Читать книгу Seewölfe Paket 33 - Fred McMason - Страница 25
1.
ОглавлениеKapitän Miguel Pigatto, ein muffiger Querkopf mit stechendem Blick und unangenehmen Launen, verstand es, seinen Leuten derartige Gedanken auszutreiben, in dem er sie bis zum Umfallen schuften ließ. Mit jedem Tag kehrte er mehr den Schinder heraus, den die Crew allmählich zu hassen lernte.
Mario Morales, im Begriff, in den Wanten des Großmastes aufzuentern, spuckte wütend aus, als der Kapitän unter ihm wieder neue Befehle brüllte.
„Sklaventreiber“, murmelte er heiser und mit ausgedörrter Kehle. „Die Krätze wünsche ich dir an den Hals!“
Für die Dauer einiger Atemzüge verschwammen der Mast und die Taue vor seinen Augen. Instinktiv klammerte sich Mario an den Webeleinen fest, den dünnen, geteerten Tauen, mit denen die Wanten horizontal ausgewebt waren, so daß Stufen entstanden. Ihm brach der Schweiß aus allen Poren, im nächsten Moment begann er verkrampft zu zittern. In seinen Eingeweiden schienen Dolche zu bohren. Jeder dieser Anfälle war schlimmer als der vorangegangene, und die Abstände zwischen ihnen immer kürzer.
Morales atmete kurz und hastig, um das Prickeln zu vertreiben, das sich in seinem Brustkorb ausbreitete. Aber diesmal wollte es ihm nicht gelingen. Sein Kopf fiel nach hinten. Ein knackendes Geräusch im Nacken löste einen zweiten Schweißausbruch aus. Trotz seiner Benommenheit fühlte der Decksmann, daß seine feuchten Hände abglitten. Mit letzter Kraft warf er sich wieder nach vorn und hakte die Arme bis zu den Ellenbogen in die Webeleinen ein. Die Wanten waren steif durchgeholt und prellten ihn bretthart zurück.
Verzweifelt kämpfte er gegen die Übelkeit an. Alles um ihn herum war in einem wilden Reigen begriffen – Spieren und Taue, Segel und sogar die Decksplanken verschmolzen zu einem Wirbel von Sinneseindrücken, die er nicht mehr auseinanderzuhalten vermochte.
Dröhnend pochte das Blut durch seine Adern. Mario stieß einen halb erstickten Aufschrei aus und sackte in sich zusammen. Daß auf der Kuhl Männer aufmerksam wurden und zu ihm aufenterten, bemerkte er schon nicht mehr.
„Morales soll sich zusammennehmen!“ brüllte Kapitän Pigatto vom Achterdeck her. „Verdammt, tut denn neuerdings jeder, was er will?“
Jorge Zapata, ebenfalls Decksmann, turnte über das Besanstengestag heran. Er war als erster bei Morales und schaffte es gerade noch, ihn am Kragen zu packen. Augenblicke später erhielt er Unterstützung von den anderen.
„Vorsicht!“ sagte er warnend. „Mario ist ein schwerer Brocken.“
Das stimmte allerdings. Morales war ein Fleischkloß, nicht sehr groß, aber stämmig, mit einem Schmerbauch, der weit über den Gürtel hing, und aufgequollenem Gesicht. Während der letzten Monate hatte er sich zusehends zu seinem Nachteil verändert, war noch fetter geworden als früher, und unter seinen ungepflegt wirkenden Bartstoppeln zeichnete sich ein bläulichrot aufgeplatztes Adernetz ab. Die kleinen, unruhig blickenden Augen lagen tief in den Höhlen. Sie waren von dunklen Ringen gezeichnet.
Besinnungslos hing er wie ein nasser Sandsack in den Wanten. Endlich schlug jemand ein Tau an und verknotete das eine Ende in mehrfachen Schlägen unter Morales’ Achseln. Auf diese Weise fierten die Männer ihn ab wie eine sperrige Last.
Kapitän Pigatto hatte seinen Platz auf dem Achterdeck verlassen und stieg auf die Kuhl hinunter.
„Was ist mit ihm?“ fragte er.
