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III. A. 5. 2. a Datierungsspektrum
ОглавлениеIm Zuge des chronologischen Abrisses sollen zunächst die Darstellungen aus profanem oder sakralem Kontext betrachtet werden. Zu den frühesten bekannten Schiffdarstellungen in Rom gehören neben einer Säule mit Schiffsschnäbeln LA75 vom Forum Romanum auch die bereits mehrfach gestreiften Esquilinfresken LA234. Beide entstanden um die Mitte oder in der zweiten Hälfte des 3. Jhs. v. Chr. und bilden jeweils Kriegsschiffe als thematischen Schwerpunkt ab. Bereits in das 2. Jh. gehört die Aschenurne LA74, welche ebenfalls den Bug eines Kriegsschiffes abbildet. An der Wende vom 2. zum 1. Jh. v. Chr. entstand die monumentale Fassung der Tiberinsel in Form eines Kriegsschiffes LA59 mit Spornbug und seitlichen Riemenauslegern. Während aus der ersten Hälfte des 1.Jhs. keine Schiffsbilder erhalten sind, haben wir in augusteischer Zeit insgesamt elf sicher datierte Objekte an verschiedenen Stellen innerhalb der Stadt (LA7, LA61, LA63–LA65, LA69, LA85, LA230, LA236, LA256, LA262). Noch immer sind vorwiegend Kriegsschiffe oder Teile von solchen abgebildet. Neben die Steindenkmäler88 treten im Fundmaterial erstmals auch wieder Gemälde mit Schiffsthematik89, lange nach den Fresken vom Esquilin. Frühestens augusteisch, in einigen Fällen aber schon tiberisch datieren die ersten Campanareliefs mit Nilbildern, in denen ausschließlich einfache offene Boote begegnen. Das im 1. Jh. n.Chr. gefertigte Campanarelief LA79 mit dem Bau der Argo stellt einen thematischen Einzelfall dar.
Bei den wenigen anderen schiffsbildverzierten Objekten aus dem 1. Jh. n. Chr. handelt es sich um Steindenkmäler90, in welchen Frachtschiffen noch kaum zur Darstellung kommen. Insgesamt zehn Exemplare (LA55–LA57, LA60, LA68, LA78, LA83, LA227, LA228, LA237) datieren in die Regierungszeiten Trajans, Hadrians oder der Antoninen, wobei die Mehrzahl noch aus der ersten Jahrhunderthälfte stammt. Auch unter diesen überwiegen die Steindenkmäler, zu denen lediglich noch die beiden Mosaiken LA227 und LA228 sowie das Fresko LA237 aus dem Porto Fluviale am Tiber hinzukommen. Typologisch sind nun vermehrt Frachtschiffe und Fischerboote in den Bildern präsent. Ab der severischen Zeit sind Schiffsbilder im nichtsepulkralen Kontext wiederum sehr selten, was auch für das gesamte 3. Jh. gilt. Im Ganzen gehören nur zwei Objekte in dieses Zeitfenster, nämlich das Mosaik LA225 aus dem ‚Haus des Claudius Claudianus‘ auf dem Palatin und das Schiffsgemälde LA263 aus einem der römischen Wohnhäuser auf dem Caelius. Mit der Ara LA58 des Avianus Symmachus, auf deren rechter Nebenseite ein Frachtschiff erscheint, ist nur ein einziges Stück überhaupt dem 4. Jh. zugeordnet91. Jenseits der Sepulkraldenkmäler ist dies zugleich die späteste Darstellung eines Frachtschiffes in Rom. Die Aufzählung zeigt, dass die Gesamtzahl der Schiffsbilder in Rom auf nichtsepulkralen Objekten über alle Zeiten hinweg überschaubar bleibt. Ist die Objektzahl vom 1. Jh. v. Chr. bis in das 2. Jh. n. Chr. am größten, so liegen aus früheren und späteren Zeitphasen jeweils signifikant geringere Fundmengen vor.
