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III. A. 5. 2. c Exemplare von innerstädtischen Fundstellen
ОглавлениеIm Folgenden werden die Bilder von Fundstellen innerhalb der aurelianischen Stadtmauer im Hinblick auf Inhalte und Kontexte genauer untersucht. Was die räumliche Verteilung der Fundstellen anbelangt, so überwiegen diejenigen in den westlichen Stadtbezirken deutlich (s. Plan 3, Rauten-Symbole), wobei allerdings das Transtiberim bis auf wenige Ausnahmen ausgeschlossen bleibt96. Zahlreiche Schiffsdarstellungen stammen aus den Bereichen um die Hügel Esquilin (LA234, LA238, LA267), Palatin (LA225, LA235, LA256, LA264, LA265) und Caelius (LA62, LA263, LA268), vom Forum Romanum (LA269, LA75) und dem Trajansforum (LA55) sowie vom östlichen Marsfeld (LA56, LA57, LA71). Desweiteren gibt es Funde im Gebiet um die Tiberinsel (LA58, LA59, LA65). Aus dem südöstlichen Stadtbezirk sind zwei Schiffsbilder (LA73, LA266) bekannt. Sie stammen folglich aus Stadtbezirken mit vorwiegend öffentlichem oder dezidiert repräsentativem Charakter im bzw. in der Nähe des Stadtzentrums, weniger hingegen aus denjenigen Bereichen, in denen Wohnbebauung dominiert.
Unter den frühaugusteischen plastischen Schiffsdarstellungen stehen, wie bereits erwähnt, Kriegsschiffe zahlenmäßig in vorderster Reihe. Das Schiff im Relieffragment LA61 vom Palatin-Osthang kennzeichnet eine schlanke niedrige Rumpflinie, sämtliche Einzelteile sind in glaubhaftem proportionalem Verhältnis zueinander gebildet. Bis auf den Mittschiffsbereich, wo sich über der Gitterreling die Füße wenigstens zweier aufrechtstehender Personen erhalten haben, sind die oberen Reliefteile weggebrochen. Analog zum zeitlich sehr nahen Kriegsschiffrelief LA52 aus Praeneste darf möglicherweise auch für das Relief vom Palatin ein in ganzer Länge von stehenden Soldaten eingenommenes Schiffsdeck angenommen werden. Beim vorhandenen Reliefabschnitt würde es sich demnach in etwa um das untere Drittel der ursprünglichen Darstellungsfläche handeln. Die Verortung ist ungewiss. Aufgrund des Randsteges und der sowohl rechts als auch unten glatt abgeschliffenen Reliefkanten scheint die Herkunft aus einer geschlossenen Gebäudefassade wahrscheinlich; eine offene Aufstellung ist hingegen unwahrscheinlich.
Die als Schwerter ausgebildeten Rammsporne der beiden Prorae LA65 an der Porticus Octavia97 erinnern an das Rostrum LA14 an der Porta Marina in Ostia. Ungewöhnlich sind die Hundeköpfe, die hier den Obersporn (proembolion) bilden und in der ostiensischen Plastik ebenfalls eine Parallele besitzen. Hier wie dort fungiert die Prora als pars pro toto für das ganze Kriegsschiff, da sie sowohl das Fahrzeug als solches als auch dessen Waffenfunktion bestens repräsentiert. Um dies begreiflich zu machen, sei an die Praxis erinnert, in einer Seeschlacht erbeutete Rammsporne öffentlich zur Schau zu stellen und damit das gegnerische Schiffpotenzial gleichsam zu reproduzieren98. Schräg gegenüber der Portikus, deren südwestliches Zugangsportal nur wenige Meter vom Tiber entfernt lag, befand sich die Naumachie des Augustus, jenes große Wasserbecken im Transtiberim, das eigens für Schaukämpfe angelegt worden war99 und von dem uns die Schriftquellen mehrfach berichten100. Gemeinsam mit den Schiffsschnäbeln sind im Fries verschiedene Gegenstände dargestellt, die zum Opferritus gehören: Dazu zählen der Lituus und die Apex-Kappe des Flamen, Kelle, Patera und Bucranium. Im Stierkopf und den übrigen Gegenständen, die gleich den Schiffsschnäbeln in pars pro totoManier verwendet sind101, verbindet sich mit dem Schiffsmotiv der Aspekt augusteischer Pietas: Die Geräte sind stellvertretend für den Opfervorgang angegeben und zeigen das durch Frömmigkeit erwirkte Einvernehmen des Kaisers mit den Göttern, welches zugleich das Fundament für seine Erfolge bildet.