Sein Tonfall ließ weniger Sorge um die Gesundheit seiner Leute erkennen als vielmehr um den raschen Fortgang der Arbeiten im stehenden Gut. Einige Pardunen – Hanftaue, die die Stengen seitwärts und schräg nach achtern abstagten – waren mürbe geworden und drohten beim nächsten Sturm zu brechen. Nur fragte die Crew sich, ob das angekokelte Tauwerk aus der Vorpiek, das Pigatto durchholen ließ, tatsächlich mehr Vertrauen in seine Haltbarkeit verdiente.
Die Männer zögerten mit der Antwort. Schließlich war nicht zu übersehen, daß Morales schlichtweg abgenippelt war. Jorge Zapata schlug dem Bewußtlosen mit der flachen Hand ins Gesicht.
„Seid ihr schwerhörig?“ rief der Kapitän wütend.
„Morales ist krank“, sagte endlich Juan Barbara, der Segelmacher.
„Krank?“ Pigatto schnaubte verächtlich. „Überfressen hat er sich. Der Kerl wird jeden Tag fetter, kein Wunder, daß er die Arbeit nicht verträgt.“
„Sie tun ihm unrecht, Capitán“, widersprach Zapata.
„Ich weiß, was ich sehe.“
„Kaum ein Tag vergeht, an dem sich Mario nicht erbricht.“
Der Kapitän vollführte eine unmißverständlich herrische Handbewegung. „Das soll er mir selber sagen. Na los, holt ihn aus seinen faulen Träumen zurück!“
Juan Barbara kippte eine Pütz voll Seewasser über dem Bewußtlosen aus und reichte den Eimer zur Verschanzung weiter, damit die Männer dort ihn nochmals füllten.
Der zweite Schwall brachte Morales endlich so weit, daß er sich stöhnend herumwälzte.
Er schlug die Augen auf, sein Blick fiel auf den Kapitän, und noch halb wirr im Kopf, fragte er: „Bin ich in der Hölle?“
Das hätte er besser nicht getan, Miguel Pigatto hörte schlagartig auf, die aus seiner Knubbelnase herauswachsenden schwarzen Haare auszureißen. Drohend zog er die Brauen zusammen.
„Ich werde dir einheizen, Bursche, dir Feuer unter dem Arsch anzünden, daß du dir wünschen wirst, wirklich in der Hölle zu sein. Ist das klar?“
Morales nickte schwer.
„Bist du krank?“ fragte Pigatto lauernd.
Der Decksmann stieß einige hilfreiche Hände zur Seite und stemmte sich hoch.
„Es geht schon wieder“, sagte er.
„Das ist keine Antwort auf meine Frage. Bist du krank, Decksmann Morales?“
Mario zögerte. Dann schüttelte er stumm den Kopf.
„Dann verstehe ich nicht, was du auf der Kuhl zu suchen hast. Dein Platz ist in den Großstengewanten.“
Morales preßte die Lippen zusammen. Eine aschgraue Blässe überzog sein Gesicht, auf der Stirn perlten dicke Schweißtropfen, dennoch ging er schwankend zum Schanzkleid und schwang sich in die Wanten.
„Ihr anderen steht gefälligst nicht herum wie die Ölgötzen!“ Der Kapitän klatschte auffordernd in die Hände. „Soll ich euch ebenfalls auf den Sprung helfen?“
… ausnahmsweise keine besonderen Vorkommnisse, schrieb Philip Hasard Killigrew ins Logbuch der Schebecke und beendete damit die Eintragung. Sorgfältig verschloß er das Tintenfaß und verstaute den Federkiel.
Vorübergehend lehnte er sich zurück, verschränkte die Hände und lauschte den vielfältigen Geräuschen von Deck, die sich mit dem gleichmäßigen Rauschen des Kielwassers vermischten.
Der Atlantik zeigte sich von seiner ruhigen Seite. Ein handiger Wind ließ die Schatzgaleonen und ihre drei Begleitschiffe mit guter Fahrt nahezu exakt auf Nordkurs segeln. Die Azoren lagen hinter ihnen. Die letzte Positionsbestimmung hatte ergeben, daß der 40. Breitengrad überschritten war. Momentan befand sich der Konvoi ungefähr auf der Höhe von Madrid.
