Читать книгу Ich träum von dir... - Ellen Sommer - Страница 22
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Lille
Wir fuhren mit Chris Motorrad nach Düsseldorf. Oma dachte, wir würden die S-Bahn nehmen. Ich war total aufgeregt. Chris hatte darauf bestanden, dass ich mir seine alte Lederkluft anzog. Ich war so was von froh, dass ich mich doch gegen die Kombi Minirock und Strumpfhose entschieden, sondern schwarze Jeans mit Top und Stiefeln gewählt hatte. So passte ich deutlich besser in den Overall. Ich kam mir vor, wie ein Marshmallowmännchen, auch wenn das Ding eher eng ansaß, als gepolstert war. „Chris, wann hattest du denn diese todschicke Kombi an?“, zog ich ihn auf. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass er jemals in diese lila-schwarz-weiße Scheußlichkeit gepasst hat. Chris grinste. „Nur kurz, während ich den Führerschein gemacht habe. Irgendwie bin ich den Anzug selbst bei Ebay nicht mehr losgeworden.“ „Ist ja auch eher eine Mädchenkombi, als was für Jungs.“ Chris nickte: „Ist mir aber erst aufgefallen, als ich die Lederkluft schon auf dem Flohmarkt gekauft hatte.“ Ich schaute ihn an. In Jeans und schwarzer Motorradjacke sah er jedenfalls richtig heiß aus. Seine Schultern wirkten so auch noch breiter, als sie sowieso schon waren. „Und du hast hier wirklich mal reingepasst?“ Ich schüttelte ganz verwundert den Kopf. „War ein bisschen eng an den Schultern, aber für die Prüfung hat es gereicht und das war ja die Hauptsache. Außerdem steht die Kombi dir irgendwie gut.“ Das glaubte ich ihm jetzt nicht wirklich, aber ich wollte das Kompliment auch nicht abweisen. „Sag mal, gibt es auch was Warmes gegen den Fahrtwind?“ Chris lachte: „Du wirst sehen, der Anzug hält schön warm, auch wenn er nicht so aussieht.“ Die Handschuhe, die er mir in die Hand drückte, hätte man prima zur Mondlandung verwenden können - ich hatte schwere Sorgen, dass sie mir vom Fahrtwind von den Fingern gerissen würden. Sie waren so groß, dass ich eigentlich beide Hände in einen stecken könnte, nur hätte ich mich dann nicht bei Chris festhalten können. Chris konnte sein Lachen kaum unterdrücken. „Willst du doch lieber mit der S-Bahn fahren?“ Ich schüttelte den Kopf. Nach Plan wäre es extrem knapp gewesen und womöglich hätten wir vor Konzertende losgemusst, um noch rechtzeitig die letzte Bahn aus Düsseldorf zu erwischen. So wären wir viel flexibler. Chris hatte schon gefragt, wann ich denn spätestens daheim sein müsste. Oma war heute ganz großzügig mit der Ausgehzeit gewesen und so hatte ich bis Mitternacht rausschlagen können. Und das an einem Montag! Chris drückte mir noch den Helm in die Hand und gab mir einen Kuss. Dann starteten wir. Es war zwar eigentlich nicht weit bis Düsseldorf, aber 30 km mit dem Motorrad, also eine gute halbe Stunde, im November, waren nicht ohne. Ein Glück, dass es heute nicht so kalt war, sondern sogar Plusgrade herrschten. Ich klammerte mich an Chris fest und hatte nach kurzer Zeit das Gefühl, ich wäre an ihm festgewachsen. Chris lachte, als er abstieg: „War die Fahrt so schlimm, Lille?“ Ich schüttelte den Kopf und versuchte, die Blutzirkulation in meinen Händen wieder anzukurbeln. Chris grinste: „Zwischendurch dachte ich, du brichst mir die Rippen!“ Ich war entsetzt: „So schlimm? Sorry, das wollte ich nicht. Du bist aber auch ganz schön schnell gefahren, zwischendurch. Ich hatte ziemliche Panik!“ Chris nahm mich in die Arme: „Ich verspreche, auf dem Rückweg langsamer zu fahren. Eigentlich bin ich nicht schneller gefahren, als erlaubt…“ Das hatte sich hinter ihm ganz anders angefühlt. Ich war mir nicht so ganz sicher, ob die Fahrt mit der S-Bahn nicht lebensverlängernder gewesen wäre.