Siegessäule des Gaius Duilius
Die Columna rostrata LA75 des Gaius Duilius ist das älteste in dieser Arbeit berücksichtigte Monument. Sie erinnerte an einen römischen Seesieg des 3. Jhs. v. Chr. während des Ersten Punischen Krieges und war das erste in dieser Form und Ausgestaltung dedizierte Denkmal. Was waren die Umstände ihrer Errichtung?
Gaius Duilius, plebejischer Abstammung und Konsul des Jahres 260 v. Chr., hatte im selben Jahr aus einem Landkommando kommend den Überbefehl über die gegen die Karthager aufgebotenen römischen Flotte erhalten102, recht überraschend, nachdem der zuvor mit gleicher Aufgabe betraute Konsul Gn. Cornelius Scipio in eine karthagische Falle geraten wurde103. Im äußerst kurzen Zeitraum von nur zwei Monaten ließ Duilius ungefähr 120 Triremen und Quinqueremen bauen und neu ausrüsten, die noch 260 v. Chr. in der Seeschlacht von Mylae erfolgreich gegen die Flotte der Punier eingesetzt wurden104. Ihren Erfolg verdankten die Römer der Corvus genannten, 12 m langen Enterbrücke, die den auf Landkampf gedrillten römischen Truppen das Entern gegnerischer Fahrzeuge und die Anwendung bewährter Infanterietaktiken ermöglichte. Dieser Seesieg von Mylae, im fünften Jahr des Karthagerkrieges erkämpft, war der erste große Triumph der Römer überhaupt über die scheinbar übermächtige Karthagische Seemacht und Gaius Duilius in der Folge der erste Römer, dem ein Triumph nach einem Seesieg zuerkannt wurde.
Wie wir aus unterschiedlichen antiken Schriftquellen erfahren, beschlossen Senat von Volk von Rom darüber hinaus die Errichtung der hier behandelten Columna rostrata LA75 als Ehrenmal für den Flottenführer105. Das wahrscheinlich aus Tuffstein gefertigte Monument stand auf dem Forum Romanum am nördlichen Rand der Via Sacra, nahe der später errichteten Curia Iulia. In den Säulenschaft eingelassen wurden die Rammsporne eroberter karthagischer Schiffe, die als Beute nach Rom gelangt waren106. Bezüglich dieser Rostra nimmt E. Kondratieff wohl zu Recht an, dass aus statischen Gründen primär die Sporne kleinerer Schiffe verwendet worden seien107. Eine Bronzestatue des Duilius stand oben auf der Säule. In der Inschrift der Säulenbasis findet Duilius’ Erfolg gegen die Karthager ebenso breiten Raum wie seine großzügigen Beutegeschenke an die stadtrömische Bevölkerung108. Säule und Inschrift verweisen auf das Außergewöhnliche dieser Vorgänge. Erstmals in der römischen Geschichte hatte der Sieger einer Seeschlacht Beute heimgebracht und dem römischen Volk mithin auf diesem Weg Gewinne erzielt. Der Triumph des Duilius in der Urbs wurde zudem von einer Münzedition begleitet, welche den Seesieg glorifizierte.
