Читать книгу Seewölfe Paket 33 - Fred McMason - Страница 41

8.

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Schweiß stand in großen Tropfen auf der Stirn und lief über das Gesicht. Der Mann fühlte, wie seine Haut zu Eis wurde. Er zitterte wie im Fieber. Sein Gesicht hatte eine grünliche Farbe angenommen. Übelkeit, Angst und die Furcht vor dem Untergang der Welt schüttelten ihn.

Hernando Ferrer lag auf den Knien, den Oberkörper auf der leeren Koje, sein Körper schüttelte sich.

Er betete vor Angst, ohne zu wissen, was er tat.

Aus der Tiefe des Schiffes dröhnten und krachten dumpfe Schläge. Jedes der unzähligen Stücke Holz, aus denen die „Aragon“ zusammengebaut war, rieb gegen ein anderes. Bald würde das Schiff auseinanderbrechen. Alle mußten ertrinken, auch er fand sein Ende in den kochenden, aufgewühlten Wellen des unendlichen Atlantiks.

Der Mönch schluchzte und betete. Er fühlte sein Ende nahen und starb halb vor Angst.

Zuerst, kurz nachdem sie die Bucht von Vigo verlassen und den Atlantik unter den Kiel genommen hatten, war es noch nicht so schlimm gewesen. Ihm war nur übel geworden. Was er gegessen hatte – ohnehin nicht viel, weil er fastete –, opferte er unter dem mitleidslosen Grinsen der Kerle den Fischen.

Je stärker der Wind wurde, je höher die Wellen gingen, und je mehr die Dünung die dickbauchige Galeone hob, den Wolken entgegen und senkte, bis tief unter die Wasserlinie, desto mehr nahmen Todesfurcht und Übelkeit zu. Er mußte sterben.

In der ersten Nacht hatte der Mönch kein Auge zugetan. Das Rauschen des Wassers, das schauerliche Heulen des Windes in den Segeln und dem Tauwerk, die ununterbrochenen Geräusche hielten ihn wach und führten ihm Stunde um Stunde vor Augen, daß ihn sein Glaube verlassen hatte.

„Herr! Hilf mir!“ bettelte er und versteckte sein Gesicht in den Händen. „Ich will noch nicht sterben.“

Das Schiff schwankte nach Steuerbord und nach Backbord, der Bug und das Heck hoben und senkten sich. Bei jedem Geräusch zuckte Hernando Ferrer zusammen und war sicher, daß die Planken auseinanderbrechen und die Masten abbrechen würden.

Das helle Sonnenlicht am Morgen hatte ihn ein wenig beruhigt. Er war müde geworden und ein paar Stunden in einen unruhigen Schlaf gefallen. Man weckte ihn, als das Seegefecht begann.

„Alle werden sie sterben“, wimmerte der Mönch leise. Er bedauerte jetzt unausgesetzt, daß ihn der Glaubenseifer auf das Schiff getrieben hatte.

Daß die Schiffe tatsächlich ausgelaufen waren, sich gesammelt hatten und angriffen, auch das war seine Schuld. Wieder beutelte ein Krampf seinen Körper.

„Keiner kehrt zurück. Ich sterbe“, ächzte er.

Der Mönch hatte zugesehen, wie die falschen Spanier die Schiffe binnen kurzer Zeit mit wenigen Schüssen zerstört hatten. Männer waren verletzt worden, andere Spanier starben, ein Schiff versank in der See. Seine Schuld! Der Sturm nahm zu, als die Sonne hinter den Regenwolken verschwand. Die Wellen wurden höher und rauher. Auch das heulende Gurgeln wurde lauter und schnitt in seine Seele wie die Verdammnis der Hölle.

Regen war vom Himmel geprasselt.

Die Wellen hämmerten gegen die Planken. Die große Kriegsgaleone war dem Wüten des tödlichen Meeres ausgesetzt wie ein Korken. Auf dem Niedergang vor der Kammer hörte der Mönch wuchtige Schritte schwerer Stiefel. Ein Säbel schlug gegen die hölzernen Verstrebungen. Capitán Torralba Valdez schob sich in den Raum.

„Nun, wie geht es Ihnen, Padre Ferrer?“ fragte er mit versteinerter Miene. „Es wird allmählich dunkel.“

„Noch eine Nacht ohne Schlaf“, ächzte der Mönch. Seine Zunge war wie taub, aus dem Magen stiegen ihm bittere Säfte in den Mund. „Ich muß sterben.“

„Ein Becher Wein wird Ihnen helfen“, versicherte Valdez.

„Nein. Bitte keinen Wein“, stöhnte Ferrer und fühlte, wie ihn eine Pranke unter der Achsel packte, hochzerrte und auf die Beine stellte. Er klammerte sich an irgendwelchen Griffen fest und schwankte. Seine Augen verdrehten sich.

„Dann einen Becher guten Rum. Er weckt Tote auf. Er hilft auch Jesuiten“, erklärte Capitán Valdez.

