Читать книгу Meine sanfte Medizin für einen guten Schlaf - Dr. med. Franziska Rubin - Страница 9

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Die Nacht ist nur zum Schlafen da

Ohne dass wir bewusst etwas dazu beitragen, ist nachts viel los im Körper. Unser Organismus hat reichlich zu tun. Er muss erneuern, entgiften und auftanken. Auch das Gehirn arbeitet auf Hochtouren; es sortiert, kontrolliert, lässt uns träumen und besser lernen. Ohne die wichtigen nächtlichen Erneuerungsprozesse würden wir nicht lange überleben.

Auch wenn es nicht danach aussieht: Es passiert sehr viel, während wir schlafen. Wir verbrauchen dabei fast genauso viel Energie wie am Tag. Da wird regeneriert und repariert, verdaut und entsorgt, was das Zeug hält. Und alles ohne unser bewusstes Dabeisein. Wir können nicht einmal den Augenblick des Einschlafens wahrnehmen. Wenn der Moment gekommen ist, geht es blitzschnell. Danach wechseln sich verschiedene Schlafphasen ab (siehe hier).

Reparatur in der Nachtschicht

Wir können länger ohne Nahrung als ohne Schlaf auskommen. Denn im Schlaf finden unzählige lebenswichtige Erneuerungs-, Verarbeitungs- und Entgiftungsprozesse statt. Gesteuert werden sie durch Botenstoffe und Hormone. Die zeitlichen Abläufe folgen Vorgaben der inneren Uhr. Nachts ist also ordentlich was los.

Das Gehirn räumt auf

Schlafen und Träumen sind eigene Bewusstseinszustände. Die Kontrollfunktion des Gehirns tritt in den Hintergrund, um Eindrücke des Tages verarbeiten und ordnen zu können. In den Tiefschlafphasen arbeitet unser Gehirn für die Gedächtnisbildung. Es ist dabei fast so emsig wie im Wachzustand. Erlerntes und Erlebtes wird in das Langzeitgedächtnis übertragen. Studien haben gezeigt, dass Menschen mit gestörter Tiefschlafphase über eine stark verminderte Lern- und Merkfähigkeit verfügen. Das zeigt deutlich den Zusammenhang von Schlaf und Lernen. Außerdem wird nachts Platz geschaffen, um am nächsten Tag neue Informationen speichern zu können. Dafür schrumpfen Verbindungen zwischen den Nervenzellen, sogenannte Synapsen, um etwa 20 Prozent.

Zudem läuft im Schlaf ein Reinigungsprogramm ab, das giftige Abfälle des Gehirnstoffwechsels entsorgt. Experten halten es für wahrscheinlich, dass einige dieser nicht entsorgten Abbau- und Abfallstoffe für die Entstehung der Parkinson- und der Alzheimer-Erkrankung mitverantwortlich sind. Ein internationales Forschungsteam der Stony-Brooke-Universität in New York fand heraus, dass Schlafen in der Seitenlage bei Tieren im Labor dazu führte, dass sie Stoffwechselendprodukte besser eliminieren konnten. Die Forscher folgerten: Eventuell lässt sich auch für den Menschen das Alzheimer- und Parkinsonrisiko verringern, wenn er auf der Seite schläft.

Der Körper im Energiesparmodus

Wenn wir schlafen, ist der Herzschlag verlangsamt, der Blutdruck sinkt und die Atmung ist flacher. Die Schwerarbeiter des Tages, die Muskeln, erschlaffen und auch der Magen ist im Ruhemodus. Er produziert kaum Magensäure. Auch für die Wärmeproduktion wird weniger Energie benötigt, da die Körpertemperatur im Schlaf um etwa 0,4 °C sinkt.

Schönheitsschlaf gibt es: Haben wir gut geschlafen, sehen wir entspannt aus, weil unser Körper über Nacht regenerieren konnte.