Nun sind Monumente von Männern plebejischen Standes in den Jahrzehnten vor Duilius in Rom gar nicht selten, sondern machen im Gegenteil sogar die Mehrzahl der öffentlichen Ehrungen aus. Auch Ehrensäulen gab es selbstverständlich schon früher. Jedoch hatten diese niemals maritimen Bezug. Insofern wurde mit der Columna rostrata ein vertrautes Element römischer Triumphalarchitektur so umgebildet, dass ihm eine neue Funktion und Bedeutung zukommen konnte, nämlich die, die Präsenz Roms auf dem Meer und seine Sieghaftigkeit anzuzeigen, sowie den Mann hervorzuheben, dem dieser Erfolg zu verdanken war. Nicht zufällig stehen dabei die Rammsporne an der Säule in pars-pro-toto für die Schiffe und den Sieg. In der Statue des Duilius aber manifestieren sich das zunehmende maritime Selbstbewusstsein der Stadt am Tiber. Ihr öffentlicher Standort im Herzen der Stadt trägt hierzu bei. Das Beispiel des Duilius sollte Schule machen. Bereits wenige Jahre später wurde der römische Flottenführer C. Atilius Regulus nach seinem Seesieg bei Tyndaris 257 v. Chr. mit derselben Ehrung bedacht109. Wir sehen also hier nicht nur die Anfänge römischer Hegemonie über das Mittelmeer, sondern eine in der Folge und insbesondere seit spätrepublikanischer Zeit zunehmend öffentliche Zurschaustellung dieser Erfolge, die eine dezidierte Hinwendung breiter Bevölkerungsschichten zum Maritimen sowie eine Übernahme entsprechender Themen und Motive auch von Privatleuten nach sich ziehen sollte.
Steinschiff bei der Tiberinsel
Das Steinschiff LA59 bei der Tiberinsel erinnert an jene Trireme, die die Römer 293 v. Chr. in das Asklepios-Heiligtum von Epidauros ausgeschickt hatten und die mit einer heiligen Schlange aus Griechenland zurückgekehrt war. Indem um 100 v. Chr., also fast 200 Jahre vor der Fertigung des Denkmals, die Insel mit einem steinernen Kriegsschiff gefasst wurde, kam der Tempel auf der Insel gewissermaßen auf dem darunter liegenden Schiff zu stehen. Das Schiff teilte die Tiberflut gerade so, wie es vormals die Trireme getan haben musste. Es wurden so die vorangegangenen Ereignisse des frühen 3. Jhs., nämlich die Translokation der heiligen Schlangen per Schiff und die darauf gegründete Einführung des Kultes auf der Insel, plakativ aufgegriffen und so in Szene gesetzt, dass sich jedem mit der Kultgeschichte vertrauten Betrachter dieser Zusammenhang erschließen konnte. Das Heiligtum auf der Insel wurde als Krankenstation und Isolationsort von der übrigen Stadt genutzt. Auch hier wieder kommt dem Steinschiff an der Insel symbolische Bedeutung zu, wirkt es doch bei seiner isolierten Lage mitten im Tiber und abseits der Stadt wie ein Fahrzeug, das auf Reede vor einem Ufer liegt.
Augusteische Campanareliefs
Sind in den innerstädtischen augusteischen Reliefs mit Schiffsdarstellungen diejenigen mit großen, prominent gegebenen Schiffen stark präsent, so existieren in einer Reihe von Campanareliefs mit Nilbildern gleichzeig auch solche Exemplare, die das Schiffsthema nur am Rande berühren110. Die quadratischen Aufsatzplatten LA77, LA78, LA80 und LA85 zeigen in einem durch Säulen und Arkaden gegliederten Bildfeld typische Landschaftsattribute Ägyptens und des Nilstroms, so im linken Abschnitt ein Flusspferd und ein Krokodil, rechts neben einige Enten und ein einzelnes Boot, das zwei Pygmäen bei der Querung des Wassers als fahrbarer Untersatz dient. Den oberen Bildrand begrenzt ein fortlaufendes Blatt-Kyma. Das Ziermotiv des Vorstevens, das einen Vogelkopf nachbildet, nimmt die im Hintergrund sitzenden Kraniche zum Vorbild. In Hinsicht auf das Baumuster ein reines Fantasieprodukt, nimmt das Boot in allen vier Darstellungen einen im Verhältnis zur gesamten Bildfläche nur geringen Raum ein, kann aber gleichwohl mitsamt den darauf Fahrenden als wesentlicher visueller Ankerpunkt gelten: Boot und Besatzung markieren jeweils die Zone stärkster Aktivität im Bild. Zugleich gibt es auch Unterschiede zwischen den Einzelobjekten, die sich etwa in der Bildung der Säulen und des Pilasters am linken Bildrand zeigen. Rechts ist kein Pilaster vorhanden, weshalb das Bild hier jeweils mit der rechten Säule abschließt.