Hasard warf einen kurzen Blick aus dem geöffneten Fenster seiner Kammer. Die „Nuestra Señora de lagrimas“ lief querab und keine vierhundert Yards entfernt unter vollen Segeln. Ihrer kostbaren Ladung wegen lag sie ebenso wie die anderen neun spanischen Galeonen tief im Wasser. Achteraus folgten die „Patricia“ und die „Fortuna“.
Ein Lächeln entstand auf den Zügen des Seewolfs. Er dachte daran, welche Gründe umlaufen würden, sobald seine Flotte die Themsemündung erreichte. Angesichts der alles übertreffenden Schätze mußte die königliche Lissy schier aus dem Häuschen geraten. Dagegen verblaßten die „Überraschungen“, die Francis Drake von seinen Reisen mitgebracht hatte.
Aber bis dahin war noch ein langer und gefahrvoller Weg. Die Begegnung mit der spanischen Kriegskaravelle „El León“ unter Capitán José de Freitas und zuvor der Zwischenfall mit der schwer armierten „Aguila“ hatten gezeigt, daß es trotz aller Vorkehrungen keine absolute Sicherheit gab. Ein winziger Zufall konnte alles in Frage stellen.
Zumindest war der Schwelbrand auf der „Respeto“ gelöscht. Die Qualmwolke hätte sicher noch weitere ungebetene Gäste angelockt. Daß der Konvoi abseits der üblichen Routen segelte, war also kein Freibrief.
„Masten an der Kimm!“
Der Ruf schreckte den Seewolf aus seinen Überlegungen auf. Er griff sich den Kieker und eilte hinaus auf das Oberdeck.
Dan O’Flynn, der Mann mit den schärfsten Augen der Crew, stand an Steuerbord und blickte starr nach Osten. Die portugiesische Küste lag jedoch viel zu weit entfernt, als daß auch nur ein Hauch von ihr zu ahnen gewesen wäre.
Dan hörte am Klang der Schritte, daß der Seewolf neben ihn trat. Ohne sein Spektiv abzusetzen, sagte er: „Ein Dreimaster, Sir, eine Karavelle. Sie segelt auf Parallelkurs.“
„Wie lange schon?“
„Wenn ich das wüßte …“ Dan O’Flynn seufzte leise.
Durchs Spektiv zeigte sich die Kimm in leichtem Dunst, die Trennlinie zwischen Ozean und Himmel wirkte milchig verschwommen. Zum Teil vermischten sich das Blaugrau des Atlantiks und das Grau tiefhängender Wolkenbänke.
Hasard suchte den Horizont ab, ohne fündig zu werden. Erst nach eigner Weile entdeckte er den fahlen Punkt in der endlosen Wasserwüste.
„Ja, es ist eine Karavelle“, wiederholte Dan O’Flynn.
Egal ob es sich um Spanier, Portugiesen oder sonstwen handelte, wer immer querab segelte, hatte den Konvoi wohl kaum gesichtet. Trotzdem ließ Hasard Ruder legen und den Galeonen einen entsprechenden Befehl signalisieren. Wenig später liefen alle Schiffe nach Nordnordwest.
„Die Karavelle fällt ab“, meldete Dan. „Sie wäre um einiges schneller als wir.“
Er sah die Masten noch als winzige Striche am Horizont, als kein anderer mehr etwas wahrnahm. Danach waren die spanischen Seeleute und die Korsaren wieder allein.
Die Webeleinen verwandelten sich unter seinen Händen in züngelnde Nattern, die sich hartnäckig seinem Griff zu entwinden trachteten. Der Schweiß brach Morales aus allen Poren. Außerdem wurden die Schmerzen in seinem rechten Oberbauch wieder stärker, als durchbohre jemand mit glühenden Messern die Eingeweide.
Er biß die Zähne zusammen, damit er nicht laut aufschrie.
Weiter! drängte alles in ihm. Laß dir die Schwäche nicht anmerken! Hinauf in den Mars und dann in die Stengewanten!
