein scharfsinniger Redner bei einem Sportfest äußerte, das vor gut 20 Jahren in Crystal Palace stattfand?«12
Interessanterweise nahm Coubertin keinen eindeutigen Bezug auf den olympischen Aspekt der Spiele. In seiner späteren Korrespondenz mit Brookes, die sich ausführlich mit den Tugenden und Verheißungen beschäftigte, Leibeserziehung in den nationalen Lehrplan aufzunehmen, und zu der Abmachung führte, den Spielen in Much Wenlock im Oktober 1890 beizuwohnen, kam das Thema der antiken Olympischen Spiele nicht zur Sprache. Am Vorabend seiner Ankunft ging Brookes davon aus, dass der Zwecke der Übung lediglich darin bestehe, »Baron Pierre de Coubertin aufzuklären, der darauf aus ist, seinen Landsleuten den Sport in größerem Maße näherzubringen«.
Die Spiele waren bereits, wie üblich, im Mai ausgetragen worden, also gab es eine Sondervorstellung. Der dargebotene Sport war nichts Weltbewegendes, umso mehr Aufhebens machte Brookes um das sonstige Gepränge. Die Teilnehmer trafen aufwendig kostümiert ein und schritten in einer Prozession durch einen auf einer Bühne errichteten Triumphbogen, auf dem die Worte standen: »Willkommen Baron Pierre de Coubertin und Wohlstand für Frankreich.« Der Baron wurde gebeten, einen Eichenbaum zu pflanzen, und man badete den Setzling in Champagner. Das Feld war mit Bannern geschmückt, auf denen in altgriechischer Sprache die Klassiker zitiert wurden. Die Spiele selbst waren kurz: diverse Leichtathletikwettbewerbe gefolgt von Ringreiten und einer ausgeklügelten pseudomittelalterlichen Preisverleihung, dann weiter mit einem großen Festessen. Brookes ernannte Coubertin zum Ehrenmitglied der Wenlock Olympian Society; Coubertin ernannte Brookes zum Ehrenmitglied der USFSA. Den beiden war auch ein wenig Zeit unter vier Augen vergönnt, die der Doktor dazu nutzte, dem Baron seine Aufzeichnungen, Archive und gesammelte Korrespondenz zum Thema Wiederbelebung der Olympischen Spiele sowie seine persönliche Bibliothek zu zeigen – und, im Zuge dessen, die Geschichte der National Olympian Association, der griechischen Olympien und seinen anschließenden Briefwechsel mit den Griechen.
Etwas scheint klick gemacht zu haben. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich schrieb Coubertin einen Artikel mit dem Titel »Les Jeux Olympiques à Much Wenlock. Une page de l’histoire de l’athlétisme«. »Was sie kennzeichnet, ist der Schleier der Poesie, der sie umhüllt, und der Ruch der Antike, den sie verströmen. Mehr als jeder andere hat Dr. Brookes das geheimnisvollen Wirken verspürt, das die griechische Zivilisation, durch die Zeiten hindurch, noch immer auf die Menschheit ausübt.«13 Coubertin stellte klar: »Sollten die Olympischen Spiele, die das moderne Griechenland nicht zurückbringen konnte, je neu aufleben, gebührt das Verdienst dafür nicht einem Griechen, sondern Dr. Brookes.« So deutlich sollte er das nie wieder sagen.