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DER GREGORIUSTAG: ALS DIE SCHULMEISTER NOCH BETTELARM WAREN

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„Und wird im Dorf ein Schwein geschlacht, dann könnt ihr sehen, wie er lacht; die größte Wurst ist ihm zu klein, dem armen Dorfschulmeisterlein.“

Sicherlich ist auch heute noch das „Lied vom armen Dorfschulmeisterlein“ jedem bekannt. In den Anfängen des Schulwesens war der Dorfschullehrer noch bettelarm. Die Bezahlung war so gering, dass Sonderzuwendungen bei allen kirchlichen Anlässen, wie Taufe, Hochzeit, Konfirmation und Beerdigungen, eine hochwillkommene Zulage waren. Auch war es üblich, dass der Lehrer bei Hausschlachtungen eine Blut- und Leberwurst und einen Kessel Wurstbrühe erhielt.

Trotz der geringen Bezahlung war der Lehrer eine „Respektsperson“, der einzige auf dem Dorf, der mit „Herr“ angeredet wurde. Er war „Dorfpolizist“ und „Richter“ zugleich, der über das sittliche Betragen der Kinder innerhalb und außerhalb der Schule zu wachen hatte. Beschwerden über Kinder anderer Leute wurden ihm vorgetragen. Nicht der Pfarrer, der Lehrer war verantwortlich für den Gottesdienstbesuch der Kinder. Nach der Abendglocke kontrollierte der Schulmeister auf den Dorfstraßen, ob alle Schüler zu Hause waren.

Aus einer Ostertaler Schule sind die „zehn Gebote für Lehrer“ aus dem Jahr 1872 überliefert. Kaum zu glauben, was damals einem Lehrer alles aufgebürdet wurde: „Lehrer haben täglich die Lampen aufzufüllen und die Kamine zu säubern.“ „Lehrer dürfen einen Abend pro Woche auf Brautschau gehen oder an zwei Abenden, wenn sie regelmäßig zur Kirche gehen.“ „Nach zehn Stunden Schule dürfen Lehrer die restliche Tageszeit damit verbringen, die Bibel oder andere gute Bücher zu lesen.“ „Verheiratet sich eine Lehrerin, so scheidet sie damit aus dem Schuldienst aus; ist sie bereits im Ruhestand, so fällt der Bezug des Ruhegehaltes weg.“ „Jeder Lehrer sollte von seinem täglichen Lohn eine schöne Summe beiseite legen, damit er davon in seinem Alter leben kann und so der Gesellschaft nicht zur Last wird.“ „Jeder Lehrer, der raucht oder Alkohol – welcher Art auch immer – trinkt, der Spielhöllen oder Wirtschaften aufsucht oder sich beim Frisör rasieren lässt, gibt zu der Vermutung Anlass, dass seine Integrität und seine Ehrlichkeit in Frage gestellt werden müssen.“ „Der Lehrer, der seine Arbeit treu und ohne Fehler fünf Jahre lang verrichtet, wird eine Gehaltsaufbesserung erhalten, vorbehaltlich der Zustimmung der Schulaufsichtsbehörde.“

Bei dem heutigen Hick-Hack um eine Schulreform wird mehr und mehr Unruhe in der Lehrer- und Elternschaft und in den Schulen erzeugt. Wäre es nicht an der Zeit, dass die verantwortlichen Politiker und Lehrergewerkschaften mal zu einem „Tag der Einkehr“ aufrufen? Der 12. März, der Tag des Heiligen Gregorius, bietet sich hierzu besonders an. Er wurde früher landaus landein als „Tag der Schule“ gefeiert.

Gregor der Große, Kirchenvater und Papst, gilt als Schutzherr der Schule und der Schuljugend. Bei den Germanen war dies der Tag der Knaben- und Jünglingsheime.

Am Gregoriustag schloss früher das Wintersemester in den Schulen. Es fanden festliche Umzüge statt, bei denen die Kinder als Handwerker verkleidet waren oder historische Kostüme trugen. Die Umzüge schlossen mit Wettspielen und Wettsingen.

Das Gregorisingen ist eine Sitte, die zeigt, wie bettelarm früher die Schulmeister und ihre kleinen Schulen waren. Es war nämlich ein Bettelsingen, wobei der Schullehrer mit seinen Schülern von Haus zu Haus zog, von Gehöft zu Gehöft, Mehl, Eier, Fleisch, Brot und Speck einsammelte, um dann den Kindern im Wirtshaus ein kräftiges Mahl kochen zu lassen.

In manchen deutschen Landen zogen die als Engel verkleideten Schulkinder mit dem Lehrer, der den heiligen Gregorius darstellte, von Haus zu Haus, sagten Gedichte auf und sangen. Der Lehrer hielt eine kleine scherzhafte Versrede, bei der ein Schüler, als Fuchs verkleidet, ins Haus huschte, bei der vorher eingeweihten Hausfrau den Küchentisch plünderte und Gebäck und Obst in die Körbe der Mädchen füllte.

In der Schweiz ließ der Bischof zweierlei Speisen von den Lehrern verteilen: trockenes, nahrhaftes Schulbrot und süße Gregori-Zuckerbrezeln, Symbole für den Ernst und die Süßigkeiten des Schullebens.

In Baden verkleidete sich ein Schüler als „Schulbischof“ und ritt auf einem Schimmel über den Schulhof. An einer langen Stange steckten Brezeln, die er an die Kinder verteilte.

Viele Schülerumzüge endeten auf einem Jahrmarkt, wo Zelte und Buden aufgeschlagen waren, wo man auf Scheiben schießen konnte, wo getanzt wurde und es zum Schluss einen Schmaus gab, zumindest einen Korb voller Gregoribrezeln für die Kinder.

Berühmt war der Gregoriustag in Prag, wo der Rektor die Studenten zum Essen einlud und sie dabei halb im Scherz, halb im Ernst ermahnte, ihren Lebenswandel zu bessern.

Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis

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