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Im Dschungel der Therapieangebote

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Kommen wir zum fünften Szenario:

Der Facharzt, an den Sie überwiesen wurden, ist sehr an Ihrem Fall interessiert. Immer neue Untersuchungen und Therapien werden vorgenommen. Irgendwann fragen Sie sich, wem hier eigentlich mehr gedient wird: der Wissenschaft, der Pharmaindustrie oder Ihrer Gesundheit.

Medizin wird – wie alle anderen Lebensbereiche auch – immer kommerzieller. Alles muss sich rechnen aufseiten der Krankenkassen, der Ärzte und des Staates. Die Pharmaindustrie ist ein mächtiger Wirtschaftszweig, der wie alle anderen versucht, mit gutem Marketing möglichst viel und einträglich zu verkaufen. Dabei kommt es leider nicht immer auf die Nützlichkeit der Medikamente an.

Manche Krankheiten werden sogar künstlich erfunden, wie Jörg Blech 2004 in seinem Buch Die Krankheitserfinder – Wie wir zu Patienten gemacht werden dargestellt hat. Er hat recherchiert, wie neue Krankheiten definiert werden, indem ein Befund, der früher als normal galt, als krankheitswertig erklärt wird. Alle Menschen, die in diesem Bereich liegen, werden plötzlich als behandlungsbedürftig angesehen. Ein bekanntes Beispiel ist der Cholesterinwert. Blech zeigt in seinem Buch, dass die Änderungen der Regelwertgrenzen oft mit der Entwicklung der entsprechenden Medikamente einhergehen. Krankheiten werden kreiert, damit Arzneien, die Abhilfe schaffen können, überhaupt erst auf den Markt gebracht werden können.17 2014 hat Blech übrigens nachgelegt mit dem Buch Die Psychofalle – Wie die Seelenindustrie uns zu Patienten macht, in dem er aufzeigt, wie auch im psychologischen Bereich willkürlich neue Diagnosen kreiert werden und viele Menschen unnötig für psychisch „krank“ erklärt werden.

So haben Sie also die Nase voll von der Geschäftemacherei und suchen sich einen Arzt, der sich auf Naturheilkunde versteht. Doch Sie müssen feststellen, dass es hier ganz ähnlich zugeht. Unüberschaubar viele Hersteller bieten ihre Produkte an und jeder will Sie davon überzeugen, dass Sie etwas verpassen, wenn Sie seine Angebote nicht wenigstens einmal ausprobieren.

Ständig neue Modewellen rollen über den Gesundheitsmarkt hinweg, zum Beispiel in Form von Nahrungsergänzungsmitteln und Wellnessprodukten. Erst schwor man auf Grapefruit, dann auf Teebaumöl, dann war Aloe vera in aller Munde und allen Regalen. Zurzeit sind es die verschiedensten Multivitamin- und -mineralienpräparate, deren Wirkung recht unterschiedlich ausfallen kann: Manche finden durch das Angebot an Vitalstoffen zu gesundheitlicher Stabilität zurück, andere merken gar nichts und bei schweren Erkrankungen können leider auch diese Produkte zu sehr unerwünschten Entwicklungen führen, da auch diese eigentlich „guten“ Dinge den Organismus überfordern, wenn er sie verarbeiten soll.

Behandlungsangebote wie Darmspülungen, Sauerstofftherapie, Bioenergetik und Entgiftungskuren hören sich alle irgendwie gut an. Darüber hinaus findet sich zu jeder Kur wenigstens eine Person, die sie sehr empfehlen kann. Doch das geht alles ganz schön auf den Geldbeutel. Wenn Sie dann einmal kritisch nachfragen, bekommen Sie wahrscheinlich den Satz zu hören: „Ihre Gesundheit sollte Ihnen das wert sein.“ Manche Langzeitkranke sind durch immer neue Therapieversuche regelrecht verarmt, weil sie „erst mal wieder gesund werden“ wollten. Außerdem können manche harmlos klingenden Behandlungen richtig heftig nach hinten losgehen, zum Beispiel Entgiftungsversuche. Je schlimmer der Gesundheitszustand, desto größer das Risiko, dass Therapieversuche den Körper überfordern und man in der sogenannten Erstverschlechterung stecken bleibt, auf die man dann meist hingewiesen wird.

Andere steigen tiefer ein in die Alternativmedizin und versuchen es mit Homöopathie, Akupunktur und Bachblüten. Die völlig anderen Heilungskonzepte verwirren sie und sie fragen sich, ob das alles nicht nur „Hokuspokus“ ist. Sie haben davon gehört, dass manche „Heil“-Methoden tief in religiöse Praktiken einführen, die zum Teil zu realem Kontakt mit Mächten führen, die es nicht gut mit ihnen meinen. Tatsächlich ist die Grenze zwischen natürlicher Anwendung und übernatürlicher Beeinflussung oft nicht leicht zu ziehen, weil viele Anbieter aus dem esoterischen Bereich kommen und ihr Vokabular entsprechend gefärbt ist. Manch einer sträubt sich, eine Therapie zu wählen, die seine kosmischen Energien auffrischen will, obwohl damit auch ganz normale Gesundungsprozesse gemeint sein können. Andere „spirituelle“ Angebote führen tatsächlich in dunkle Sphären und tiefe Abhängigkeiten von Gurus und auch dahinterstehenden Mächten, wie Menschen immer wieder berichten, die sich daraus befreien konnten.18

So befinden Sie sich also in diesem Dschungel und fragen sich, wie Sie sich durch das Dickicht schlagen und die essbaren Früchte von den ungenießbaren und von den Schlingpflanzen unterscheiden sollen. Dazu müssen Sie den zu erhoffenden Nutzen mit den zu erwartenden Kosten abwägen: Welchen Aufwand kostet die Therapie? Gibt es Nebenwirkungen zu erwarten, wollen Sie diese in Kauf nehmen? Und wie sieht es auf der finanziellen Seite aus? – Viele Fragen, die Sie eigentlich kaum alleine lösen können. Umso wichtiger ist es, einen Arzt an der Hand zu haben, dem Sie vertrauen können.

Wie ein Schmetterling im Käfig

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