Читать книгу Blume des Bösen - Gerd-Rainer Prothmann - Страница 4
ОглавлениеIhre ersten sexuellen Erfahrungen hatte sie mit zwölf. Noch hatte sie mit keinem geschlafen. Sie war aber schon äußerst geschickt mit den Händen und brachte den Jungen bei, sich am Strand ein Loch zu buddeln, um sich statt mit ihr mit der großen Mutter Erde zu vereinigen.
Darauf durfte sich aber keiner etwas einbilden. Größere Gefühle blieben für ihren Vater, Fidel und die Revolution reserviert.
Auch José Reyes nicht. Ihr Gesangslehrer. Der war schon sechsundzwanzig und durfte sie auf ihren Wunsch in der Instrumentenkammer entjungfern. Wenn er hinter ihr stand und ihr Zwerchfell kontrollierte, ob sie auch mit Stütze sang, hatte er stets eine gewaltige Erektion. Und Laura wollte unbedingt von einem richtigen Mann entjungfert werden.
Damals war sie dreizehn.
Aber sie war kein berechnendes Luder. Bei allem, was sie tat, besaß sie eine natürliche Würde.
Mit fünfzehn war sie schon eine kleine Berühmtheit. Wegen ihrer außerordentlichen Musikalität, ihrer Intelligenz und auch wegen ihrer Schönheit. Man sagte ihr damals eine große Karriere als Sängerin voraus.
Der graue Wollschal, den sie sich um den Kopf gebunden hatte, war mittlerweile total durchnässt. Sie nahm ihn ab, wrang ihn aus und behielt ihn in der Hand. Zum Schutz vor Regen hätte sie ihn nicht gebraucht. Wie beim Vogelgefieder perlte der Regen von ihren vollen Locken einfach ab. Sie ging in eine Nebenstraße. Niemand war zu sehen. Als hätte der Regen alle weggespült. Auch bei Sonnenschein hätte sie nicht mehr Leute gesehen. Hier waren die Wohnungen Verstecke. Anders als in Kuba. Dort war alles zu sehen. Dort versteckte man sich höchstens vor der Sonne. Sie vermisste den ständigen Austausch von Blicken. Diese unverhohlene Neugier aufeinander. Die sinnliche aufdringliche Körperlichkeit.
Der Regen war stärker geworden.
Wie in Kuba, wenn die plötzlichen Regengüsse durch die undichten Fenster und Dächer der baufälligsten Häuser schlugen und die Leute ihre wackeligen Möbel notdürftig mit Plastikbahnen abdecken und schnell alle Stecker aus den Steckdosen ziehen mussten, um Kurzschlüsse zu vermeiden.