Neubau, Umbau, Abbau

Das Wachstumshormon läuft im Schlaf zur Hochform auf. Es wird auch Growth Hormone (GH) genannt und macht seinem Namen alle Ehre. GH ist für Wachstum und Reifung nahezu aller Gewebe, einschließlich des Längenwachstums in der Kindheit, erforderlich. Deshalb sollten Kinder altersgemäß ausreichend schlafen.Doch auch später hat das Wachstumshormon noch große Bedeutung. Es reguliert Stoffwechselvorgänge wie die Blutzuckerbildung ebenso wie den Fettabbau oder den Knochen- und Muskelaufbau. Außerdem sorgt es dafür, dass Gewebe repariert wird und die Körperzellen regenerieren. Weil diese Wachstums- und Regenerationsprozesse viel Energie brauchen, finden sie vor allem in der Nacht statt. Dann wird nämlich besonders viel Wachstumshormon produziert.

Schlafen für die Schönheit

Das Wachstumshormon sorgt auch für eine Glättung der Haut, durch eine ausreichende Verteilung von Gewebswasser. Das Gesicht profitiert davon besonders. Ausgeruhte Menschen wirken frischer als unausgeschlafene. Und sie wirken attraktiver auf andere Menschen, wie eine schwedische Studie belegt. Auch die Bandscheiben, unsere Stoßdämpfer, erholen sich im Liegen und nehmen vermehrt Flüssigkeit auf. Deshalb sind wir morgens etwa 2 Zentimeter größer.

Das Immunsystem tankt auf

Nicht umsonst heißt es, Schlaf ist die beste Medizin. Nachts kommt auch das Immunsystem auf Touren. Denn jetzt wird für andere Körpervorgänge wie Bewegung oder Denken weniger Energie gebraucht. Es werden in großer Zahl immunaktive Stoffe ausgeschüttet. Ohne dass wir es merken, bekämpfen sie Krankmacher und ersticken so viele kleinere Infektionen im Keim. Dafür benötigt das Immunsystem etwa fünf Stunden in der Nacht. Umgekehrt signalisiert der Körper bei einer Infektion ein erhöhtes Schlafbedürfnis. Dem sollte man unbedingt nachgeben und sich im wahrsten Sinne des Wortes gesund schlafen.

Kein Hunger in der Nacht

Das Schlafhormon Melatonin macht uns nicht nur müde, es senkt ebenso die Ausschüttung von Insulin. Ein nachtbetontes Leben stört diesen Rhythmus empfindlich.

Auch Leptin, das Hormon für das Sättigungsgefühl, wird im Schlaf produziert und reduziert die Ausschüttung von Ghrelin, welches wiederum für Hungergefühle zuständig ist. Werden diese fein regulierten Systeme durcheinandergebracht, bleibt das nicht ohne Folgen. Menschen mit wenig Schlaf oder mit häufigen nächtlichen Tätigkeiten haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, übergewichtig zu werden beziehungsweise Diabetes Typ 2 zu entwickeln.

Die Schlafphasen

Die Schlafkurve ähnelt einer Berg- und Talfahrt, die sich mehrmals in der Nacht wiederholt, allerdings mit kleinen Veränderungen zum Morgen hin. Ein Zyklus beginnt mit Leichtschlafphasen, die allmählich in den Tiefschlaf übergehen. Dann folgt der Traumschlaf, die REM-Phase, benannt nach den charakteristischen schnellen Augenbewegungen (Rapid Eye Movement). Die erste REM-Phase beträgt nur wenige Minuten. Im Lauf der Nacht werden die Traumschlafphasen länger und die Tiefschlafphasen kürzer. Durchschnittlich verbringen wir 20 Prozent der Nacht im Tiefschlaf, 20 Prozent im Traumschlaf (REM-Schlaf) und über 50 Prozent im Leichtschlaf, Dösen oder in kurzen Momenten des Wachseins, die bis zu 28-mal den Schlaf unterbrechen können.


Die Schlafmedizin unterteilt den Schlaf in fünf Phasen:

Phase 1: EinschlafphaseDie Muskeln entspannen sich, Körpertemperatur und Blutdruck sinken.
Phase 2: leichter SchlafAlle Muskeln sind entspannt, auch die Augen bewegen sich nicht mehr.
Phase 3: leichter TiefschlafÜbergang in den Tiefschlaf, die Gehirnaktivität verlangsamt sich stark.
Phase 4: TiefschlafEine tiefe körperliche Ruhe tritt ein, Atmung und Herzschlag sind gleichmäßig.
Phase 5: TraumschlafDas Gehirn zeigt eine erhöhte Aktivität, schnelle Augenbewegungen (REM-Schlaf), die Atmung ist flach, die Herzfrequenz schnell.

