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III. A. 5. 1. e Schiffsgraffiti
ОглавлениеDie in Ostia nur in geringer Zahl vorhandenen Schiffsgraffiti verteilen sich über die ganze Stadt (s. Plan 1), mit einem Schwerpunkt im Bereich nördlich und westlich des Decumanus. In den Graffiti lassen sich bisweilen Anklänge an die aus anderen Gattungen bekannten Schiffsformen finden.
Das große Schiff von LA42 besitzt achtern und vorne Keilsteven, wie sie auch an vielen Mosaikschiffen vom Piazzale delle Corporazioni vorkommen. Hingegen erinnert die Ladung desselben Fahrzeugs, welche offen auf dem Schiffsdeck ruht, an das Mosaik LA50 von der Isola Sacra. Dieses Schiff aus einem Grab, das eine kugelförmige Verdickung an der Mastspitze aufweist62, ähnelt hierin wiederum Graffito LA40. Die Bedeutung dieses Details am Segelmast ist nicht geklärt, allerdings ist sein Vorkommen auch in anderen Gebieten – so bei den Schiffszeichnungen KA70 am Theaterkorridor in Pompeji – auffällig.
Unter den ostiensischen Schiffsgraffiti ist das Exemplar LA37 aus einem Stauraum der Casa di Giove e Ganimede vergleichsweise aufwendig angelegt63. Hier werden Schiffsrumpf und Takelung in Bezug sowohl auf die Proportionen und als auch auf technische Details sehr realistisch angegeben, was die Zeichnung in die Nähe der Schiffsbilder anderer, dreidimensionaler Bildgattungen rückt. Ein Mosaik oder Fresko könnte ebenso als Vorlage gedient haben, wie ein reales Fahrzeug. Während sich einerseits bereits hier andeutet, dass Schiffe in Wandzeichnungen nicht zwangsläufig flüchtig und detailarm aufgefasst sein müssen, gibt es andererseits in Ostia einige Exemplare, welche das Wasserfahrzeug kaum (noch) als solches erkennen lassen. Das gilt für die beiden Darstellungen LA36 aus der Caserma dei Vigili, die beide aus demselben Raum (Saal „o“) stammen und etwa 50 cm Länge aufweisen. Von der eigentlichen Dekorationsausstattung der Räume ist neben einigen Gemäldefragmenten wenig erhalten geblieben, wobei das überlieferte Bildmaterial keinerlei Affinität zur Schiffs- oder Hafenthematik erkennen lässt. Ein Tempietto, das sog. Augusteum, besetzte die innere, zum Peristyl hingewandte Seite des westlichen Gebäudeflügels. Vor der Front des Tempels, welcher zahlreiche Altäre mit Kaiserwidmungen enthielt, war ein Opfermosaik mit Stieren, den Victimarii und einem Flötenspieler ausgelegt. Ein unmittelbarer Bezug zwischen diesem und dem Schiffsgraffito erschließt sich nicht. Die sehr allgemeine Kennzeichnung des Schiffes wiederholt sich beim Fragment LA39 aus der Casa delle Muse, die in Regio III an der Südostecke einer Case a Giardino genannten Häusergruppe lag. Von diesem Fahrzeug ist nur ein spitzes Ende sichtbar – Bug oder Heck. Möglicherweise bestand die ganze Zeichnung aus nicht mehr als diesem Ende, welches nur aufgrund seiner Ausrichtung als Schiff zu erkennen ist. Die eponymen Musen, welche auf eine Wand im östlichen Gebäudeflügel gemalt waren, und das genannte Schiffsgraffito beziehen sich weder räumlich, noch inhaltlich aufeinander.
Lediglich Teile von Schiffen sind auch in den beiden Graffiti LA38 aus Raum 32 der Casa degli Aurighi dargestellt. Während die eine Zeichnung das Schiff bis hin zur Rumpfmitte wiedergibt, inklusive dem achteren Steven sowie dem Ausleger für das Steuerruder, ist bei der anderen nur der Stevenkopf angezeichnet. Der Hauptdekor der Wände von Raum 32 bestand aus großflächigen weißen und gelben Segmenten, in denen sich zudem ein Paneel mit Landschaftsdarstellung erhalten hat. Auch hier nimmt das Schiffsbild keinen unmittelbaren Bezug auf den Dekor, sondern erscheint als quasi willkürliche Hinzufügung. Bei einer weiteren Schiffsdarstellung64 im benachbarten Sacellum erhebt sich über dem flachen, strukturell wenig ausgeprägten Schiffsrumpf ein rechteckiges Segel, und zwar dergestalt, dass beide gemeinsam einen kompakten Umriss bilden, der etwas höher ist als breit. Diese kompakte Auffassung von Rumpf und Segel wird besonders häufig bei Schiffen in Pompeji beobachtet und scheint dort ein beliebtes Mittel, das schwierige Perspektivverhältnis von längs gestelltem Rumpf und quer gestelltem Segel vereinfacht zu reproduzieren. Die Gemeinsamkeit der Bilder liegt in der simplen und zugleich eindrücklichen Verteilung der Schiffskomponenten, wobei alles Wesentliche mit geringen Darstellungsmitteln erreicht wird.
Das detaillierte Schiffsgraffito LA37 aus der Casa di Giove e Ganimede ist Teil einer größeren Motivreihe, in welcher außerdem Tiere und menschliche Figuren in unterschiedlichen Tätigkeiten abgebildet waren, unter diesen auch kämpfende Gladiatoren.
Eher als Boot denn als Schiff muss das Fahrzeug der geritzten Marmorplatte LA27 vom Piazzale delle Corporazioni aufgefasst werden. Der exakte Anbringungsort der Platte ist ungewiss, denkbar ist die Herkunft von einer der Handelsstationen, deren Verbindung zum Seeverkehr außer Frage steht.