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6. Gleichbehandlung bei generellen Gehaltserhöhungen a) Voraussetzungen
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Trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit, kann sich ein Gehaltserhöhungsanspruch eines AT-Angestellten aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben. Dies gilt dann, wenn der Arbeitgeber Leistungen an eine Gruppe begünstigter Arbeitnehmer nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt.47 Der Arbeitgeber muss dabei freiwillig und damit ohne rechtliche Verpflichtung über die Vertragserfüllung hinaus Leistungen gewähren. Hieran fehlt es, wenn der Arbeitgeber bei der Gehaltserhöhung für andere AT-Angestellte lediglich normative oder vertragliche Verpflichtungen erfüllt.48
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Wenn ein Arbeitgeber zu einem bestimmten Zeitpunkt die Vergütungen der tariflichen und der meisten außertariflichen Beschäftigten erhöht und in den Erhöhungen auch ein Mindest- oder Grundbetrag zum Ausgleich gestiegener Lebenshaltungskosten enthalten ist, findet der Gleichbehandlungsgrundsatz Anwendung.49 Erhöht der Arbeitgeber die Gehälter der ganz überwiegenden Mehrheit der Gesamtbelegschaft (hier 80 bis 90 %) regelmäßig über mehrere Jahre, spreche sogar eine tatsächliche Vermutung dafür, dass in diesen Erhöhungen ein Grundbetrag zum Ausgleich des Kaufkraftverlustes enthalten sei, auch wenn die Erhöhungen in individuell unterschiedlicher Höhe und zu unterschiedlichen Zeitpunkten durchgeführt wurden.50 Dient die Lohnerhöhung (auch) dem Zweck des Ausgleichs der Verteuerung der Lebenshaltungskosten, darf weder die Gruppe der außertariflichen Beschäftigten noch ein AT-Angestellter ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes insoweit ausgeschlossen werden.51
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Selbst wenn Lohn- und Gehaltserhöhungen für außertarifliche Angestellte daher vorrangig nach Leistungsgesichtspunkten erfolgen, steht auf dem Prüfstand, ob eine kollektive, lineare Komponente in Form eines Mindest- oder Grundbetrages als Ausgleich für die Steigerung des Lohn- und Preisniveaus darin enthalten ist, auf den der AT-Angestellte einen Anspruch hat.
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Die Gerichte haben dabei über das Vorliegen einer Regelhaftigkeit und die Schätzung der Höhe des enthaltenen Grundbetrages, dessen Obergrenze der Lebenshaltungskostenanstieg sein wird, zu entscheiden.
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Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet zwar keine Anwendung, wenn es sich um individuell vereinbarte Löhne und Gehälter handelt und der Arbeitgeber nur einzelne Arbeitnehmer besserstellt.52 Der Anwendungsbereich dieser Regelung ist aber deutlich eingeschränkt. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit findet nur noch dann Anwendung, wenn ein Arbeitgeber Entgelte losgelöst von Vergütungssystemen und von jeglicher Systematik individuell mit dem außertariflichen Mitarbeiter frei verhandelt oder einen Einzelnen gegenüber einem Vergütungssystem individuell besserstellt.53 Der Gleichbehandlungsgrundsatz kommt hiernach nicht zur Anwendung, wenn der Arbeitgeber nur eine geringe Zahl von Arbeitnehmern begünstig wird. Eine Besserstellung einer kleinen Gruppe von Arbeitnehmern lasse in der Regel nicht den Schluss zu, die Beklagte habe eine Gruppenbildung nach einem oder mehreren Kriterien vorgenommen, die bei allen Begünstigten vorliegt.54 Dies soll nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts bei weniger als fünf Prozent von besser gestellten Arbeitnehmern gelten.55 Die vorgenannten Grundsätze finden nicht nur für freiwillige Leistungen, sondern auch für Arbeitsvergütung Anwendung.56