Die Anzahl der Campanareliefs mit Nilbildern und ihre enge kompositorische Verwandtschaft legen die Verwendung von Matrizen für einen Teil des Bildmaterials nahe. Unklar ist allerdings, ob man sich alle oder eventuell auch nur die Mehrzahl der erhaltenen Exemplare, welche möglicherweise nur einen Ausschnitt des ursprünglich Vorhandenen widerspiegeln, als Schmuckappliken an einem einzigen Gebäude vorzustellen hat. Der Umstand, dass jeweils nur ein einzelner Pilaster vorhanden ist, nämlich derjenige am linken Bildrand, liefert ein Indiz zur ursprünglichen Anbringung der Reliefs. Würden nämlich mehrere dieser Aufsatzplatten horizontal unmittelbar nebeneinander platziert, dann könnte der Pilaster am linken Bildrand zugleich das Bildfeld der links folgenden Platte an deren rechtem Rand begrenzen. Es ergäbe sich eine regelmäßige Folge von Pilastern, Säulen und Arkaden, die vom fortlaufenden Kyma am oberen Bildrand begleitet würde. Prinzipiell ist demnach eine kontinuierliche Reihung der Reliefbilder in der Form eines Frieses möglich111, wobei die Möglichkeit besteht, dass die Wiederholung des immer selben Reliefbildes durch unterschiedliche Farbfassungen benachbarter Platten abgemildert wurde. Dennoch liegt die Schwierigkeit dieser Interpretation in der recht stereotypen Wiederholung des immer selben Bildkomplexes, welche die Frage aufwirft, ob bzw. in wieweit diese erwünscht gewesen sein kann. Ferner ist zu fragen, welcher Gebäudetyp und welche Gebäudeteile – Wände und/oder Dächer? – als Träger der Reliefplattenreihen anzusehen sind. Solchen Fragen nach der Anbringung von Campanareliefs hat sich zuletzt K. Bøggild Johannsen gewidmet112. Danach ist eine Montage in niedriger Höhe wahrscheinlich und der früher vermuteten Verwendung als Traufleisten an Dächern113 grundsätzlich vorzuziehen, eine Vermutung, der wir uns im Hinblick auf die Rechteckform der Platten grundsätzlich anschließen wollen. Bei architektonisch integrierten Elementen hätte die Motivwiederholung den Betrachter wahrscheinlich nicht gestört. Vermutlicher Herkunftsort ist ein öffentliches Gebäude oder aber eines, das einem Kollegium entsprechender Herkunft als Vereinssitz diente.
Auf der singulären Campanaplatte LA79 aus dem Bereich der Porta Latina wird der Bau der Argo dargestellt, der Gedanke an die mythologische Seefahrt Jasons und seiner Gefährten wird mittelbar hervorgerufen. Das im Bild gegebene Schiffsheck bildet die Kulisse für die handelnden Protagonisten, Jason und Athene, die gemeinsam das Segel vorbereiten. Die Beteiligung Athenes zeigt deren Wohlwollen gegenüber der Mission und wir ahnen zugleich, dass die Gefährten ihre Reise unter dem Schutz der Gottheit antreten werden. Dies ist die eigentliche Intention der Darstellung.
