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III. A. 5. 1. g Kontext der Exemplare in Gräbern

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Im Rahmen dieser Kontextuntersuchung rückt zunächst die Nekropole bei der Porta Laurentina in den Fokus, sodann erst der Grabbezirk auf der Isola Sacra. Fresko LA35 stammt aus dem sog. Grab der Isis-Priesterin (Grab 17/18). Die Bezeichnung dieses Grabes, das seinen Bestattungen zufolge über einen längeren Zeitraum in Verwendung war, rekurriert auf die Darstellung einer Frau mit Sistrum. Während diese vermeintliche Priesterinnendarstellung in die Entstehungszeit und damit in das späte 1. Jh. v. Chr. datiert, gehört die Schiffsdarstellung in eine wesentlich spätere Nutzungsphase; sie kann wahrscheinlich mit der frühseverischen Bestattung eines Mannes verbunden werden, welcher an der dem Schiffsbild benachbarten Wand als Protagonist einer gemalten Gelageszene auftritt. Die Schiffe selbst sind Bestandteil einer kleinen Nillandschaft, in welcher ein überdimensionierter Löwe einen Stier anfällt. Hinsichtlich Größe und visueller Relevanz im Bild sind die Fahrzeuge der Jagdszene deutlich untergeordnet.

Im ebenfalls severischen Fresko LA32 mit dem Schiff Isis Geminiana, welches die linke Seitenwand eines anderen Grabes derselben Nekropole zierte, war neben dem Fahrzeug selbst eine Darstellung des Merkur mit Caduceus und Beutel vorhanden. Die inhaltliche Verbindung beider Szenen ist offenkundig. Während Merkur den geschäftlichen Erfolg als solchen verkörpert, repräsentiert das Schiff dessen Grundlage und konkrete Voraussetzung. Dabei ist wahrscheinlich der Verstorbene, wohl ursprünglich ein Freigelassener, in der Figur mit schwarzer Toga zu erkennen, die auf dem Schiffsdeck das Geschehen überwacht. An der dem Eingang gegenüberliegenden Grabwand traf man überdies auf eine Bankettszene, welche den Wohlstand und die zu Lebzeiten geübte Freigebigkeit des Grabinhabers betont. Die Position dieser Szene, die im Format derjenigen mit dem Schiff ganz gleicht, weist sie als eigentliche Hauptszene aus, zu der die Schiffsdarstellung links das erläuternde Beiwerk stellt.

Eine grundlegende Behandlung der Mosaiken von der Isola Sacra unternahm G. Calza, indem er alle herausragenden Exemplare nach Gräbern geordnet vorstellte71. Sämtliche Gräber, ihre Dekorationen und mithin auch die Schiffsdarstellungen sind im pagan-sepulkralen Kontext verortet. Konkret mit einem bestimmten Grab verbunden werden fünf der insgesamt sieben Darstellungen aus der Nekropole (s. Plan 5). Dies gilt für die Objekte LA51 (Grab 16), LA50 (Grab 43), LA47 (Grab 78), LA49 (Grab 86) und LA48 (Grab 90).

Von den genannten Mosaiken (LA49–LA51) ist dasjenige bei Grab 43 groß und prominent in der Vorhalle angebracht72: Es zeigt zwei Frachtschiffe, die antithetisch um einen Leuchtturm gruppiert sind. Die Vorhalle liegt nur wenige Meter von der die Nekropole durchschneidenden Via Severiana (Via Flavia) entfernt und war von dort aus gut einzusehen. Hierin liegt ein fundamentaler Unterschied zu den übrigen Schiffsmosaiken der Nekropole, insbesondere aber zu denen der Grabkomplexe 16 und 86, die jeweils im Inneren des Areals und damit vor den Blicken Vorübergehender verborgen lagen. Im Inneren von Grab 43 waren Gemälden vorhanden, eine Fluss- bzw. Nillandschaft mit Enten (jedoch ohne Schiffe) und eine Löwenjagd73. In den anderen Gräbern, denjenigen also, welche Schiffe im Inneren zeigten, waren diese zumeist Bestandteil eines weit gefassten Dekorationskonzeptes. So begegnen beispielsweise im hinteren Abschnitt von Grab 16, dessen Eingang das Mosaik LA51 markiert74, Darstellungen der Schicksalsgöttingen (Parzen) Nona, Decima und Morta sowie außerdem dionysische Motive (Silen, Pan). Zentral gegenüber der Eingangsöffnung war eine Bankettszene gemalt und an der Decke erschien ein Pfau75.

Ganz im Verborgenen lag das Mosaikbild LA49 aus Grab 86, dessen weiße Tesserae deutlich aus dem dunklen Hintergrund hervorstechen und das Boot des Charon auf dem Styx darstellen76. Dieses Grab liegt in der zweiten Gräberreihe in größerer Entfernung zur Straße. Vermutlich in frühhadrianischer Zeit angelegt, gehört es relativchronologisch zu den jüngeren Gräbern der Nekropole. Wenngleich das Mauergeviert um den eigentlichen Grabraum erst in einer zweiten Bauphase entstanden ist, war das Mosaikbild durch seine Lage im Rauminneren von Beginn an der öffentlichen Wahrnehmung entzogen. Anscheinend war das Charonboot die einzige Bilddarstellung überhaupt in diesem Grab.