Reinigung und Verdauung

In der nächtlichen Chemiefabrik wird auch entgiftet und verdaut. Einige dieser Stoffe werden nachts mit etwa einem halben Liter Schweiß über die Haut abgegeben. Den Rest dieser „Arbeitsergebnisse“ entsorgen wir morgens auf der Toilette.

Schlafmangel und seine Folgen

Die hochsensibel aufeinander abgestimmten nächtlichen Rhythmen können kurzfristige Störungen tolerieren, doch ein ständiges Durcheinander führt zu gesundheitlichen und psychischen Problemen. Wer schlecht schläft, fühlt sich mehr als doppelt so häufig erschöpft wie Menschen mit einem gesunden Schlaf (44 zu 21 Prozent), gereizt (33 zu neun Prozent) und niedergeschlagen (21 zu sechs Prozent). Auch die geistige Leistungsfähigkeit leidet. Der renommierte Schlafforscher Jürgen Zulley drückt es ziemlich drastisch aus: „Schlafmangel macht krank, dick und dumm.“

Die fünf Phasen der Nacht

Die erste Phase, unsere Einschlafphase, die in einen leichten Schlaf führt, ist eine sehr empfindliche kurze Zeit. Bereits leise Geräusche holen uns zurück in den wachen Zustand, den wir gerade verlassen hatten. Es ist ein angenehmes Gefühl – wie ein Schwerwerden und Fallen. Kein Wunder, dass so mancher bei einer Störung in dieser Phase sauer wird: „Ärgerlich, ich war gerade eingeschlafen.“ Der Körper wechselt in den Ruhemodus. Der Pulsschlag verlangsamt sich, Blutdruck und Temperatur sinken. Das merken wir, wenn wir zwischendurch mal auf dem Sofa einschlafen und schnell nach einer Decke greifen, weil es kühler wird. Die Einschlafphase dauert nur ein paar Minuten.

Die zweite Phase beginnt, wenn das Einschlafen geschafft ist. Jetzt befinden wir uns in einem leichten Schlaf. Das Gehirn arbeitet nicht mehr mit voller Kraft, sondern schaltet das Bewusstsein ab. Die Gehirnaktivitäten beschränken sich nur noch auf niedrige Frequenzen. Die Muskeln sind komplett entspannt und die Augen bewegen sich auch nicht mehr. Der Wechsel ins Reich der Ruhe ist vollbracht.

Höhepunkt Tiefschlafphase

Jetzt tauchen wir ab in die beiden Tiefschlafphasen. Es beginnt mit Phase drei (leichter Tiefschlaf), die durch eine Zunahme der langsamen Deltawellen (20 bis 50 Prozent) und damit einer Verlangsamung der Gehirnaktivität gekennzeichnet ist. Die Augen sind ganz ruhig, die Muskeln noch weiter entspannt, Herzschlag und Atmung sind verlangsamt. Jetzt folgt Phase vier. Sie unterscheidet sich vom leichteren Tiefschlaf dadurch, dass die langsamen Deltawellen nun mehr als 50 Prozent ausmachen. Der Tiefschlaf (Phase drei und vier) ist die wertvollste Zeit für die körperliche und geistige Erholung. Wir sind jetzt sehr schwer zu wecken. Rabiat aus dem Schlaf geholt, wissen wir erst einmal gar nicht, was los ist.

REM-Phase: Zeit der Träume

In der fünften Phase verändert sich der Schlaf. Jetzt beginnt eine intensive Zeit, denn obwohl wir schlafen, ist im Körper einiges los. Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt und die Augen begeben sich auf Wanderschaft. Hinter den geschlossenen Lidern rollen sie hin und her. In dieser Rapid-Eye-Movement-Phase (REM-Phase) erleben wir die intensivsten Träume. Wer jetzt geweckt wird, weiß meist sehr genau, was er geträumt hat.

Meine sanfte Medizin für einen guten Schlaf

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