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DIE GENE – DIE BASIS ALLER PRÄGUNG

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Wir kommen nackt auf die Welt, ohne die Fähigkeit zu flüchten – oder gar bewusst zu denken. Aber: Vom ersten Moment an, den wir leben – ob im Mutterleib oder schließlich an der Luft, im Bettchen, im Kinderwagen, auf dem Spielplatz –, »weiß« unser Körper, wie er sich entwickeln muss, was er dafür an Nahrung braucht – und wie er sie bekommen kann.

Dieses »Wissen« ist in unserem Erbgut gespeichert, unserer DNA. Als riesige Moleküle im Zellkern speichert die DNA eine Art Bauplan für uns Menschen, mit allen Informationen, die die Zelle braucht, um Baumaterial zu bilden, aus dem sich unser Körper zusammensetzt. Ganz ähnlich wie bei einer Geheimsprache, in der einzelne Abschnitte bestimmte Informationen tragen, lässt sich auch die DNA in sogenannte »Sequenzen« aufteilen: die Gene. Sie kodieren über spezifische molekulare Strukturen Informationen, aus denen im Zellplasma unter anderem Eiweiße und andere Substanzen entstehen, die den Betrieb des Körpers gewährleisten. Mit ihren beinahe ungezählten Formen und Funktionen bilden diese Proteine die Grundbausteine des Lebens. So bestehen etwa Herz, Gehirn und Haut hauptsächlich aus speziellen Eiweißen, andere wiederum sind als Enzyme dafür verantwortlich, Nahrung aufzuspalten – oder beschleunigen chemische Reaktionen im Körper.

Die Gene machen uns also zu dem Menschen, der wir sind. Sie stecken den Rahmen ab, innerhalb dessen wir uns entwickeln. Sorgen etwa dafür, dass uns Beine und Arme wachsen, dass wir denken können und Nahrung verdauen, dass wir ein Immunsystem haben als mächtigen Helfer im Kampf gegen Krankheitserreger. Das Spannende: Das Erbgut von uns Menschen ist zu 99,7 Prozent identisch. Eine 30-jährige Lehrerin aus Hamburg teilt also die allermeisten ihrer Gene mit der Schülerin aus Peking oder dem Greis aus Santa Monica. In gerade einmal 0,3 Prozent unterscheiden wir uns genetisch – der Grund, warum die einen von uns blaue Augen haben und die anderen braune, warum der eine zwei Meter groß werden kann und der andere nur 1,55 Meter. Und auch in Sachen Ernährung erklären die Gene Phänomene, die viele von uns umtreiben: etwa warum der eine sich nach einem Teller Pasta satt fühlt und der andere erst nach zwei – und wieso einigen ein Glas Bier genügt zum Minirausch, andere aber selbst nach zwei Schnäpsen kaum beschwipst sind.

Was die Unterschiede noch belegen: Unser Genpool ist nichts Fixes, nichts, das – einmal entwickelt – auf ewig gleich bliebe. Und das ist auch gut so. Nur dadurch haben wir als Art überhaupt die Chance, uns anzupassen, sollten sich die Gegebenheiten ändern. Etwa wenn aufgrund eines wärmeren Klimas plötzlich andere Pflanzen wachsen.

Die nächsten Seiten sollen zeigen, wie stark die Evolution und die von ihr hervorgebrachten Gene unser Essverhalten bis heute prägen. Sie werden danach wissen, warum wir Menschen so ziemlich alles verdauen können, was neben uns auf der Erde lebt – und warum genau das einer der Gründe dafür ist, dass wir die ganze Welt bevölkern. Zudem werden Sie erkennen, wie stark unser evolutionäres Erbe das alltägliche Essverhalten prägt. Und erfahren, wie nicht nur die Evolution uns in Sachen Ernährung programmiert – sondern wie sich bestimmte Vorlieben und Mechanismen bereits über eine Generation hinweg übertragen. Wieso wir also nicht nur das genetische Erbe unserer Vorfahren aus der Steinzeit in uns tragen, sondern sich auch der Lebensstil und die Ernährungsweise unserer Eltern buchstäblich in uns einprägen, indem eine Art Schnellschuss-Evolution im Zeitraffer bestimmt, welche Gene angeschaltet werden und welche nicht.

Die Macht der ersten 1000 Tage

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