„Meinetwegen.“

Der Mönch schwankte, und ihm wurde nicht viel besser, als er auf den Beinen stand. Auch im Liegen war ihm speiübel. Er wollte wirklich sterben, und gleichzeitig wollte er leben. Er stierte aus roten Augen den Capitán an, der sich umgedreht hatte und mit einem Seemann sprach.

„Eine Karavelle ist gesunken, die andere wird sich mit Notrigg in den Hafen schleppen. Wir können angreifen, Hochwürden“, sagte der Capitán. Seinem Gesichtsausdruck war nicht zu entnehmen, was er dachte.

„Wie spät ist es?“ lallte der Mönch.

Ein Mann brachte einen Krug und mehrere Becher. Der Capitán dankte schroff und füllte einen Becher mit stark riechendem Rum. Er hielt das Gefäß, ohne in den harten Bewegungen des Schiffes auch nur einen Tropfen zu verschütten, dem Mönch entgegen.

Ferrer schloß die Augen und trank den Becher gottergeben in einem Schluck leer.

Ihm war, als brenne das Feuer der Hölle in seinen Eingeweiden. Er keuchte würgend und rang nach Luft. Seine Augen quollen aus den Höhlen. Er ließ die Griffe los und schüttelte sich.

„Wollen Sie mich – vergiften?“

„Es rettet Ihre Seele, Mönchlein“, erklärte der Capitán. Dann fügte er in rauher Sprache hinzu: „In zwei Stunden ist es finster wie im Loch. Ich vermag vieles, aber nicht in finsterer Nacht gegen drei oder mehr Schiffe kämpfen und siegen. Entscheiden Sie sich, Inquisitor.“

Noch immer schüttelte sich der Mönch unter dem Einfluß des starken Alkohols. Er deutete mit zwei Fingern senkrecht nach oben.

„Gehen wir hinauf. Was sagen Sie? Zwei Stunden?“

„Die Zeit wird immer kürzer. Ich sage, daß wir nicht siegen können. Es war von Anfang an ein rechter Unsinn und eine überflüssige Narretei. Gehen wir.“

Hernando Ferrer folgte dem breiten Rücken des Capitáns. Sie bewegten sich über schwankende Treppenstufen entlang knarrender Wände durch ein Inferno von Geräuschen bis auf das oberste und höchste Deck. Hier stürzte sich der Wind auf den schmächtigen Mönch, wirbelte ihn herum und warf ihn gegen den Capitán. Unter ihm erstreckte sich die tobende Masse ungeheurer Wellen. Es war kalt und feucht. Die Planken glänzten vor Nässe.

„Dort sind die falschen Spanier“, sagte der Capitán und deutete schräg voraus.

„Wo?“

„Sehen Sie genau hin. Drei gut bewaffnete Schiffe stürzen sich auf uns. Sie schießen uns in Fetzen, Hochwürden. Ganz gleich, ob es echte oder falsche Spanier sind.“

Der Mönch klammerte sich irgendwo fest und stemmte sich gegen den Sturm, der an seiner Kutte riß und zerrte. Noch immer brannten seine Eingeweide von dem starken Rum. Zunächst begriff er nicht, was er sah, dann aber fügten sich die Einzelheiten zu einem Bild, das auch er in seiner Unerfahrenheit verstand.

Dort segelten die Galeonen in einer Linie.

An dem hinteren Ende schoben sich die drei anderen Schiffe in schräger Staffelung durch die aufgewühlten Wellen und über die weißen Schaumkämme hinweg. Die Karavelle und die „Aragon“ segelten hintereinander weitab der vielen anderen Schiffe.

„Angreifen oder abdrehen?“ fragte der Capitán unerbittlich.

„Wieviel Zeit ist noch?“

„Reichlich eineinhalb Stunden“, entgegnete der Capitán. An Deck arbeiteten die Männer an den Segeln und richteten die Geschützrohre aus. Ferrer verstand nicht, wie sie sich auf dem schwankenden Schiff halten konnten. Er taumelte hilflos hin und her und klammerte sich an das Schanzkleid.

„In Gottes Namen“, brachte er schließlich hervor, „Capitán Valdez, ich meine, wir sollten angreifen, solange noch Tageslicht herrscht. Vielleicht sind wir erfolgreich und vernichten die Abgesandten der Hölle. Wenn nicht, dann drehen wir ab und segeln zurück nach Vigo.“

Er sog keuchend die feuchte, kalte Luft ein und wischte mit dem weiten Ärmel seiner braunen Kutte über sein Gesicht.

„Das ist ein Wort“, erwiderte grimmig der Kommandant der „Aragon“. „Und weiter?“

„Die zweite Nacht voller schauerlicher Alpträume und Ängste“, murmelte Ferrer, von Furcht und Todesangst geschüttelt, im Anblick der hochgehenden Wellen und beeindruckt von der schaukelnden, sich aufbäumenden und schwankenden Galeone, „stehen wir alle nicht mehr durch. Entweder besiegen wir den Antichrist, oder wir sterben. Ich sage Ihnen, Capitán, daß dieses Schiff mit den Dreieckssegeln ein Werkzeug des Satans ist.“

Der Capitán nickte und brummte finster: „Mag sein. Für uns Seeleute ist es eine Schebecke voller Spanier. Sonst nichts.“

„Dann greifen Sie an. Wenn wir sie nicht in die Tiefe dieses fürchterlichen Ozeans schicken, drehen wir ab und segeln zurück. Einverstanden? Gott muß sie strafen.“

Ferrer deutete mit dem zitternden, ausgestreckten Arm zu dem Schiff, das er samt seiner Besatzung haßte. Seit sie Vigo verlassen hatten, war er davon überzeugt, daß sie Abgesandte der Hölle waren.

