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Reibereien in der Kabine

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Wenn man bei großen Turnieren derart viele Stunden zusammen in einem Raum verbringt, der zwei mal drei Meter groß ist, gehören auch kleinere Reibereien mit zum Alltag. Bei der letzten Weltmeisterschaft 2016 haben Shorty Seyler und ich rund 90 Stunden in 14 Tagen gemeinsam kommentiert. Mit Roland Scholten waren es vor ein paar Jahren rund 50 Stunden in zwei Wochen. Auch nicht schlecht. Was beim Zuschauer dann teilweise als Spaß rüberkommt, ist manchmal gar nicht so spaßig gemeint. Bei Roland und mir hat es mal während des World Grand Prix ordentlich gebrodelt. Das war am Viertelfinalabend 2012, als Brendan Dolan gegen Justin Pipe spielte. Ich halte es für wichtig, dass man sich bei so viel Live-Strecke auch selber immer wieder reflektiert. In einer Turnierwoche höre ich mir immer längere Passagen des Kommentars einfach nochmal an. Es gibt immer Momente in der Live-Situation, bei denen du dir unsicher bist, ob eine Aussage oder ein flapsiger Spruch beim Zuschauer richtig angekommen ist. Ich hatte Roland damals auch ein Feedback zu seinem Kommentar gegeben – ich fand, dass er teilweise zu viel redete. Wenn man vier, fünf Stunden am Stück kommentiert, braucht es auch mal Phasen, in denen der Zuschauer Dinge für sich bewerten kann. Er will nicht immer unseren Senf dazu hören. Und das ist gerade zu zweit manchmal schwierig. Wenn ich also den Eindruck habe, jetzt täte Ruhe gut, muss das der Experte noch lange nicht genauso empfinden. Vielleicht betrachtet er mein Schweigen sogar als Aufforderung zu reden, weil ich ja gerade nichts sage. Mit meiner Kritik konnte Roland jedenfalls nicht umgehen. Er war eingeschnappt. Vielleicht hatte ich auch nicht die richtigen Worte gewählt. Roland meinte auf jeden Fall: „O.K., dann werde ich gar nichts mehr sagen.“ Wir mussten aber eine halbe Stunde nach unserem Gespräch gemeinsam die nächste Session kommentieren. Und schlecht gelaunte Kommentatoren hat der TV-Zuschauer nicht verdient. Wir setzten uns rund eine Viertelstunde vor Sendungsbeginn an unseren Kommentatorenplatz. Die Luft brannte. Kein Wort, weder von mir noch von ihm. Irgendwann wurden wir runtergezählt, und dann ging die wilde Fahrt mit dem Opening los. Ich begrüßte die Zuschauer und natürlich auch Roland. Er antwortete knapp, dann machte er seine Ankündigung wahr und sagte nichts mehr. Zuschauer schrieben uns E-Mails und fragten, ob Roland noch da sei? Er war noch da und schaute sich die Partie an. Ich dachte in den ersten Minuten noch: O.k., wenn du nichts sagen willst, dann nicht. Dass er sein Schweigen rund 20 Minuten durchziehen würde, damit hatte ich, ehrlich gesagt, nicht gerechnet. Als es dann endlich in die Werbung ging, fragte ich ihn ein bisschen gereizt, ob er sich noch am Kommentar beteiligen wolle. Er sagte, es sei in interessantes Match. Er könne dazu jetzt jedoch nicht viel sagen, er würde schauen. „Wenn du zuschauen willst, sitzt du auf dem falschen Stuhl“, antwortete ich. „Dann gehörst du auf ein Sofa, wie die anderen Zuschauer auch! Hier sitzen Reporter, die werden fürs Reden bezahlt!“ Nach der Werbung ging es mit der Übertragung weiter, und irgendwann normalisierte sich die Situation.

Nicht dass da ein falscher Eindruck entsteht – die meiste Zeit, also ein paar Hundert Stunden lang, hatten wir einfach nur Spaß beim gemeinsamen Kommentieren. Das haben die Zuschauer gemerkt. Für mich war die Zeit mit Roland auch deshalb spannend, weil ich sehr gut mitbekam, wie er als Spieler verschiedene Situation einordnete. Da ich selber nie ernsthaft Darts gespielt habe, hat es mir geholfen, ein besseres Gefühl für Darts, für Matchverläufe zu bekommen. Roland und ich hatten privat wenig Kontakt, aber wir sahen uns durch die regelmäßigen Übertragungen ja berufsbedingt viele Tage im Jahr. Inzwischen ist er für den niederländischen Sender RTL7 im Einsatz. Da er dort auch teilweise vor der Kamera sitzt, war es für ihn finanziell einfach interessanter. Er fand Sponsoren und verdient nun mehr Geld. An die Zeit mit Roland denke ich sehr gerne zurück.

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