Er war nicht krank. Das ganz bestimmt nicht. An seinem Zustand war vor allem Kapitän Pigatto schuld, schließlich hatte er zugelassen, daß die Rumvorräte von Bord geschafft worden waren. Seither verschlimmerte sich Marios Befinden mit jedem Tag. Kein Wunder, solange es nur abgestandenes, schales Wasser zu saufen gab. Damit löschte kein Seemann auf Dauer seinen Durst.
Mario fragte sich jedoch zunehmend häufiger, warum nicht auch die anderen solche Wirkungen zeigten.
Weiter!
Der Capitán brachte kein Verständnis für derartige Mangelerscheinungen auf. Er war einer von denen, die Wasser wie Wein soffen und vermutlich wegen der in ihrem Magen nistenden Läuse oft aufgekratzt wirkten. Wie ein Furz, der die Därme blähte, aber den Ausgang nicht fand. Der Vergleich, der sich ihm aufdrängte, erheiterte den Decksmann. Ein gequältes Lachen drang über seine Lippen.
Er hatte den unteren Rand des Marses fast erreicht, als ihn eine neue Schmerzwelle in die Wanten warf. Im Nu war er klatschnaß geschwitzt.
Er hörte seltsame, abgehackte, schrille Laute, aber er begriff nicht, daß er selbst sie ausstieß. Ein krampfhaftes Würgen ging von seinem Magen aus und abscheulich bittere Galle stieg in ihm hoch.
Seine Hände verkrampften sich um die Leinen. Aus eigener Kraft war er weder fähig, die beiden Schritte zu tun, die ihn von der viereckigen Bodenöffnung des Großmarses trennten, noch wieder abzuentern.
Diesmal verlor er nicht die Besinnung. Scheinbar eine kleine Ewigkeit verging, bis endlich Männer neben ihm waren, um ihm auf die Kuhl zu helfen. Mario Morales zitterte wie Espenlaub.
„Schafft ihn unter Deck!“ bestimmte Tomas d’Alvarez, der Bootsmann der „Respeto“. „Gebt ihm zu trinken und eine Extraration Pökelfleisch.“
Morales hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Zapata und der Segelmacher stützten ihn und führten ihn den engen Niedergang hinunter. Bis er in seiner Koje lag, schien das Schiff in einen Orkan geraten zu sein, so sehr drehte sich alles um ihn her.
„Mir war noch nie so mies.“ Er stammelte kurzatmig. „Das ist wie Sterben …“
Jorge Zapata musterte ihn halb besorgt, halb ungläubig. Daß ausgerechnet der stämmige Mario so etwas behauptete, wollte ihm nicht in den Sinn.
Juan Barbara brachte eine Kruke voll Trinkwasser und ein großes Stück Pökelfleisch.
Morales trank hastig. Er verschüttete so viel dabei, daß wohl nur ein kleiner Teil wirklich durch seine Kehle lief. Anschließend rülpste er laut und biß von dem Pökelfleisch ab, auf dem er herumkaute, als sei es zäh wie Leder.
Die Röte, die ihm jäh ins Gesicht schoß, wirkte nicht weniger unnatürlich als die vorangegangene Blässe. Morales wollte etwas sagen – er schaffte es nicht, denn von einem krampfhaften Würgen geschüttelt, übergab er sich.
„Was hat er?“ fragte Barbara überrascht.
Jorge Zapata zuckte mit den Schultern. Als er sich Morales wieder zuwandte, erschrak er. Der Decksmann hatte sich erneut verfärbt. Ein unnatürliches Gelb überzog seine Haut und ließ die Wangenknochen kantig aus dem sonst aufgequollenen Gesicht hervorstehen.
„Sieht nach Fischvergiftung aus“, sagte Zapata.
„Unsinn.“ Der Segelmacher winkte heftig ab. „Wir haben seit Tagen keinen Fisch gegessen.“
„Mario ist krank, sieh ihn dir an. Hoffentlich ist das nicht der Ausbruch einer Seuche, die uns alle erwischt.“
Zapata wollte einen Schritt beiseite treten, aber völlig unerwartet schossen Morales’ Hände vor und die Finger verkrampften sich in Jorges Hemd und um seinen Gürtel. Der Kranke entwickelte ungeahnte Kräfte, er zog Zapata einfach zu sich herunter.