Mittelkaiserzeitliche Säulenmonumente
Stärker als in allen anderen Schiffe beinhaltenden Reliefs sind die Schiffsbilder der stadtrömischen Säulenmonumente in eine ausführliche, scheinbar ereignisgeschichtliche Erzählung eingebunden114. Die Schiffe der Trajanssäule LA55 verteilen sich auf insgesamt sechs Einzelszenen. Es sind meistens Kriegsschiffe, die, den wechselnden Schauplätzen entsprechend, teilweise als Flussfahrzeuge, andernteils aber als seetaugliche Einheiten identifiziert werden können. Letztere, die von Häfen in der Adria starten, sind durch ihre doppelten Ruderreihen als leichte Biremen gekennzeichnet. Daneben existieren auch einfache offene Frachtboote. Ungeachtet der detaillierten Kennzeichnung fast aller Fahrzeuge ist eine authentische Wiedergabe offenbar nicht beabsichtigt, was sich am Proportionsverhältnis zu Personen und Gebäuden feststellen lässt. So überragt der stehende Kaiser Trajan, sooft er sich an Bord befindet, die eigentliche Schiffshöhe um etwa das Doppelte. Meistens ist auch die übrige Besatzung überproportioniert. Während das Größenverhältnis zwischen Menschen und einfachen Frachtbooten im plausiblen Rahmen liegt, sind diese wiederum im Vergleich zu den nahebei platzierten Kriegsschiffen größenmäßig aufgewertet. Schiffe sind an der Säule als die Handlung selbst bestimmende und die Handlungsorte geographisch definierende Objekte integriert. Durch die verschiedentlich in den Handlungsablauf eingesetzten Schiffsszenen ergibt sich für den Betrachter eine allgemeine Gliederung des Geschehens: Oft stand am Beginn der Kampagnen die Querung der Adria, der Donau oder anderer Flüsse, die dem Betrachter augenfällig dargeboten wird. Diese Lesart wird zudem dadurch bestärkt, dass sich die Mehrzahl der fraglichen Szenen auf den Säulensektor von Westen bis Südosten beschränkt. Für den Betrachter sind die Schiffsszenen mithin vom jeweils selben Standort sichtbar, nach jeder vollen Umrundung der Säule.
Zahlenmäßig indes bestimmen die Schiffsszenen nicht das Geschehen, was bei der Schilderung von Landkriegen freilich nicht überrascht. Das Relief der Trajanssäule enthält insgesamt rund 2500 Figuren, von denen etwa 240 Einzelfiguren unmittelbar im Zusammenhang mit Schiffsszenen dargestellt sind, sei es in spezifischen Handlungen am Schiff (Rudern, Verladung von Gepäck) oder schlicht durch die räumliche Nähe (Standort im Hafen, auf einem Kai). Stellt man diesen die übrigen Figuren gegenüber, diejenigen also, die mit Wasserfahrzeugen nicht in Kontakt kommen, dann ergibt sich ein Verhältnis von etwa 1:9. Inhaltlich stellen Schiffe zwar einen wesentlichen, jedoch nicht den entscheidenden Teil der Geschichte dar. Im Unterschied zum mittelrepublikanischen Säulenmonument des Gaius Duilius (LA75), dessen Schiffsschnäbel sich konkret auf einen Seesieg beziehen und dessen unmittelbare Folge – die Erbeutung feindlicher Schiffe – deutlich zur Schau tragen, wird der maritime Aspekt des militärischen Erfolges an der kaiserzeitlichen Säule eher subtil vermittelt.
Die Marcussäule LA56 rekurriert hinsichtlich Erzählweise und Einzelszenen auf die ältere Trajanssäule, jedoch zeichnet sich in den Schiffsbildern ein wesentlicher Unterschied ab. Man findet nämlich hier, von der kruden Kopie der Eingangsszenen am Säulenfuß einmal abgesehen, keinen direkten Bezug zwischen den Schiffen und konkret geschilderten historischen Ereignissen. Generische Schiffsbrücken oder Hafenszenen können für jede beliebige Kampagne stehen. Schiffe und Boote sind füllendes Beiwerk, dessen Fehlen die Verständlichkeit der Handlungsszenen nicht wesentlich mindern würde. Diese gegenüber der älteren Säule veränderte Auffassung erklärt sich vordergründig durch den geographischen Rahmen der erzählten Ereignisse, in deren Verlauf Meeres- und Flussquerungen keine wesentliche strategische Bedeutung zukam.
