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Frühwarnsystem und neue Fälle

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Nachdem sogar DFB-Schiedsrichter die mangelnde Überwachung bei Spielen unterhalb der Bundesliga bemängelt hatten, reagierte der Verband professionell und konsequent mit einem umfangreichen Maßnahmenkatalog: So sollten Schiedsrichter, die in die 2. Liga aufsteigen wollten, drei Jahre lang in den unteren Klassen beobachtet werden. Sämtliche Spiele der Bundesliga und des DFB-Pokals wollte man zukünftig mit einem weiteren DFB-Schiedsrichter als Beobachter besetzen, und darüber hinaus sollten zwei Schiedsrichtergespanne direkt am Spieltag noch getauscht werden. Zusätzlich schloss der DFB einen Vertrag mit der Firma ISE/Market Monitor, die mit betradar.com ein Frühwarnsystem aufgebaut hatte. Das Unternehmen verfolgte die Quotenveränderungen der Wettanbieter in Zwei-Minuten-Intervallen. Veränderten sich die relativen Raten auffällig, wurden automatisch Warnhinweise per E-Mail oder SMS verschickt. Ein Kraftakt! Und es war nicht unbedingt einfach, sämtliche privaten Wettanbieter und den staatlichen Anbieter Oddset von der Notwendigkeit der getroffenen Maßnahmen zu überzeugen. Letztendlich schaffte man es aber, rund 80 Prozent der deutschen Spiele im Angebot über Betradar zu überwachen.

Die Hoffnung, dass man den kriminellen Machenschaften der Zocker endgültig einen Riegel vorschieben könnte, erfüllte sich nicht. Ante Sapina war nach den gemeinsamen Aktivitäten mit Hoyzer ebenfalls zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Doch bereits während der Haft zettelte der Kroate als Freigänger neue Betrügereien an. Sapina und Komplizen sollen ab 2008 rund 200 Spiele weltweit manipuliert und dabei Millionen umgesetzt haben. Darunter sogar Champions-League-Spiele, Partien der Europa League – aber auch unterklassige Spiele in Deutschland, bei denen, so die Hoffnung der Wettbetrüger, die Manipulationen nicht so auffallen würden. Sapina, der zusammen mit einigen Komplizen durch die Telefonüberwachung der Staatsanwaltschaft Bochum in Kreisen des organisierten Verbrechens aufgeflogen war, saß zunächst bis April 2011 in Untersuchungshaft und wurde im Mai des Jahres schließlich zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt.

Man könnte meinen, damit sei das Problem erst einmal vom Tisch. Ähnliche Meldungen bzw. Vermutungen aus vielen Teilen der Welt in anderen Fußballligen machen deutlich, dass dem nicht so ist. Aber das neue Bewusstsein, das klare Durchgreifen des DFB und der Justiz und die seither gestiegene Sensibilität bei allen Beteiligten, die diesen Sport niemals verraten würden, lässt uns doch deutlich zuversichtlicher in die Zukunft schauen. Dort, wo so viel Geld im Spiel ist wie beim Fußball, sind Auswüchse bis hin zur Kriminalität niemals auszuschließen. Und bis heute hat sich niemand ernsthaft die Frage gestellt, ob nicht auch ein Sportsystem denkbar wäre, in dem es kein Geld zu verdienen gibt. Dazu bietet insbesondere der Fußball zu große wirtschaftliche Chancen, und dazu ist er fest in den professionellen Strukturen der Marktwirtschaft verankert. Aber man sollte nie vergessen, dass das alles nur deshalb funktioniert, weil es ein breites gesellschaftliches Interesse an diesem Sport gibt, das nur durch Qualität und Glaubwürdigkeit dauerhaft erhalten werden kann.

Seit der Aufdeckung des Wettskandals Anfang 2005 hat sich »Hoyzer« übrigens als Schimpfwort und Synonym für Betrug durchgesetzt. Wer als Spieler einen Schiedsrichter als »Hoyzer« bezeichnet, sieht automatisch die Rote Karte und wird für drei Spiele gesperrt.


Verrat am Sport: Zuschauerproteste gegen die Zocker-Mafia.

50 Jahre Bundesliga – Wie ich sie erlebte

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