„Wenn Gott sie straft“, erwiderte Capitán Valdez ruhig, „dann brauchen wir es nicht zu tun. Sie werden uns in Fetzen schießen wie die beiden Karavellen.“

„Ihr Schiff, Ihre Kanonen, ich habe sie zum Werkzeug des Herrn werden lassen!“ schrie keuchend der Mönch. „Die Inquisition befiehlt es Ihnen, Capitán! Schnell, solange wir noch den Gegner sehen, den Teufel, den Erzbösewicht.“

„Gut. Wir packen sie“, entschied der Kommandant. Er enterte den Niedergang ab, versammelte seine Offiziere um sich und gab Befehle. Der Mönch hatte ein Tau gepackt und klammerte sich daran fest, während sein Körper schwankte und seine Füße auf den Planken rutschten. Er bot ein Bild des Jammers, aber seine Überzeugung war ungebrochen.

Der Rudergänger am Kolderstock beobachtete die Segelstellung und legte das Ruder. Das Heulen und Jaulen des Windes in der Takelage wurde lauter. Der Rumpf arbeitete schwer, als der Bugspriet herumschwang und auf den Gegner zu zeigen schien.

Wieder erfaßte eine grauenerregende Angst den Mönch. Er drehte verzweifelt den Kopf. Aber tief in seinem Inneren wußte er, daß er im Recht war. Auf diesem Schiff des Satans trieben sich Verräter, Spione, kurz: der Abschaum herum, den es zu vernichten galt.

Sein Glaube war unerschütterlich. Er wußte, daß Capitán Valdez die Verdammten vernichten würde.

Noch bevor die Nacht anfing, würde alles vorbei sein.

Matt Davies packte mit dem Haken seiner rechten Kunsthand ein Fall, hielt sich daran fest und federte die harten Stöße des Rumpfes ab.

Er sagte zu Stenmark: „Sie lassen nicht locker, die Dons. Wir behalten ihre Gesellschaft, wie? Auch in der Nacht.“

„Glaube ich nicht, Matt. Sie werden sich nicht so hoch in den Norden wagen.“

„Wenn wirklich der verrückte Mönch an Bord ist, segeln sie bis nach Island, sage ich dir.“

„Warte es ab.“

Sie drehen gleichzeitig die Köpfe und schauten hinüber zu den Segeln der Karavelle und der Galeone. Sie stutzten, als sie sahen, daß der Spanier die Rahen herumschwang, daß auch auf der Karavelle die Lateinersegel neu getrimmt wurden.

„He! Da ändert sich etwas.“

Matt Davies winkte hinüber zu Ben Brighton, der gähnend auf der Kuhl stand und die Schatzgaleonen beobachtete, die hinter der „Isabella“ und der „Wappen“ segelten.

„Die Spanier. Wahrscheinlich greifen sie an, Ben.“

Ben wirbelte herum. Er zog das Spektiv aus der Tasche und hob es ans Auge. Fast alle Arwenacks, die sich an Deck aufhielten, blickten hinüber zu den Schiffen. Den beiden Spaniern war es gelungen, sich weit nach Norden hochzukämpfen. Jetzt kreuzten sie nach Osten.

Einige Minuten lang beobachtete Ben Brighton die beiden Verfolger. Er sah, daß sie unzweifelhaft auf neuen Kurs gingen. Es gab nur zwei Gründe, die er sich ausrechnen konnte: Die Dons drehten ab, oder sie griffen an. Er meinte, daß sie das letzte Tageslicht dazu benutzen würden, anzugreifen.

„Sie sind entweder lebensmüde oder verrückt“, sagte er laut, wandte sich an Philip junior und sagte: „Wecke deinen Dad auf. Und auch unseren Stückmeister. Wahrscheinlich gibt’s einen feurigen Abend.“

„Aye, Ben“, erwiderte Philip und verschwand unter Deck.

Es würde etwa eine halbe Stunde dauern, errechnete der Erste, bis die fünf Schiffe weit voraus an einem bestimmten Punkt in Luv der Silbergaleonen aufeinandertreffen würden.

„Achtung! Die Spanier kommen!“ rief, als merke er es erst jetzt, Paddy Rogers von der Back.

„Das wissen wir schon seit Stunden“, antwortete Big Old Shane lachend. „Wir warten ja drauf, daß sie endlich etwas tun.“

„Eigentlich“, meinte Paddy schulterzuckend, „habe ich gedacht, daß sie mitten in der Nacht über uns herfallen.“

„Wahnsinnig genug sind sie dafür!“ rief Old Donegal und schüttelte die Faust in die Richtung der Kriegsgaleone.

