Читать книгу Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis - Dieter Kremp - Страница 56

FRÜHLINGSBLUMEN ALS WETTERPROPHETEN

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„… und nun hören Sie den Wetterbericht: Der Waldsauerklee hat schon vor Stunden seine Blätter zusammengelegt, die Anemonen ihre Knospen geschlossen und das Labkraut stinkt mal wieder! Da ist Regen zu erwarten.“

Anemonen und Veilchen, Holunder und Schlehen, Kirschblüten, Gras und Laub – das sind die am weitest verbreiteten und aussagekräftigsten Wetterpropheten unter den Frühlingsblumen. Sie alle weisen wie drei Wegweiser in drei Richtungen. Auf eine bevorstehende Wetteränderung, auf den Ertrag der Ernte und auf die Art des Winters.

Manche Blumen sind ideale Barometerpflanzen: Sie messen den Luftdruck und den Feuchtigkeitsgehalt der Atmosphäre und übertreffen für kurzfristige Voraussagen sogar unsere modernen technischen Hilfsmittel. Es ist wirklich so, dass manche Pflanzen durch hygroskopisches Öffnen und Schließen der Blüten trockenes oder nasses Wetter ankündigen.

Waldgeißblatt und Nachtviolen reagieren nicht hygroskopisch, sondern odorisch: sie duften besonders stark, wenn Schlechtwetter im Anzug ist.

Es gibt auch eine „Sonnenuhr“ unter den Wildpflanzen. Es ist die Wegwarte, deren azurblauen Blüten sich haargenau nach dem Stand der Sonne drehen.

Der Sauerklee öffnet am Morgen seine Blüten nur, wenn schönes Wetter in Aussicht ist. Bei bevorstehendem Regen stellt er die Blattstiele steil empor, so dass sie wie ein aufgespannter Regenschirm aussehen. Er wird im Volksmund deshalb Wetterhahn genannt. Ähnlich verhält sich die Malve.

Aus der Fülle der Bauernregeln über „Wetterpflanzen“ nehmen wir einige heraus:

„Schön Wetter künden die Anemonen, wenn sie ihre Blüten weit öffnen; schlechtes, wenn sie ihre Kronen geschlossen halten.“ „Die blauen Veilchen frage, wann nahen die warmen Tage.“ „Wenn Regen bevorsteht, schließt der Ackergauchheil seine winzigen, roten Blüten.“ Man nennt ihn daher auch gerne Regenblume, Gewitterblume und Schönwetterblume. „Wenn das Buschwindröschen seine weißen Blütensterne glockenförmig verschließt, das kurzlebige Hungerblümchen seine Blätter herabhängen lässt und die Sumpfdotterblume ihre Blätter zusammenzieht, so ist regnerisches oder trübes Wetter zu erwarten.“

„Wenn die Apfelblüten blüh’n, soll der Ofen wieder glüh’n.“ „Wenn der Flieder langsam verblüht, die Ernte sich lang hinzieht.“ „Wenn der Flieder verblüht schnell, so geht’s mit der Ernte rasch von der Stell.“ „Solange im Mai der Holunder nicht ausschlägt, ist noch Frost zu befürchten.“ „Wenn der Holunder blüht, so blühen auch die Reben.“ „Wie der Holunder blüht, Rebe auch und Lieb erglüht; blühen beide im Vollmondschein, gibt’s viel Glück und guten Wein.“ „Wie die Kirschblüt’, so die Wein- und Kornblüt’.“ „Eine gute Kirschblüte tut sagen, dass wir auch gute Wein- und Kornblüte haben.“ „Wenn der Kirschbaum zwischen zwei Lichtern am Neumond blüht, gibt es keine Kirschen.“

„Je früher der Schlehdorn blüht, je zeit’ger der Schnitter zur Ernte zieht.“ „Steht der Schlehdorn früh im Blütenschein, wird vor Jakobi die Ernte sein.“ „Wenn die Schlehdorn blicken, muss man die Handschuh noch mal flicken.“ „Wenn die Veilchen früh blüh’n, kommt auch der Kuckuck früh.“ „Wenn die Veilchen früh ihren Duft versprüh’n, so kommt ein warmer Frühling.“

Man kann sich denken, wie wichtig das Wetter für die Bauern war. Schließlich hing davon ihre Ernte ab. Und was wäre besser geeignet und schöner anzusehen gewesen, als die Blumen, um sich eine Vorhersage einzuholen. Die Vielfalt der Sprichwörter und Bauernregeln zeugt davon, dass die Menschen über lange Zeit hin genau das gemacht haben.

Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis

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