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Das Wunder der Nacht: Lernen im Schlaf

Einfach einschlafen und eine neue Sprache lernen? Nie wieder Vokabeln pauken, sondern sie nebenbei im Schlummermodus im Gehirn verankern? Schön wär’s. Leider klappt das nicht. Ums Büffeln kommen wir nicht herum. Wir können unsere Schlafenszeit aber trotzdem höchst effektiv fürs Lernen nutzen, indem wir auf guten Schlaf achten.

Schlaf ist kein Energiesparprozess, wie lange angenommen wurde. Im Gegenteil: Wir verbrauchen nachts sogar recht viel Energie – zum einen für körperliche Vorgänge wie Muskelwachstum, Proteinbildung, die Entstehung von neuem Blut und neuen Körperzellen, zum anderen aber auch für die Arbeit des Gehirns. Nicht nur in unserem Körper ist nachts einiges los. Auch der Kopf arbeitet auf Hochtouren. Das Gehirn kann erst so richtig viel schaffen, wenn das Bewusstsein im Tiefschlaf ausgeschaltet ist. Dann werden wir sogar kreativ und fangen an, alles, was wir am Tag erlebt haben, wie ein Computer in diversen Ordnern abzulegen.

Aufräumen in der Nacht

Tagsüber schwappen ständig Informationen herein, die wir aufnehmen und erst einmal in einen Zwischenspeicher packen. In der Nacht wird das Material dann vom Hippocampus in den Langzeitspeicher (Neokortex) übertragen. Und nicht nur das: Während der Übertragung läuft auch so etwas wie ein Bewertungsprogramm. Was ist wichtig? Was muss ich mir merken? Was kann weg? In dieser Zeit entstehen Strukturen und ein entscheidender Lernschritt wird vollbracht: der Übergang von Informationen, die wir gehört haben, in Wissen, das wir explizit verstehen. Erst wenn wir Gelerntes auf diese Weise bearbeitet haben, können wir uns auch Tage, Wochen oder Monate später noch daran erinnern.

Den Lernstoff verfestigen

Im Wachzustand könnte das Gehirn diese sagenhafte Leistung gar nicht vollbringen, weil es ständig von äußeren Reizen und Gedanken abgelenkt wird, die einfach dazwischenfunken und sich nicht bewusst ausblenden lassen.

Vieles, was wir am Tag nicht schaffen, nehmen wir auf diese Weise mit in die Nacht, um da ein kleines Wunder zu erleben. Plötzlich lassen sich Aufgaben lösen, die uns im Wachzustand große Probleme bereitet haben. Das hat vor allem für Lernende einen großen Vorteil: Der tagsüber gelernte Stoff wird über Nacht verfestigt und im Kopf verankert.

Lernen im Schlaf?

Doch das heißt leider nicht, dass wir uns auf Büchern betten sollten, uns nachts mit Grammatikregeln berieseln lassen oder den Lernstoff mit Musik untermalt aufnehmen können, ohne uns anzustrengen. Solche Versprechen sind meist Werbetricks von Firmen, die Kurse, CDs oder Programme wie „Lernen im Schlaf“ verkaufen wollen und behaupten, man könne zum Beispiel Sprachen lernen, die einem in der Nacht von einer sanften Tonbandstimme ins Ohr geflötet werden. In wissenschaftlichen Untersuchungen kam heraus, dass das nicht funktioniert. Denn unser Gehirn ist so stark von der Außenwelt abgeschottet, dass Reize von außen kaum zu ihm durchdringen können. Es hilft also alles nichts. Wer etwas lernen will, muss weiterhin büffeln, sollte sich aber unterstützen lassen, indem er in Lernphasen auf ausreichend und guten Schlaf achtet.

Schlafen macht schlau

Schon bei Babys lässt sich feststellen, wie wichtig der Schlaf fürs Lernen ist. Wissenschaftler zeigten 16 Monate alten Kindern Bilder von Fantasieobjekten und nannten jeweils Namen dazu, die die Kinder vorher nicht gehört hatten. Ähnliche Formen erhielten dieselben Namen. Eine Babygruppe durfte danach im Kinderwagen schlafen, die andere Gruppe spielte. Als die Wissenschaftler die Bilder anschließend noch einmal zeigten, hatten die wach gebliebenen Kinder die Wörter dazu vergessen, die Mitglieder der Schlafgruppe konnten sich aber daran erinnern. Fazit: Wer nach einer Lernphase gut schläft, kann sich das Gelernte besser merken. Untersuchungen mit Schulkindern kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Weil Kinder von Natur aus mehr Tiefschlafphasen haben, erzielten sie nach dem Schlafen in Vergleichstests sogar bessere Lernergebnisse als Erwachsene.

Den Schlaf-Lern-Prozess fördern

Im Tiefschlaf erzielt unser Gedächtnis seine besten Leistungen. Kein Wunder, dass aus dieser Tatsache der Wunsch entstand, genau diese Phasen zu verstärken, um Lernstoff besser behalten zu können. Forscher der Universität Zürich versetzten eine Gruppe von Probanden im Schlaflabor während eines eineinhalbstündigen Mittagsschlafs mithilfe von Hypnose in den Tiefschlaf und ließen die andere Gruppe ganz normal schlummern. Anhand von Messungen stellten sie fest, dass die hypnotisierte Gruppe tatsächlich einen um 80 Prozent erhöhten Anteil an Tiefschlaf hatte und seltener wach war. Die Schlafqualität lässt sich offenbar auch ohne Medikamente verbessern.

Mein besonderer Tipp

Nickerchen nach dem Pauken

Für eine Studie sollten deutsche Studenten niederländische Vokabeln lernen, die sie vorher nie gehört hatten. Die eine Hälfte durfte danach schlafen und beim Einschlafen die gelernten Wörter noch einmal per Audio hören, während die andere Hälfte ebenfalls die Audiodateien hörte, aber danach nicht ins Bett durfte. Beim Test um zwei Uhr in der Nacht schnitten die Studenten, die beim Einschlafen Vokabeln hören durften, besser ab als die, die dabei wach bleiben mussten. Verzichten Sie also niemals auf Schlaf, weil Sie für eine Prüfung lernen müssen und keine Minute mehr ohne Paukerei verbringen wollen. Im Gegenteil: Ein kleines Nickerchen nach einer Lerneinheit verbessert den Lernerfolg. Gerade Gelerntes wird sortiert, verankert und so Platz für Neues geschaffen.

Es gibt noch andere Experimente, die bestätigen, dass sich der Schlaf-Lern-Prozess gezielt fördern lässt. Dabei spielen Düfte eine entscheidende Rolle. Offenbar sind wir dafür auch während des Schlafs empfänglich. In Tests zeigte sich, dass sich Menschen, die beim Memoryspielen am Tag und in der anschließenden Nacht den Duft von Rosen einatmeten, die Positionen der Paare besser merken konnten. Das lag nicht daran, dass sie besser schliefen, sondern dass der Duft offenbar das Gelernte im Gehirn aktiviert.

Meine sanfte Medizin für einen guten Schlaf

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