Das Innere von Grab 90, dessen Errichtung ebenfalls hadrianisch datiert und aus welchen der, allerdings deutlich jüngere, schiffsbildgeschmückte Sarkophag LA48 stammt, war reich mit Stuckbildern dekoriert, die zum Teil bereits vertraute Themen und Motive aufgriffen77. Neben fliegenden Schwänen und einem Adler war dort an der Decke ein Löwenjagdgemälde angebracht. Die seitlichen Wände bedeckten Darstellungen des Narziss (links) und des Hylas (rechts), denen beiden das Wasser zum Verhängnis wurde78. Der Sarkophag selbst war ausweislich der Inschrift am unteren Rand einer von mehreren für dieses Grab gefertigten und stand ursprünglich in einem dem Eingang gegenüberliegenden Arkosol. Ein inhaltlicher Bezug des Sarkophagbildes auf die Gemäldedekoration im Grab ist nicht zu erkennen. Während Stuck und Fresken idyllische Landschaften wiedergeben, bezieht sich das Sarkophagbild mit seiner Darstellung eines Frachters vor dem Hafen retrospektiv auf das Leben des Bestatteten.

Deutlicher als alle übrigen Darstellungen aus der Nekropole verweist das Terrakottarelief LA47 von Grab 78 auf die Arbeitswelt in einer Hafenstadt79. Während dieses Relief schräg rechts über dem Eingang angebracht war, saß auf der Gegenseite eine ähnlich geformte Reliefplatte, die eine Getreidemühle zeigte. Da dem Grab eine Einfriedung von Beginn an fehlte, lag die Front mit den Reliefdarstellungen unmittelbar zur Straße hin. Das Schiffsbild reiht sich in eine Folge vergleichbarer Szenen aus dem Arbeitsalltag ein80, allerdings nehmen diese kaum jemals auf die Schifffahrt oder den Hafen konkreten Bezug. Im Inneren des Grabes 78 trugen die Seitenwände Bilder des Herakles (rechts) und des Neptun (links)81, diese sind die einzigen erhaltenen Dekorationen.

Funktional ähneln die Terrakottaplatten vor den Gräbern jenen Ladenschildern, die im lebensweltlichen Bereich der Stadt vereinzelt als Werbeträger vor den Werkstätten oder Tabernae angetroffen werden. Hierunter zählt etwa das Relief LA21 von der Westseite der Casa di Annio, das wir aus diesem Grund aus der Besprechung der innerstädtischen Objekte ausgliedern. Dieses heute stark verwaschene Abbild eines Frachtschiffes mit Cheniscus und üppigem Rahsegel saß zwischen dem zweiten und dritten Hauseingang in ca. zweieinhalb Metern Höhe. Einige Meter weiter nördlich folgte ein weiteres Terrakottarelief, das Händler oder Kunden inmitten von Vorratsgefäßen darstellte. Beide gemeinsam flankierten einen Zugang. Die dahinter liegenden Räume werden als Arbeitsräume interpretiert. Ausgenommen ist ein einzelner großer Raum im Südwesten, der als Taberna gedient haben könnte. Die vorhandenen Malereien, in denen Vögeln und Pflanzen dargestellt sind, resultieren aus einem im 3. Jh. erfolgten Umbau der Anlage zu einem Wohnkomplex und stehen mit ihrer ursprünglichen Nutzung in keinem Zusammenhang. Für regen Personenverkehr zwischen Haus und Straße sprechen die weiten Raumöffnungen des Gebäudes nach Westen und Süden hin. Offenkundig sollte, wer das Gebäude betrat, die Reliefs an der Fassade inhaltlich aufeinander beziehen. Das Schiff und seine Ladung gaben den Hinweise auf jene Waren, die den Kunden hinter der Mauer erwarteten konnten und zeigten zugleich deren Herkunft an. Über die Analogie der Gräber zu den Wohn- und Arbeitsgebäuden bemerkte Calza, dass erstere nicht zufällig in mancherlei Aspekt den Gebäuden der Lebenswelt in ähnlich sahen82. Wenngleich die Evidenz insgesamt recht dünn ausfällt, ist die Übernahme berufsspezifischer Darstellungskombinationen aus der Stadt in die Nekropolen wahrscheinlicher, als der umgekehrte Vorgang, da sie in ersterer – wie gezeigt – einen unmittelbaren praktischen Nutzen erfüllen konnte.

Mit Ausnahme von LA50 aus Grab 43, dessen Grundsteinlegung erst severisch datiert, gehören sämtliche schiffsgeschmückten Gräber auf der Isola Sacra der trajanischen bis antoninischen Zeit an. Insgesamt stellen diese im Bildgut der Gräber nur einen Ausschnitt dar, wie eine kurze Übersicht der Mosaikthemen aus der Nekropole erhellen kann. So sind von etwa 100 vorhandenen Gräbern neben den bereits genannten 21 weitere mit unterschiedlichen Mosaikthemen ausgestattet (s. Plan 5), unter welchen sich wiederum zwei größere Gruppen abheben. Tessellate mit figürlichen Themen hatten die Gräber 30, 34, 42, 72, 75, 80, 87, 88 und 101 wobei hier häufig Vogelmotive, aber auch Götter, Heroen und Menschen begegnen. Ausschließlich geometrischen Inhalts war der Bodendekor der Gräber 29, 35, 36, 39, 55 und 92, während Mosaiken mit rein verbalem Inhalt nur zweimal – in den Gräbern 21 und 31 – begegnen. Bei zahlreichen weiteren Grabbauten (20, 23, 38, 41, 45, 85, 93) sind ebenfalls Überreste von Mosaiken vorhanden, ohne dass sich jedoch deren Inhalt noch bestimmen ließe; ob hier eventuell Schiffs- oder andere figürliche Darstellungen existierten, bleibt also unklar.

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