Читать книгу 50 Jahre Bundesliga – Wie ich sie erlebte - Gerhard Delling - Страница 43

Weisweilers goldenes Händchen

Оглавление

Diese Euphorie hatte Trainer Hennes Weisweiler am legendären Bökelberg entfacht. Er brachte die »Fohlen« dazu, die Bundesliga sozusagen im gestreckten Galopp zu erobern. Als er die bis dahin nur mäßig erfolgreiche Borussia auf Empfehlung von Bundestrainer Sepp Herberger zur Saison 1964/65 übernahm, hatte zwar schon sein Vorgänger Fritz Langner Talente aus der Region in den Profikader eingebaut. Der große Unterschied war jedoch, dass Langner mit seinem Kasernenhofton die Youngster nicht erreichte. Manager Helmut Grashoff sagte anlässlich der Verpflichtung Weisweilers: »Es war an der Zeit, Langner gegen etwas Geniales einzutauschen – gegen einen Trainer, der die volle Entfaltung der hoffnungsvollen Ansätze bewirken könnte.« Weisweiler konnte das – Helmut Schön sagte einmal über seinen Trainerkollegen: »Hinter der bärbeißigen Schale steckte ein weicher Kern!« –, wenngleich es ein paar Jahre dauerte, bis er seine Ansammlung von »Bubis« zu einer absoluten Spitzenmannschaft geformt hatte.

Neben seinem goldenen Händchen für Talente war es vor allem Weisweilers Fußballphilosophie, die den Erfolg an den Niederrhein brachte. »Fußball muss Spaß machen. Mir ist ein 5:4 lieber als ein 1:0«, lautete sein Credo. Ohne ihn hätten sich Spieler wie Heynckes, Netzer, Vogts und Bonhof wohl kaum zu solchen Klassespielern entwickelt. Für einige, insbesondere für den Waisen Berti Vogts, war er sogar Vaterersatz. Mit anderen geriet der gestrenge Fußballlehrer regelmäßig aneinander. In Mönchengladbach vor allem mit Günter Netzer, dem er »keine Extrawürste braten wollte«.

Die Privatfehde zwischen dem Trainer und Netzer gipfelte im Pokalfinale 1973 gegen den 1. FC Köln. Weisweiler hatte seinen Superstar »aus rein sachlichen Gründen«, wie er behauptete, auf der Bank gelassen. Die Verbannung auf die Bank hatte aber wohl doch eher damit zu tun, dass Netzer zuvor seinen Wechsel zu Real Madrid bekannt gegeben hatte. Als es nach der regulären Spielzeit 1:1 stand, wechselte sich Netzer ohne Rücksprache mit dem Coach selbst ein. Der Rest ist Fußballgeschichte. Nach einem Doppelpass mit Rainer Bonhof schoss Netzer mit einem der schönsten Tore seiner Karriere den 2:1-Siegtreffer (in seinen eigenen Worten geschildert in Kapitel 18).


Idole, die auch als Sammelbildchen begehrt waren: die Gladbacher Stars Günter Netzer, Jupp Heynckes, Rainer Bohnhof und Berti Vogts.

Mit Netzer und Weisweiler trafen zwei ausgesprochen starke Charaktere, aber auch zwei extreme Sturköpfe aufeinander. Scherzhaft hatte Weisweiler mal gesagt: »Abseits is, wenn dat lange Arschloch mal wieder zu spät abgespielt hat.« Trotzdem war die Beziehung stets von gegenseitiger Wertschätzung und Respekt voreinander gekennzeichnet und von großem Verantwortungsbewusstsein für das Gelingen der Arbeit auf beiden Seiten. Für den Trainer war Netzer der verlängerte Arm auf dem Spielfeld. »De Jünter« wusste, was der Coach wollte. Was natürlich nicht hieß, dass der alles widerspruchslos schluckte, was Weisweiler ihm auftrug. Und dann gab es schon mal Krach. Völlig überraschend hat sich Netzer immer wieder dafür stark gemacht, das Spiel der Gladbacher zu beruhigen, wie er das nannte. Im Grunde wollte er aber nur die Genehmigung dafür, Pausen einzulegen. Denn der Trainer wollte, dass es immer rauf und runter geht in diesem Spiel. Netzer monierte, dass das zwar gut aussieht, aber nicht durchzuhalten ist, so dass am Ende immer die Bayern den Titel gewinnen. Er wollte stattdessen einen gewissen Rhythmus ins Spielgeschehen bringen.

50 Jahre Bundesliga – Wie ich sie erlebte

Подняться наверх