Hasard und Al Conroy erschienen gähnend und mit schlafverquollenen Augen an Deck. Der kalte Wind, der an ihnen zerrte, ließ sie schnell wach werden. Ben Brighton nickte in die Richtung der Schiffe.

„Sie wollen es wissen“, brummte der Seewolf. „Tatsächlich.“

Auch Dan O’Flynn war durch den Lärm wach geworden und tappte an Deck. Sie alle versuchten zu erkennen, was die Spanier vorhatten. Al Conroy winkte ab, zog die Zwillinge mit sich und brummte etwas Unverständliches.

Hasard ließ sich nicht beeindrucken, winkte Ben heran und sagte: „Ein blinder Schuß aus der Drehbasse. Unsere Freunde müssen bereit sein. Wir werden den Dons keine echte Chance lassen. Klar?“

„Völlig klar, Sir.“

Die Zwillinge und Al Conroy gingen ohne Hast daran, die Abdeckungen der Culverinen zu entfernen und zu verstauen. Die Mündungsdeckel blieben noch eingesetzt, es gab zuviel Spritzwasser.

Ben Brighton holte sich unter Deck eine Lampe, schützte die Flamme und entzündete eine Lunte. Er lief zum Grätingsdeck, riß die Persenning von der Drehbasse und senkte das Rohr, bis die Ladung in seine Hände rutschte. Jan Ranse half ihm, sammelte das gehackte Metall in einer Pütz, und Ben richtete das Rohr auf die „Isabella“ aus.

Die Lunte knisterte und glühte auf. Funken fraßen sich ins Pulver im Zündloch. Dann dröhnte ein dumpfer, fast puffender Schlag über das Wasser hinüber zu den beiden Schiffen. Aber noch während der Pulverdampf davongetrieben wurde, bemerkte der Erste, daß die Freunde auf der „Wappen von Kolberg“ und der „Isabella“ die Manöver der Dons sehr genau beobachteten. Daß die Geschütze bereit waren, hielt er aus langer Erfahrung für selbstverständlich.

Von den Decks winkten die Mannen. Sie hatten genau verstanden. Eigentlich war das Signal überflüssig gewesen.

Ben eilte wieder zurück auf die Kuhl und steckte den Luntenstab in die sandgefüllte Pütz.

„Alles in Ordnung!“ rief er. „Die Dons können antanzen.“

„Das tun sie auch, verlaß dich drauf“, antwortete der Seewolf.

Al Conroy und Hasards Söhne versetzten die langen Culverinen in Schußbereitschaft, rannten sie aber noch nicht aus.

Hasard stemmte die Fäuste in die Seiten und schaute sich prüfend um. Er dachte an das kurze Gefecht mit den beiden Karavellen und sagte sich, daß die Dons eigentlich mit weit offenen Augen in ihr Verderben segelten. Drei schwer bewaffnete Schiffe mit feuerbereiten Geschützen gegen eine vergleichsweise hilflose Karavelle und eine Galeone, die allerdings als Gegner zählte.

„Das gleiche Manöver wie vor einem halben Tag“, sagte er. „Wir kümmern uns um die Galeone.“

„Verstanden, Sir.“

Die Schebecke schob sich stampfend durch das Wasser. Die Wellen schienen sich schwarz färben zu wollen. Der Himmel war voller treibender Wolken, eine riesige Fläche in Grau und Schwarz. An einem halben Dutzend Stellen sah man die schrägen Schatten schwerer Regenfälle, die aufs Meer niedergingen. Unverändert stark wehte der Wind aus dem südlichen Sektor.

Die Karavelle segelte vor der Galeone auf die Mitte des Konvois zu. Beide Schiffe lagen schwer über, aber sie waren in guter Fahrt unterwegs.

Pete Ballie erschien an Deck und fragte den Seewolf, ob er Blacky ablösen sollte.

„Laß dir Zeit“, erwiderte der Seewolf und grinste kalt. „Wenn es soweit ist, legst du Ruder nach Backbord. Kurz bevor sie in Schußentfernung sind. Wir versuchen, sie zwischen uns zu nehmen. Klar?“

„Aye, aye, Sir.“

„Also die Steuerbordkanonen“, brummte Al Conroy und zog die Zwillinge an die Culverinen der anderen Bordseite. „Verdammte Spanier.“

Es wurde immer dunkler. Die „Salvador“ hatte bereits Lichter gesetzt. Sie waren nicht sonderlich deutlich an der Spitze des weit auseinandergezogenen Verbandes zu sehen. Auch jetzt schienen die spanischen Kapitäne dem falschen Capitán de Vilches uneingeschränkt zu vertrauen und waren nicht verwundert, daß sie von ihren eigenen Landsleuten bedrängt wurden.

„Al?“ rief der Seewolf schließlich.

