Читать книгу Ich träum von dir... - Ellen Sommer - Страница 15
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Oma ging es schon deutlich besser als gestern und sie durfte morgen auf jeden Fall heim. „Selma holt mich ab, dann hast du keine Umstände. Wenn du morgen aus der Schule heimkommst, bin ich bestimmt schon da“, informierte sie mich. „Oma du hast mir gestern ganz schön Sorgen gemacht, mach das bitte nicht noch mal“, entgegnete ich. „Du musst auch morgen nicht gleich wieder kochen. Die Ärztin hat gestern gesagt, dass du es ganz langsam angehen lassen sollst. Ich kann uns Pfannkuchen zum Mittagessen machen oder Grießbrei. Da bin ich richtig gut drin.“ Oma lächelte still vor sich hin und nickte. Im nächsten Moment ging die Tür auf und Selma und Luise kamen herein, mit einem riesigen Blumenstrauß für Oma. Ich ging auf den Flur raus und suchte nach Vasen. „Kann ich Ihnen helfen?“, sprach mich ein junger Arzt an. Es war zum Glück nicht schon wieder der picklige Assistenzarzt aus der Chirurgie, sondern ein viel jüngerer. „Ähm, ja, ich suche eine Vase.“ Er zeigte Richtung Ende des Flurs. „Sehen Sie, da vorne, die grüne Lampe? Darunter ist ein Vasenschrank.“ Ich dankte ihm und machte mich auf den Weg, den Gang runter. Plötzlich ging rechts von mir eine Tür auf und es wurde hektisch ein Bett auf den Gang geschoben, sodass ich mich mit einem Hechtsprung zur Seite retten musste und dabei gegen einen Infusionsständer stieß, der umzukippen drohte. Ich hielt mich an ihm fest, er rutschte auf den Rollen aber zur Seite weg und ich verlor das Gleichgewicht. Bevor ich auf dem Boden aufschlug, spürte ich einen festen Griff an meinem rechten Arm und fand mich im nächsten Moment in den Armen des jungen Assistenzarztes wieder. „Upsi“, mehr konnte ich in der Situation nicht sagen. Er hatte mich mit einem stuntmanreifen Hechtsprung gerettet und hielt mich jetzt grade so aufrecht. Ich schloss meine Augen und wünschte mich ganz, ganz weit weg! Am liebsten nach Landshut… Das war mir jetzt s u p e r p e i n l i c h ! So was Doofes konnte auch nur mir passieren. „Beim Vasenholen fast verunglückt“ – ich sah mich schon auf der Titelseite der Bildzeitung. Der junge Mann ließ mich jetzt los und schaute mich prüfend an: „Geht’s wieder?“ Im gleichen Moment meckerte die Schwester los, die mich mit dem Bett fast umgefahren hatte: „Hallo, könnten Sie vielleicht mal zur Seite, Sie stehen im Weg und ich muss hier jetzt schleunigst durch!“ Statt sich zu entschuldigen! Das fand ich dann schon ziemlich dreist, aber ich war so baff, dass mir auf die Schnelle keine passende Erwiderung einfiel. „Schwester Frieda, Ihnen ist schon klar, dass Sie hier die junge Frau grad fast über den Haufen gefahren hätten?“, belehrte Dr. Ulrich sie. Ich hatte nur seinen Vornamen lesen können, bevor er sich umdrehte und mit der Schwester sprach. „Soll das Mädel halt aufpassen und nicht so vor sich hinträumen“, wetterte Schwester Frieda weiter. Mir reichte es für heute definitiv wieder mit dem Krankenhaus. Ich wollte jetzt einfach nur die blöde Vase finden und dann heim. Ich bedankte mich bei Dr. Ulrich und wollte schon los zu den Vasen, als er mich noch mal am Arm zurückhielt und mich ganz intensiv anguckte: „Haben wir uns nicht irgendwo schon mal gesehen? Sie kenne ich doch!“, fragte er und schaute mich ganz komisch an, so als ob er mich nicht richtig zuordnen könnte. Komischer Typ, dachte ich. Ich schüttelte meinen Kopf: „Nicht, dass ich wüsste. Trotzdem, danke für den Hechtsprung.“ Ich musste grinsen, weil er plötzlich ganz irritiert war, dass ich jetzt einfach so gehen wollte. Blöde Anmache! Ich ließ ihn einfach stehen und holte die Vase. Bis ich wieder zurückkam, war er schon angefunkt worden und musste schleunigst ans Telefon. Ich brachte Oma die Vase und Selma und Luise wollten wissen, wo ich denn so lange gewesen sei. „Ist ein langer Weg bis zu dem Vasenschrank. Lang und gefährlich“, klärte ich sie auf und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Oma, ich würde dann jetzt mal heimfahren, denn ich habe noch ziemlich viele Vokabeln bis morgen auf. Du hast ja jetzt noch ein bisschen Gesellschaft. Ist das okay für dich?“ Oma nickte übereifrig. Vermutlich hatten sie noch ganz wichtige Gespräche zu führen und waren froh, mich los zu sein. Ich trat diesmal ganz vorsichtig vor die Tür und schaute nach rechts und links bevor ich Richtung Treppenhaus losging. Bei meinem Glück heute würde vermutlich der Aufzug steckenbleiben und das wollte ich nicht riskieren. Ich hielt mich diesmal in der Mitte des Ganges, um bei einer erneuten Attacke von Schwester Frieda weit genug von den Türen weg zu sein. Zum Glück begegnete mir auch Dr. Ulrich nicht mehr. Daheim probierte ich gleich, Chris zu erreichen. Er ging aber nicht an sein Handy. Ich beschloss, im Haus etwas zu saugen und zu putzen, damit Oma nicht morgen gleich Stress machte und dabei hörte ich mein Handy nicht, als Chris zurückrief. Erst abends erwischte ich ihn und wir quatschten noch ein bisschen vor dem Einschlafen. Ich merkte, dass ich ganz schön groggy vom Hausputz war und legte, zu Chris Enttäuschung, bald schon auf. Den dummen Spruch von Dr. Ulrich erwähnte ich sicherheitshalber einmal nicht.