Natürlich haben die Sarkophagreliefs eine deutlich andere Zeitstellung. Die ältesten Exemplare mit Schiffsbildern (LA99, LA155, LA164, LA187, LA206 und LA208) datieren zeitgleich mit dem frühesten Auftreten der Gattung selbst und setzen damit ungefähr in hadrianischer Zeit ein92. Bereits an die Wende vom 2. zum 3. Jh. datiert der Protesilaos-Sarkophag LA162 mit Schiffen am linken und rechten Rand der Kastenfront. In dieser Zeit ist der Themenkontext aller Bilder noch ausschließlich lebensweltlich oder mythologisch. Christliche Aspekte sind noch nicht vorhanden; sie treten erst einige Jahrzehnte später – dann aber massiv – in Erscheinung.
Insbesondere gilt dies für das biblische Jonasthema und den Meersturz, welcher vor 200 n. Chr. noch überhaupt nicht anzutreffen war. Erst nach der Mitte des 3. Jhs. findet dieses Thema starke Verbreitung im sepulkralen Kontext93. Von 41 schiffsbildgeschmückten Sarkophagen des 3. Jhs. wiesen bereits 19 Stücke das Jonasthema auf – diese datieren alle zwischen 250 und 300. Die übrigen Schiffsbilder auf Sarkophagen der Zeit geben zur einen Hälfte schifffahrende Eroten bei den Inseln der Seligen wieder94, zur anderen sind sie mit pagan-mythologischen (Trojanischer Sagenkreis) oder lebensweltlichen (Frachtschifffahrt) Themen versehen.
Sucht man die Sarkophage des 4. Jhs. nach Schiffsbildern ab, dann wird man entdecken, dass die Jonas-Szenarien nun mit deutlichem Abstand vor allen anderen Themen liegen, andere christliche Themen eingeschlossen. Der zeitliche Schwerpunkt liegt in den ersten drei Dekaden, als von insgesamt 61 Sarkophagen nicht weniger als 55 dieses Darstellungsthema aufweisen. Damit ist im zeitlichen Verlauf der Höhepunkt in der Produktion von ‚Schiffssarkophagen‘ erreicht. Nach 330 n.Chr. werden Schiffe auf Sarkophagreliefs schlagartig wieder seltener, was sowohl für die Jonas-Bilder gilt, als auch für alle anderen Themen. So sind aus dem Zeitraum zwischen 330 und 370 n.Chr. nicht mehr als zwei Reliefs mit schifffahrenden Eroten überliefert (LA163, LA182) sowie eine einzige Jonas-Szene auf einem Sarkophag (LA192). Letzterer ist wahrscheinlich im dritten Viertel des 4. Jhs. entstanden und das jüngste bekannte Stück mit diesem speziellen Thema95.
Bezüglich der Datierungen sepulkraler und nichtsepulkraler Schiffsbilder wird folgendes deutlich. Während die Objekte aus nichtsepulkralem Umfeld, also Schiffsbilder in profanem oder sakralem Umfeld, vom 1. Jh. v. Chr. bis ins 2. Jh. n. Chr. ihren quantitativen Höchststand aufweisen, fehlen gerade in diesem Zeitabschnitt Darstellungen aus Bestattungskontexten fast vollständig. Diese sind erst mit dem Aufkommen der Sarkophage im 2. Jh. fassbar. Fast zeitgleich, nämlich an der Wende vom 2. zum 3. Jh., geht die Anzahl der Schiffsbilder auf nichtsepulkralen Objekten stark zurück. Möglicherweise ist die Entwicklung beider Kontextgruppen im Zusammenhang zu sehen, wobei konkret mit einer Motivverschiebung aus dem profanen und sakralen Umfeld in den Bereich der Bestattungskultur zu rechnen ist. Bei unverändert hohem Interesse an Themen und Motiven änderte sich lediglich das Umfeld, in welchem diese Verwendung fanden.