Читать книгу Wenn es gegen den Satan Hitler geht ... - Georg von Witzleben - Страница 11

Dienst am Vaterland in der schlesischen Heimat

Оглавление

Nach bestandener Offiziersprüfung kehrte Witzleben sogleich in seine Heimat Schlesien zurück und trat in das Grenadierregiment König Wilhelm I. (2. Westpreußisches) Nr. 7 in Liegnitz ein.84 Die sogenannten Königsgrenadiere waren ein Traditionsregiment, das von König Friedrich Wilhelm II. von Preußen am 20. Februar 1797 gegründet worden war.85 Das Regiment hatte einen ausgezeichneten Ruf.86 Der Dienst bedeutete für den jungen Offizier eine klare Positionierung im Staatsgefüge und dessen Gesellschaftsordnung.87 Das Offizierkorps bestand ausschließlich aus Angehörigen adeliger Familien88, was in der preußischen Armee des beginnenden 20. Jahrhunderts nicht mehr für alle alten Regimenter galt.89 Durch den Kaisersohn Prinz Oskar von Preußen, der dem Regiment beigeordnet war, bestand zudem eine direkte Verbindung zur Herrscherfamilie.90 Witzleben machte als Kadett und junger Offizier vergleichbare, zeittypische Erfahrungen, wie sie auch aus den Biografien anderer späterer Feldmarschälle hervorgehen.91

Noch am 22. März 1901 wurde er mit Patent vom 22. Juni 1901 Leutnant und am selben Tag Zugführer in der 12. Kompanie. In den nächsten Jahren sollte er mehrere Kompanien des Regimentes durchlaufen, Jahre, die wohl zu den unbeschwertesten seines Lebens gehörten.92 Witzleben verrichtete seinen Dienst gern und nutzte die freie Zeit, um sich seiner Passion, der Jagd, zu widmen.93 Anfang des 20. Jahrhunderts war auch die Zeit der fortschreitenden technischen Entwicklung in der Armee. Witzleben konnte die Innovationen gerade bei der Entwicklung von Luftstreitkräften während einer Vorführung in Liegnitz selber beobachten.94

1905 war er zusammen mit seiner Mutter, die mittlerweile auch in Liegnitz lebte, zur Hochzeit von Paul Kleeberg, einem Bekannten der Familie, eingeladen.95 Die Schwester des Bräutigams war die am 10. März 1885 in Chemnitz geborene Alma Elsa Margaretha Kleeberg.96 Die Neunzehnjährige entging Witzlebens Aufmerksamkeit keineswegs, und er fasste Zuneigung zu ihr. Elsa Kleeberg, die in der Familie immer nur Else gerufen wurde, war eine sehr aufgeweckte und temperamentvolle junge Frau, die mit drei älteren Brüdern aufgewachsen war.97 Sie war klug und gebildet und hatte ein gesundes Selbstbewusstsein. Zuweilen konnte sie sich über etwas aufregen und auch laut werden, war dabei aber nie nachtragend.98 Elsa Kleeberg interessierte sich sehr für Politik und setzte sich mit aktuellen politischen Fragen auseinander. Wenn sie von einer Sache überzeugt war, blieb sie konsequent.99 Sie war nicht nur ein wacher Geist, sondern auch sehr beliebt.100

Die evangelische Kirche und der Glaube an Gott spielten in Elsa Kleebergs Leben eine große Rolle; sie besaß auch eine umfangreiche Bibliothek, in der sich zahlreiche religiöse Schriften befanden.101 Gleichwohl wuchs sie in einem sehr liberalen Elternhaus auf. Ihr Vater, Stadtrat Friedrich Richard Kleeberg, war Freimaurer und Meister vom Stuhl.102 Auch ein Treuegefühl gegenüber dem sächsischen König bestand im Hause Kleeberg. Elsa Kleeberg liebte das Reiten und das Spielen am Klavier,103 auch war sie eine begeisterte Schützin und der Jagd zugetan.104

Das junge Paar fühlte sich sehr zueinander hingezogen105, und die beiden entschieden sich schnell, ihr zukünftiges Leben miteinander zu teilen. Bereits 1906 verlobten sie sich, konnten jedoch nicht gleich heiraten.106

Leutnante und Oberleutnante bezogen nur ein sehr bescheidenes Gehalt, mit dem sich keine Familie ernähren ließ. Andererseits war die Stellung eines Offiziers in der Gesellschaft jedoch so bedeutend, dass auf solide finanzielle und familiäre Verhältnisse größten Wert gelegt wurde. Somit war es Offizieren unter dem Rang eines Hauptmanns verboten, zu heiraten. Allerdings konnten Ausnahmen genehmigt werden, wenn der heiratswillige Offizier nachwies, dass er aus anderen – moralisch vertretbaren und legalen Mitteln – über ausreichende Ressourcen verfügte, um eine Familie ernähren zu können.107 Da seine zukünftige Frau vermögend war, wurde die Heirat des Leutnants gestattet.108 Am 21. Mai 1907 heiratete Witzleben Elsa Kleeberg in der Kirche zu St. Jakobi in ihrer sächsischen Heimat Chemnitz.109

Das Paar zog zusammen und lebte gemeinsam in Liegnitz. Als Tochter eines erfolgreichen Seidenfärbereibesitzers bekam die junge Frau eine große Aussteuer mit in die Ehe. Dazu gehörten neben zahlreichem Mobiliar auch größere finanzielle Mittel.