„Du mußt mir helfen!“ raunte er.
Im letzten Moment fing Jorge sich an der Koje ab, sonst wäre er neben Morales auf die Decken gefallen.
Ohne darauf zu achten, fuhr Mario drängend fort: „Ich brauche Rum, Jorge. Das Wasser widert mich an.“
„Wir haben nicht ein Fäßchen mehr an Bord.“
„Ich weiß.“ Morales unterbrach sich gequält und rang nach Luft. Fahrig wischte er sich den Schweiß von der Stirn. „Du mußt mir eben welchen besorgen.“
„Das ist unmöglich.“ Jorge Zapata wollte sich erheben, aber der Kranke ließ ihn nicht los.
„Tu mir den Gefallen“, verlangte Morales.
„Der Kapitän läßt mich auspeitschen, wenn er mich erwischt.“
Abgesehen davon, daß die gelbe Gesichtsfarbe blieb, ließ allein schon der Gedanke an den Rum den Kranken sichtlich wieder aufleben. Sein Blick wanderte zu Juan Barbara hinüber.
„Du wirst an Deck gebraucht, ich kriege hier schon alles klar.“
Obwohl der Segelmacher verstand, daß Morales ihn nur loshaben wollte, drehte er auf dem Absatz um und verschwand.
Mario versuchte ein Grinsen. Sein Gesicht verzerrte sich zur Fratze.
„Ein Fäßchen Rum“, sagte er noch einmal eindringlich. „Mehr verlange ich nicht von dir. Das ist bestimmt ein akzeptables Angebot.“
„Akzeptabel?“ Jorge Zapata verstand tatsächlich nicht, auf was der Kranke hinauswollte.
„Eine Hand wäscht die andere. So ist das unter guten Freunden. Oder siehst du das anders?“
„Der Capitán hat angeordnet, sämtlichen Rum …“
„Scheiß drauf!“ Morales winkte heftig ab. „Eine Galeone ohne Rumvorräte ist ein halbes Totenschiff. Ich bin zu schwach, um allein zu einem der anderen Schiffe zu pullen …“
„Du redest im Fieber“, unterbrach ihn Zapata. „Ich werde dir jedenfalls nicht helfen und dabei die Peitsche riskieren.“
„Der Capitán hat auch das Rauchen verboten“, sagte Morales scharf. „Ich verstehe ohnehin nicht, wie ein vernünftig denkender Mensch den Qualm von brennendem Tabak in sich hineinschlucken kann.“
„Na und?“ Zapata gab sich arglos.
„Was meinst du“, fragte Morales lauernd, „wie viele Männer rauchen heimlich in der Vorpiek? Ich kenne einen.“
Jorge Zapatas Miene erstarrte zu Eis. Aber sein Gegenüber war noch nicht am Ende angelangt.
Erstaunlich munter fuhr er fort, und es war die Aussicht, endlich wieder Rum zu erhalten, die ihn neue Kräfte gewinnen ließ: „Der Capitán dürfte höchst erfreut sein, zu erfahren, daß du deine Pfeife noch längst nicht der See übergeben und daß du erst vor wenigen Stunden einen abscheulichen Tabakgeruch in der Achterpiek hinterlassen hast.“
Diesmal war es Zapata, der sich verfärbte. Er riß sich endlich los und griff nach dem Dolch hinter seinem Gürtel. Morales lachte überheblich.
„Das tust du nicht, Jorge, du bist kein Mörder – eher schon ein Brandstifter. Aber keine Sorge, kein Sterbenswort geht über meine Lippen, sofern du mir den Rum besorgst.“
Zapata kniff die Brauen zusammen. Nachdenklich musterte er den Mann, der jetzt die Hände hinter dem Kopf verschränkte und zu den Deckenbalken hinauf starrte.
„Warum hast du mich nicht verraten?“ fragte er.
„Wenn die Glut sich ausgebreitet hätte, wären wir abgesoffen“, sagte Morales. „Ich weiß das. Aber wir sind doch Freunde. Und Freunde helfen einander.“