„Sir?“

„Ziele gut, schieße genau. Wir bringen die Schebecke herum, damit du auch die Backbordculverinen abfeuern kannst. Ich will mich nicht länger als unbedingt nötig aufhalten lassen. Hast du ein paar Kettenkugeln in deiner Auswahl?“

„Drei Paare, Sir“, antwortete Al Conroy und nickte begeistert. „Sie werden nach Hause pullen müssen, wenn sie den Fight überleben. Ich denke da an die Fünfundzwanzigpfünder unseres lieben Freundes drüben.“

„Ich auch. Wenn sie nahe genug herangelangen.“

„Das ist eine Sache für Pete und die Arwenacks, die an den Schoten ziehen.“

„Sie gelangen nahe genug heran, Sir“, bemerkte Ed Carberry. „Sie wollen uns schließlich von den Wellen wegblasen.“

„Wahrscheinlich hast du recht“, entgegnete der Seewolf. „Al! Denkst du an deine Brandsätze?“

„Gleich. Wenn ich mit meinen Lieblingen fertig bin.“

Etwa drei Seemeilen trennten die Schiffe noch voneinander. Die Abenddämmerung schlich heran, hinter den Wolken sank die Sonne dem Horizont entgegen. Der feuchte Wind, der bisher nur kalt gewesen war, wurde fast eisig. Mittlerweile waren alle Arwenacks an Deck und sahen zu, wie sich von Atemzug zu Atemzug die Positionen der Schiffe änderten.

Soweit dies noch in der abnehmenden Helligkeit zu erkennen war, arbeiteten in den Wanten und an Deck aller fünf Schiffe die Männer wie die Besessenen. Was sich hinter den Bordwänden und dem Schanzkleid verbarg, konnte nur geahnt werden – aber es handelte sich um Vorgänge, die jeder Seewolf im Schlaf beherrschte.

Sowohl die Karavelle als auch die Galeone hatten die Stückpforten hochgeklappt und die Geschütze ausgerannt.

Das gleiche geschah auf der „Wappen“ und der „Isabella“. Al Conroy, die Zwillinge, Bob Grey, Gary Andrews und Piet Straaten zerrten an den Brooktauen und rissen die Mündungsstopfen, bevor sich die Culverinen drohend nach außenbords schoben, aus den Rohren.

Pete Ballie stand jetzt an der Pinne und hatte im schwindenden Licht gleichzeitig alle Einzelheiten im Auge. Auch er wartete auf die Befehle Ben Brightons und des Seewolfes.

Gespannte Erwartung, Unruhe und das Bewußtsein, daß die eigenen Vorstellungen und Erwartungen durchaus nicht eintreffen mußten, breiteten sich unter den vierunddreißig Seewölfen aus.

Higgy brachte die Überlegungen zu Wort – was kaum jemand verstand –, indem er, auf der Back kauernd, einen langen, wohlklingenden und vermutlich schauerlichen irischen Fluch ausstieß.

„Recht hat er“, sagte Old Donegal, der Admiral, obwohl er rein gar nichts davon verstanden hatte.

Die Karavelle rauschte heran. Der scharfe Bug schnitt durch die gischtenden und aufspritzenden Wellen. Weißer Schaum lief an den Flanken des Schiffes heckwärts. Der Wind riß die weißen Spritzer der Gischt fast waagerecht von den Wellenspitzen und wirbelte sie davon. Das Meer färbte sich an der Oberfläche weißgrau. Die Segel aller Schiffe waren zum Zerreißen prall, sie sahen aus, als wären sie aus Holz wie die Planken.

Schwarz, naß, fast als drohender Schemen, folgte die „Aragon“ dem kleinen Schiff mit den Lateinersegeln. Sämtliche Stückpforten waren offen. Jede Mündung schien auf einen Kopf der Arwenacks zu zielen, jedenfalls hatten die Seewölfe diesen Eindruck.

Sie hockten sich in den fragwürdigen Schutz des Schanzkleides und hoben die Köpfe.

Auch ihr Schiff stampfte und arbeitete sich schwer durch die kochenden Wellen. In der Nacht würde sie der Sturm erst richtig treffen. Aber schon jetzt ahnten sie etwas von der Wucht des zu erwartenden Windes. Andererseits: der Wind beschleunigte die Fahrt, auch der schwerfälligen Galeonen, denen ein Schicksal drohte, das keiner der Spanier auch nur ahnen konnte.

„Pete!“ schrie der Seewolf.

Der Augenblick der richtigen Entfernungen und der erwartenden Positionen stand unmittelbar bevor. An Deck der Schwesternschiffe verschwanden die Köpfe der Seeleute.

„Hier, bei der Arbeit!“ brüllte Pete zurück.

„Zwei Strich nach Backbord“, befahl Hasard.

Die Seewölfe sprangen an die Leinen und Schoten.

Al Conroy blies bedächtig auf eine seiner Lunten. Die langen Läufe der bronzenen Geschütze waren so gut ausgerichtet wie möglich. Er würde wieder dergestalt zielen, daß er die Bewegungen des Schiffsrumpfes abwartete.

„Verstanden, Sir. Ar-we-nack!“ schrie Pete und stemmte sich mit aller Kraft gegen die Ruderpinne.