Die Eheleute ergänzten sich in vielfältiger Hinsicht. Witzleben bestand in seiner Ehe nicht auf einer einseitigen, patriarchalischen Führung. So war beispielsweise seine Frau diejenige, die fortan im Witzleben’schen Haushalt für die Verwaltung der Finanzen zuständig war, ungewöhnlich für die damalige Zeit.110 Dank der finanziellen Ausstattung war es Witzleben möglich, eine eigene Jagd zu pachten.111 Gemeinsam teilten beide die Freude am Klavierspielen; ein großes schwarzes Piano blieb jahrzehntelang gern genutztes Inventar.112 In dieser Zeit wurde Witzleben von einem Kameraden als jemand beschrieben, der »klar, gerade, immer verbindlich kameradschaftlich« war und sich »nie in den Vordergrund« drängte.113

Am 8. März 1908 kam in Liegnitz das erste Kind, Eva Maria Edelgarde Charlotte Amalie, zur Welt.114 Die Kleine wurde fortan »Edel« gerufen.115 Einige Monate später wurde Witzleben in das Bezirkskommando nach Hirschberg kommandiert, blieb aber formal Angehöriger seines Regimentes.116 Die Bezirkskommandos waren den jeweiligen Generalkommandos unterstellte Militärbehörden, vor allem zuständig für die Überwachung der Wehrpflicht und Rekrutierungsfragen.117 Hier kümmerte sich Witzleben auch um die Veteranen seines Regiments.118

Die Familie siedelte von Liegnitz nach Hirschberg über. Dort wurde am 3. Juli 1909 das zweite Kind geboren, Job Wilhelm Georg Richard Erwin.119 Und nach neun Jahren als Leutnant erfolgte schließlich am 26. Juni 1910 mit 28 Jahren Witzlebens Beförderung zum Oberleutnant.120

Am 6. November 1911 wurde er in Hirschberg verabschiedet, um anschließend wieder zu seinem Regiment zurückzukehren. Die Familie zog nach Liegnitz zurück.121 In den folgenden Jahren diente Witzleben in sechs Kompanien seines Regiments.122 1913 wurde der Oberleutnant dort so sehr gefordert, dass er auch seine Teilnahme am 23. Familientag – der am 22. November 1913 in Berlin stattfand – aus »dienstlichen Gründen«123 absagen musste. Witzleben war bereits 1908 dem Witzleben’schen Familienverband beigetreten.124

Sein Privatleben war in dieser Zeit nicht ohne Probleme: Nach der Heirat kam es immer wieder zu Konflikten zwischen Mutter und Schwiegertochter, die bis zum Tode der Mutter 1925 anhielten. Witzlebens Tochter vermutete später, dass sich die Schwiegermutter in die Familienführung der jungen Schwiegertochter einmischte. Erschwerend kam hinzu, dass sie alle in der Kleinstadt Liegnitz lebten. Witzleben war das einzige lebende Kind seiner verwitweten Mutter, und Elsa von Witzleben besaß einen ebenso starken Charakter wie ihre Schwiegermutter. Witzleben hat unter den Auseinandersetzungen, zu denen es zwischen den beiden kam, sehr gelitten, war jedoch nicht imstande, sie zu beenden.125

Abgesehen davon war seine Ehe nach dem Zeugnis der Tochter und dem von Freunden sehr glücklich.126 Witzleben liebte seinen Beruf und darin die Ausbildung von jungen Soldaten, aber nicht minder genoss er auch das Leben mit der Familie. Mehrere Urlaubsaufenthalte, sowohl an der Ostsee in Bansin als auch im Thüringer Wald, der alten Heimat der Großfamilie, erlebte er in diesen Jahren. Das Paar reiste auch nach Berlin und verbrachte dort einen vergnügten Urlaub.127

Es war die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, in der Deutschland – zur Großmacht aufgestiegen – prosperierte und der Wohlstand in Frieden von der jungen Familie genossen werden konnte. In diesen Jahren wuchsen die beiden Kinder heran. Elsa von Witzleben war in der für diese Zeit selbstverständlichen Rollenverteilung für ihre Erziehung verantwortlich. So war sie diejenige, die mit den Kleinen abends vor dem Schlafengehen betete und sang. Allerdings war sie strenger mit den Kindern als ihr Mann,128 achtete aber auch auf liebevolle Fürsorge, sodass sie bis zu ihrem Tod 1942 zu Tochter und Sohn ein gutes Verhältnis bewahren konnte. Wenn es sich zeitlich ergab, dann brachte auch der Vater die Kinder abends zu Bett und betete mit ihnen.129 Solange sie noch nicht erwachsen waren, blieb der Sonntag »Elterntag«. Die Eltern spielten mit Tochter und Sohn und gingen mit ihnen spazieren.130

Wenn es gegen den Satan Hitler geht ...

Подняться наверх