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Maschine Medizin

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2003 traf Dietrich Grönemeyer den Nerv der Zeit, als er mit seinem Buch Mensch bleiben: High Tech und Herz – eine liebevolle Medizin ist keine Utopie einen Bestseller landete. Er schrieb: „Wir müssen wieder dazu kommen, Dinge zusammenzusehen, die man nicht auseinanderreißen darf: Mensch – Mitmensch – Gesundheit – Medizin – Kultur und globale Welt.“

Leidenschaftlich prangert er an, wie Apparate den menschlichen Kontakt zum Arzt ersetzen, und fordert dazu auf, Hightech mit emotionaler Wärme zu verbinden. Menschen fühlen sich allein gelassen und der Apparatemedizin ausgeliefert. Tatsächlich kommt die herkömmliche Schulmedizin oft mit Untersuchungen, Befunden und Blutanalysen aus. Die Person des Patienten, seine Geschichte und seine Selbstwahrnehmung spielen selten eine ernsthafte Rolle, stattdessen wird sein „Fall“ nach Zahlen und Techniken behandelt.

Man kann sich schon wie ein rohes Stück Fleisch fühlen, wenn man durch all diese Geräte geschleust wird. Wilhelm Doerr hat dazu schon 1972 formuliert: „An der Wirklichkeit des kranken Menschen gemessen ist die streng kausal-naturwissenschaftliche Medizin … nicht ein Bild dessen, was wirklich ist. Dies bedeutet, dass die naturwissenschaftlichen Daten alle richtig sind, das ausschließlich hierauf begründete Bild des Menschen aber doch falsch ist.“13

Georg Schiffner, selbst Internist, drückte es bei seinem Vortrag während des besagten Wochenendes für Kranke und Angehörige so aus: „In einer rein auf den körperlichen Horizont begrenzten Sicht der Medizin droht der Kranke als Person hinter Untersuchungsbefunden, Laborwerten, medizinischen Daten und so weiter verloren zu gehen.“

Die Journalistin Karin Spaink attestiert dem Medizinbetrieb „Sprachlosigkeit“ und „Gefühlsanalphabetismus“, und beschreibt diese Maschinerie als „zweite Enteignung des Körpers“.14

Der Psychologe Horst-Eberhard Richter schrieb schon in den Siebzigerjahren: „Das Klinikleben wird durch Prozesse bestimmt, die vorrangig dafür sorgen, dass die Patienten für die Verarbeitung und Auswertung durch eine Fülle von Geräten zubereitet und diesen fließbandartig überstellt werden.“15 Für die Patienten bedeutet das: „Natürlich ist den Menschen in den Krankenhausbetten auch irgendwie zumute. Sie grübeln, was aus ihnen, ihrer Arbeit, ihren Familien wird … Sie sehnen sich nach Ermutigung, um ihren Willen zum Gesundwerden und zur eigenständigen Lösung ihrer Probleme zu stärken. Aber zunächst geht es ihnen einfach darum, dass sie überhaupt in der Armseligkeit ihres Krankseins menschliche Nähe und Teilnahme spüren können. Sie möchten merken, dass sie hier auch eine Person sind, für die man sich interessiert und die man achtet … Es ist für sie kränkend, nur in einer möglichst handlichen und reibungslosen Weise mitfunktionieren zu sollen. Aber in der Regel wird ihnen die Einsicht nicht erspart, dass im Klinikbetrieb nur ihre ‚Maschine Organismus‘ wichtig ist.“16

Ungemütliche Einsichten

Eine große Zahl von Krankheiten ist noch unzureichend erforscht.

Gegen viele Krankheiten gibt es noch keine wirksame Therapie.

Es entstehen immer neue Krankheiten.

Manche Krankheiten sind schwierig zu diagnostizieren.

Ärzte wissen nicht alles, haben unterschiedliche Ansichten und machen Fehler (= sind Menschen).

Ärzte kennen sich mit Menschen manchmal nicht so gut aus.

Manche Medikamente haben heftige Nebenwirkungen.

Manche Untersuchungen sind sehr unangenehm.

Viele Therapien haben keine Erfolgsgarantie.

Ärzte haben wenig Zeit und müssen rechnen.

Krankenkassen müssen rechnen.

Medikamentenherstellung ist ein Wirtschaftszweig.

Manche Entscheidungen über spezielle Behandlungen nimmt Ihnen niemand ab.

Wie ein Schmetterling im Käfig

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