Fast so, als habe eine unsichtbare Faust den schlanken, langgezogenen Rumpf gepackt, änderte die Schebecke mit raumem Wind die Richtung. Der Bugspriet, der eben noch auf eine Stelle vor dem Bug der Karavelle gezeigt hatte wie der Pfeil eines Bogenschützen, schwenkte nach Westen. Karavelle und Galeone liefen in den Raum zwischen der Schebecke und den beiden anderen Begleitschiffen.

Blitzschnell arbeiteten die Seewölfe und trimmten die Dreieckssegel. Das Schiff legte sich weit nach Backbord über. Al Conroy befürchtete schon, daß sich die Mündungen der Culverinen ins Wasser wühlen würden. Aber nur wenige Spritzer trafen die Bronzerohre.

„Al!“ brüllte Hasard.

„Verstanden! Geht schon los!“ brüllte der Stückmeister zurück und hob hinter dem ersten Geschütz hinter der Back den Kopf. Er schätzte Entfernungen und Winkel ab, wartete noch, und während auf der Karavelle zwei Stichflammen aus der Bordwand zu zucken schienen, senkte er die Lunte auf das Zündloch.

Noch während die Funken sprühten, ertönte jenseits der Karavelle die krachende, harte Detonation eines schweren Geschützes. Dann gab es drei Detonationen, die einander schneller folgten als drei Herzschläge.

Al Conroys erstes Geschütz donnerte auf. Der Widerschein einer Flammenzunge zuckte über das dunkle Wasser. Das Geschoß heulte durch die davonstiebende Wolke aus grauem Pulvergas. An Deck der Karavelle schlugen Al Conroys Kugeln ein und ließen das Durcheinander der drei Treffer, die von der „Isabella“ stammten, zu einem Chaos werden.

Menschenleiber wirbelten durch die Luft. Brennende Trümmer folgen nach allen Seiten. Tauwerk riß, Rundhölzer und Spieren verwandelten sich in kleine und große Splitter. Schreie und Gebrüll tönten schaurig über die See. Planken brachen, Masten zitterten, Rahruten lösten sich auf wie gebrochene Gliedmaßen. An vier Stellen zeichneten sich deutlich kleine Feuerbrände ab.

Al Conroy feuerte mit Bedacht, kalter Überlegung und ohne falsche Eile. Als die Stellung des Rohres mit der Bewegung des Schiffsrumpfes seiner Erfahrung nach im Einklang standen, zündete er das zweite Geschütz. Wieder ging eine dumpfe Erschütterung durch alle Verbände des Schiffes.

Unter Deck jaulte Plymmie auf, als habe ihr jemand auf den Schwanz getreten. Das Kreischen des Papageis ging im allgemeinen Lärm unter.

Die Kettenkugel verließ den Lauf, glitt auseinander, entfaltete sich und ging in rasend schnelle Drehung über, während sie sich ihrem Ziel näherte. Der Großmast der Karavelle wurde in Trümmer gelegt. Noch während die Rahruten und Spieren knickten, splitterten und aufs Deck hinunterprasselten, wobei das Segel an zwei Stellen Feuer fing und sich fetter Rauch ausbreitete, erklang von der „Isabella“ her das schauerliche Dröhnen eines Fünfundzwanzigpfünders.

Was das Geschoß anrichtete, konnten die Arwenacks wieder nicht sehen, aber sie erkannten, daß auch dieses Schiff fast vernichtend getroffen worden war.

Der Seewolf schrie durch das Getümmel: „Feuer einstellen. Zielwechsel auf die Galeone!“

Die Kriegsgaleone hatte sich herangeschoben. Sie bot der Schebecke die Steuerbordbreitseite. Aber gleichzeitig drohte sie mit eineinhalb Dutzend schwerer Geschütze. Wieder legte Pete Ballie das Ruder. Die Schebecke krängte weit nach Steuerbord und richtete sich zögernd wieder auf.

Al Conroy hastete von Geschütz zu Geschütz. Er wollte brennend gern sehen, wie gut er getroffen hatte, aber seine dunklen Augen hingen an der drohenden Masse der Galeone, die aus den Geschützen des Mitteldecks eine Breitseite in Abständen von weniger als einem Atemzug abfeuerte.

Wieder änderte die Schebecke ihre Richtung und bot dem Gegner fast nur das Heck. Sieben gischtende Fontänen sprangen vor, neben und hinter der Schebecke aus dem dunklen Wasser.

Ein Geschoß kreischte ein paar Handbreiten über den Köpfen des Seewolfes und des Rudergängers durch die Luft.

„Verdammt, die wollen’s wissen!“ schrie jemand.

Die Galeone hatte sich in eine schwimmende Festung verwandelt, die der Wind und die Steuerkünste zwischen der „Wappen“, der „Isabella“ und der Schebecke der Seewölfe hindurchtrieben. Ununterbrochen spuckten ihre Geschütze Feuer, Geschosse und mächtige Wolken aus Pulverdampf. Undeutliche Schreie hallten über das Wasser.

Al Conroy zündete eine Culverine nach der anderen.

