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Nacht im Turm

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Mit flinken Schritten hüpfte Xenia den Turm hinauf zur Kammer ihrer Großmutter. Sie fand die alte Frau mit einem Buch beim Feuer sitzend und lesend. »Setz dich zu mir«, forderte Zussa ihre Enkeltochter auf. »Erzähl mir, was es Neues gibt.«

»Nichts, Großmutter«, murmelte Xenia. »Leider.« Sie hockte sich neben sie und schmiegte den Kopf an ihre Beine. Zussa legte das Buch beiseite und strich ihr mit dünner Hand über das Haar. »Wenn sie klug ist, fliegt sie nicht in der Dunkelheit. Du weißt, Florine ist ein Vogel des Lichts!«

»Das ist es nicht, Großmutter«, sagte Xenia und spürte, wie ihr etwas den Hals zuschnürte. »Ich fühle, dass etwas nicht in Ordnung ist. Florine ist in Schwierigkeiten.«

Die alte Frau nickte. »Ja«, flüsterte sie. »Du hast Recht. Ich spüre es auch.« Trotz des Kummers, der in ihren Worten mitschwang, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Wie ähnlich ihr das Mädchen doch war. Sie erinnerte sich, wie sie selbst in Xenias Alter gewesen war, zwölf Jahre oder dreizehn. Damals hatte sie zum ersten Mal diese Ahnungen gehabt, die ihr später den Ruf eingetragen hatten, eine Hexe zu sein. Sie hatte vor den anderen gewusst, wenn das Wetter umschlagen würde, sie hatte die Ankunft Reisender verkündet, noch ehe sie vor der Brücke aufgetaucht waren, und den Funken erkannt, der den Brand entzündete, noch ehe er ausgebrochen war.

Eine Weile blickten sie schweigend ins Feuer, dessen Flammen blau tänzelten. Es war nicht der erste gefährliche Flug, zu dem sich Florine bereit erklärt hatte. Doch es war der weiteste. Von Schloss Falkenhorst bis nach Toss waren es für einen Reisenden zu Fuß mehrere Tagesmärsche, für einen Vogel immerhin eine Strecke, die einige Stunden in Anspruch nahm. Als Florine losgeflogen war, war es bereits Nachmittag gewesen. Sie war also vielleicht noch bei Tageslicht in Toss angekommen.

Hatte sie Marius angetroffen? Hatte sie ihn warnen können? Saß sie nun im Schutz der alten Hütte in Toss und wartete auf das Morgengrauen, um den Rückflug antreten zu können? Oder war etwas geschehen, was sie alle nicht vorausgesehen hatten? Würde Marius kommen und ihnen helfen? Oder lag er gerade in diesem Moment ahnungslos in seinem Bett und die Schlinge zog sich um ihn zu?

Denn so viel stand fest: Marius hatte Crudos Pläne schon einmal durchkreuzt. Der Schwarze Graf würde sich an ihm rächen, jetzt, da er aus dem Kerker entkommen war. Marius schwebte in höchster Gefahr!

Die Stunde des Narren

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