Gut, dass Oma nichts davon wusste, dass wir mit dem Motorrad gefahren waren. Ich hatte ganz weiche Knie. „Meinst du, ich kann diesen Overall irgendwo abgeben?“ Chris nickte. „Es gibt eine Garderobe. Da können wir auch die Helme abgeben.“ Wir stellten uns an. Obwohl das Konzert schon um 19 Uhr losging, standen noch immer eine ganze Menge Leute an. „Da mögen wohl einige andere auch die Vorband nicht so“, stellte Chris fest. Ich nickte. Wir waren uns auch einig gewesen, dass wir vor 20 Uhr gar nicht dort sein müssten. Es dauerte zum Glück nicht lange, bis wir tatsächlich in der „Philipshalle“ waren. Chris erklärte mir, dass die Halle Anfang des Jahres umbenannt wurde, er den neuen Namen aber so bescheuert fand, dass er immer noch den alten verwendete. Nachdem ich bisher noch beide Namen nicht gehört und auch noch nie hier gewesen war, war mir das ziemlich egal. Das Konzert war einfach nur genial. Wir hatten ziemlich weit vorne Plätze und Chris strahlte mich zwischendurch immer wieder an. Ich fand es total schön, wenn er mich in seine Arme nahm und mit mir im Takt der Musik tanzte. So hätte ich bis morgen früh durchtanzen können. Vor allem das Lied „This Is The Life“ hätte ich auch in der „Extended Version“ noch mindestens dreimal hören können. Leider war um 21.30 Uhr schon Schluss. Es gab auch nur eine Zugabe und ich war irgendwie enttäuscht. Das war es jetzt schon? Chris strahlte wie ein Honigkuchenpferd, als er unsere Sachen an der Garderobe in Empfang nahm und ich fragte mich, wieso er so gute Laune hatte? „Hat dir das Konzert nicht gefallen?“, fragte ich ihn vorsichtig. „Doch, sehr und dir?“, fragte er gut gelaunt zurück. „Ja, doch, aber viel zu kurz.“ Chris grinste. „Ich finde das gut!“ „Wieso?“ „Na, weil wir dann nachher noch fast 2 Stunden für UNS haben!“ Und er nahm mich in seine Arme. Ah! Jetzt kapierte ich und hatte wohl noch nie so schnell meine Motorradsachen angezogen. Wir flitzten zu seiner Suzi und Chris fuhr los. Anders als mit dem Auto kamen wir super voran und waren tatsächlich um kurz nach 10 schon in seiner WG. Carlos und Matthis waren heute Abend bei Freunden und Chris küsste mich von der Haustür bis zu seinem Zimmer. Mir wurde ganz warm. Wow; der Junge konnte küssen. „Ähm, stellst du gleich wieder deinen Wecker, damit ich auf keinen Fall zu spät heimkomme?“ Er grinste. Das habe ich vorhin schon gemacht. Oh, da hatte ja mal richtig jemand mitgedacht. Es gab nichts Besseres, als einen mitdenkenden Freund, fand ich. Er schälte mich ganz schnell aus diesem peinlichen Overall und ich war froh, dass ich mit meinen Sachen nicht so dämlich aussah. Chris hatte unter seiner Lederjacke nur ein schwarzes Shirt an und ich war, wie jedes Mal, hin und weg, wenn ich ihn in einem kurzärmligen Shirt sah. Kam im Winter ja leider nicht allzu oft vor und beim Handballtraining konnte ich ihn natürlich nicht so ausführlich anschauen, wie jetzt hier. Chris zog mich an sich. Ich kuschelte mich an ihn und genoss es, in seinen Armen zu sein.