Als sich das letzte Geschütz dicht vor dem Achterdeck in einer schmetternden Explosion entlud, legte Pete Ballie abermals das Ruder, diesmal in die entgegengesetzte Richtung. Die Schebecke fuhr widerstrebend eine Wende durch den Wind.

Al Conroy und die Zwillinge krochen, sprangen und hasteten nach Backbord. Die Schebecke tanzte auf der Stelle, hob und senkte sich, schüttelte sich und war der Mittelpunkt von hochschießenden Wellen und stäubendem Gischt.

Die Mannen auf den beiden anderen Schiffen kümmerten sich ebensowenig wie die Seewölfe um die brennende, rauchende, leck geschossene Karavelle.

Sie konzentrierten ihr Feuer auf die stolze Galeone, aus deren Rohren grelle Flammen schossen.

Wieder brüllte dröhnend ein Fünfundzwanzigpfünder auf. Dann ein zweiter.

In die donnernden Explosionen mischten sich die weniger lauten, weniger vernichtenden Schläge der leichteren Geschütze. Von beiden Schiffen wurde die Steuerbordseite der Galeone unter Feuer genommen und bestrichen, während sie vorbeistampfte.

Und jetzt beendete die Schebecke ihre widerstrebende Wende. Die Segel knatterten und schlugen laut. Man verstand sein eigenes Fluchen nicht mehr.

Wieder wartete Al Conroy voller Bedacht und zündete in quälend langen Abständen ein Geschütz nach dem anderen. Den exotischen Brandsatz hob er sich auf, er mußte ihn nicht einsetzen. Sie wollten die Dons nicht umbringen, sondern verhindern, daß sie weiterhin verfolgt und beunruhigt wurden.

Sechsmal krachten die Geschütze. Sechs lange, grelle Feuerzungen leckten über das Wasser und durch die raucherfüllte Halbfinsternis. Sechsmal brodelten gewaltige Wolken von Pulverrauch auf, hüllten das Deck ein und zwangen die Seewölfe dazu, zu husten und sich abzuwenden, nach Luft zu schnappen und zu warten, bis der Wind das grauschwarze Zeug weggetrieben hatte.

Dicht vor der Galeone sprangen zwei weiße Fontänen in die Höhe und überschütteten das Schiff mit prasselndem Guß. Seewasser fiel wie wütender Regen an Deck und löschte die ersten Brandnester.

Vier Geschosse trafen die Planken, das Rigg, die Rüsten, das Schanzkleid und die Kampanje. Wieder wurden Körper wie Puppen umhergeschleudert. Wieder ertönte Entsetzensgeschrei, Schmerzschreie kreischten grell von Schiff zu Schiff. Mit knallend killenden Segeln drehte sich die leergeschossene Schebecke weiter, schwankte wie verrückt hin und her, nahm schwere Brecher über und beendete qualvoll langsam die Drehung.

Aus den Backbordflanken der „Wappen von Kolberg“ und der „Isabella“ leuchteten die Feuer aus den Geschützmündungen.

Ein Hagel von steinernen und metallenen Geschossen lag im Ziel, verwüstete die Galeone, drückte an vielen Stellen Planken ein, zerfetzte die Segel und ließ Tauwerk reißen, als wären es Spinnenwebfäden.

Aus dem Ruder fetzten riesige Splitter.

Die verzierte, bunt bemalte Heckgalerie hing nach unten wie der gebrochene Arm eines Kriegers.

Segel breiteten sich wie Leichentücher über Teile des Decks aus. An den Rändern, dort, wo sie sich über die offenen Flammen von Bränden legten, fingen auch die feuchtklammen Leinwandmassen Feuer und brannten unter ungeheurer Rauchentwicklung.

Die Galeone feuerte, als könne sie nicht aufgeben, zwei Drehbassen ab. Rund um die Schebecke prasselte das gehackte Metall ins Wasser, und stanzte ins heckwärtige Segel kleine Löcher. Dann beendete die Schebecke ihre Drehung und lief wieder vor dem Wind.

Der Bug bäumte sich auf, das Schiff beschleunigte mit einem Ruck und schien sich über das aufgewühlte Wasser erheben zu wollen. Noch einmal schüttelte sich die Schebecke, dann brachte Pete Ballie sie wieder auf den alten Kurs.

Die Dunkelheit nahm zu.

An Steuerbord der Schebecke schoben sich hinter den riesigen Rauchwolken zuerst die „Wappen von Kolberg“ hervor, dann die „Isabella“. Noch während die Seewölfe versuchten, die Schäden auf der Galeone abzuschätzen, feuerten drei Geschütze aus dem obersten Deck der „Isabella“ in denkbar kürzesten Abständen auf die Galeone.

Der vierte Schuß wäre schon überflüssig gewesen, denn die Schiffe waren aneinander vorbeigesegelt.

Nur noch ein Mast stand auf der Galeone.

An Deck herrschten Tod und Vernichtung. Die Wuhling aus Leinwand, Tauwerk und Hölzern war vollkommen. Die ersten Pützen wurden abgelassen und tauchten ins Wasser. Die letzte Schatzgaleone fuhr weit hinten vor der Kimm vorbei und löste sich aus dem Rauch, der sich ausbreitete und gleichermaßen auflöste.