Rundplastische Eberkopfproren
Eine auffällige Koinzidenz begegnet in den beiden rundplastischen Skulpturen LA62 und LA73, die einander in der thereomorphen Ausbildung des Schiffsbugs ähneln: Es handelt sich um Eberköpfe. Derjenige des Fragments LA62 dürfte unter Berücksichtigung seiner Position im Verhältnis zum übrigen Block als Obersporn fungiert haben, während der eigentliche Rammsporn offenbar fehlt. Wenngleich eine gewisse Ähnlichkeit zum Rostrum LA14 in Ostia auffällt, möchten wir aufgrund der Fundlage in der Senke zwischen Kolosseum und Caelius-Hügel eine Zugehörigkeit zu einem Grabmal tendenziell ausschließen. A. Göttlicher sah in dem Fragment die Überreste einer Brunnenskulptur, die möglicherweise mit dem Tempel des Divus Claudius im südöstlichen Stadtgebiet in Verbindung standen115. Es ist die Vermutung zulässig, dass dergleichen Schiffspartien vereinzelt auch abseits von Grabmonumenten, als Zierat etwa an Fassaden öffentlicher Bauten verwendet wurden.
An dem in einer frühneuzeitlichen Kopie überlieferten Steinschiff LA73 auf dem Caelius bildet der Eberkopf den oberen Abschluss des vorderen Stevens. Man muss hier die antiken Bestandteile von den offenbar neuzeitlichen Hinzufügungen – heraldischen Bändern hinter dem Eberkopf – trennen. Ferner von Interesse und wahrscheinlich unmittelbar vom antiken Original abgeleitet, ist die gesimsartige Ausbildung der seitlichen Ruderkästen. Die Riemenöffnungen sind mit s-förmigen Zwischenelementen versehen, so dass der optische Eindruck einer architektonischen Gliederung entsteht. Wenngleich der exakte Anbringungsort der antiken Skulptur im Dunkeln bleibt, ist angesichts der Fundregion ein Zusammenhang mit einem öffentlichen Gebäude auch in diesem Fall wahrscheinlich. So könnte der Tempel des Jupiter Redux, dessen Standort in der Nähe der heutigen Kirche S. Maria in Domnica vermutet wird, Herkunftsort der Plastik sein.
Buchstabenschiff
‚Buchstabenschiffe‘ sind zeitlich und landschaftlich weit verbreitet, was sich in erster Linie ihrer simplen Herstellung verdankt. Wenngleich aus Rom im Graffito LA269 nur ein einzelnes Buchstabenschiff erhalten ist (gegenüber zwölf Exemplaren aus Pompeji)116, kann dieser Befund für Latium nicht absolut gesetzt werden. Vielmehr muss man, die generell schlechteren Erhaltungsbedingungen von Graffiti berücksichtigend, auch in Latium eine ursprünglich größere Verbreitung dieses Sondermotivs annehmen. Das hier genannte Graffito befand sich an einer Wand der Basilica Argentaria, dem Gebäude der Geldwechsler am Caesarforum, welcher in trajanischer Zeit errichtet worden war. Der damit verbundene Terminus post quem datiert es lange nach den möglicherweise bereits vor der Mitte des 1. Jh. n.Chr. gezeichneten pompejanischen Darstellungen. Im Graffito aus der Basilica lautet der Schriftzug NEPTUNUS117, wobei das T in der Schiffsmitte zu einem hohen Mast mit quergestellter Rah vergrößert ist. Im gleichen Duktus bildet das S am linken Wortende den Kiel sowie den aufgeschwungenen Vorsteven. Die primäre Darstellungsintention liegt in dem Schriftzug selbst, Neptunus, welcher als Dankbezeugung an den Meeresgott gelesen werden kann. Wenn der Zeichner dann die Schrift zu einem Schiff erweiterte, dann vermutlich in der Absicht, der genannten Gottheit ein Attribut zuzuweisen. Eine tiefere, persönliche Beziehung zur Schifffahrt und zur See ist nicht vorauszusetzen.