Keins der beteiligten Schiffe segelte jetzt auf einem Kurs, der es ermöglichte, aufeinander zu feuern. Das Heck der Karavelle tauchte tief in die Wellen, offensichtlich drang viel Wasser in den Rumpf. Grelle Flammen loderten mittschiffs der Galeone. Die „Aragon“ war schwer getroffen, aber es schien, als müsse sie nicht sinken und aufgegeben werden.

Der letzte Nachhall der abgefeuerten Geschütze verging.

Als das Klingeln und Summen in den Ohren langsam nachließ, rief Hasard: „Das war’s mal wieder, Freunde! Wir haben eine stürmische Nacht vor uns, aber sie wird ohne weitere Angriffe der Dons vergehen. Freiwache unter Deck! Helft unserem Meisterschützen mit seinen Rohren.“

„Rum für alle? Oder Wein?“ schrie der Kutscher unter dem Achterdeck hervor.

Der Affe schnatterte, als habe er begriffen, daß dieser Abtausch von Geschossen vorbei sei.

„Wein oder Rum, gleichgültig“, meinte der Seewolf. „Aber nicht zuviel. Es wird eine windige Nacht.“

„Aye, aye, Sir.“

Die Culverinen wurden auf ihren klobigen Lafetten, eine nach der anderen, wieder zurückgezogen. Die Zwillinge bauten den Brandsatz ab und verstauten ihn wieder unter Deck.

„Ja, das war’s“, meinte Ben Brighton und sah zu, wie die Segel getrimmt wurden.

„Dabei waren wir noch von außergewöhnlicher Müde und Zurückhaltung“, gab Hasard zurück. Er wirkte trotz des erfolgreichen Gefechtes keineswegs erleichtert oder gar fröhlich.

Auch auf der Karavelle war ein Feuer ausgebrochen.

Die Galeone brannte nicht weniger auffallend. Beide Schiffe waren weit zurückgefallen und wurden kleiner und kleiner, unbedeutender und absolut ungefährlich, Sie stellten inzwischen nur noch eine üble Erinnerung, aber keine Gefahr mehr dar.

Hasard hoffte, daß einer der vernichtenden Treffer den Mönch vom Deck gewirbelt hatte. Wenn die Welt, gleichgültig an welcher Stelle, von einem derartigen Fanatiker befreit wurde, konnte es nur von Vorteil für alle sein, selbst für die Spanier.

Langsam entspannte sich Hasard.

Rumpelnd rollten die breiten Räder der Lafetten über die Decksplanken.

„Kann ich mich darauf verlassen, Ben, daß du das Schiff ohne ernsthafte Schwierigkeiten durch die nächsten dunklen Stunden steuerst?“

Hasard wandte sich an Ben Brighton, den Ersten. Jetzt fühlte er die Müdigkeit wie den Anfall einer rätselhaften Krankheit in seinen Knochen. Ben nickte, auch er grinste nicht.

„Der Wind wird uns nicht aus den Stiefeln kippen“, sagte er. „Du kannst dich ruhig in deine Koje verholen. Da kommt der Kutscher mit dem Getränk der Sieger.“

Der Gestank des verbrannten Pulvers war von Deck weggeblasen worden. Es roch nach gutem, dunkelrotem spanischen Wein aus den Kellern von Vigo. Und nach Rum aus der Karibik. Der Kutscher und Mac Pellew schenkten die Becher voll und kümmerten sich nicht darum, ob der Vorrat zur Neige ging oder nicht.

„Ein guter Schluck zur richtigen Zeit“, sagte Hasard gähnend. „Her mit dem Zeug, Mac.“

Er packte einen wuchtigen Becher, in dem eine ungewöhnlich große Menge Rum schwappte.

„Auf uns, die Seewölfe“, murmelte er. „Denkt ja nicht, daß alles vorbei ist. Bis zum Thron unserer guten, alten Lissy ist es noch verteufelt weit.“

Ben Brighton tat ihm Bescheid und war ebenso ernst, als er antwortete: „Viel zu weit, Sir. Das war nur ein weiteres Zwischenspiel einer langen Reise.“

„Wir wissen es“, murmelte Hasard und sah zu, wie die Buglaterne und die Hecklaterne angezündet und die Sanduhr umgedreht wurden. „Und wir wissen glücklicherweise nicht, wie unsere Welt morgen abend aussieht.“

Ben atmete tief ein und aus und sagte schließlich: „So ähnlich wie heute. Vielleicht noch schlimmer. Oder ganz anders.“

Die Ränder ihrer Becher berührten sich mit einem trockenen Geräusch. Sie schauten einander in die Augen, nickten sich zu und tranken.

Einige Stunden, in denen sie ausschlafen, träumen und sich entspannen konnten, lagen trotz des stürmischen Wetters vor ihnen allen. Morgen war ein anderer Tag, ein anderes Stück Atlantik lag vor ihnen. Es würde sich schon noch herausstellen, was dann wieder los war …

ENDE

Seewölfe Paket 33

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