Читать книгу 50 Jahre Bundesliga – Wie ich sie erlebte - Gerhard Delling - Страница 36

»Wie ein böser Traum«

Оглавление

Mit einem Sieg in der Woche darauf gegen Borussia Dortmund hätten die Franken einen Riesenschritt zur Rettung machen können. Doch mehr als ein 2:2 gegen den Mitkonkurrenten im Abstiegskampf sprang nicht heraus und Nürnberg musste weiter bangen, unter anderem weil Torhüter Jürgen Rynio einen Treffer gegen den BVB kassierte, der manch einem damals haltbar erschien. Und so kam es in der Woche darauf zum »Endspiel« in Köln. Der »Club« verlor gegen die »Geißböcke« mit 0:3, und das Unvorstellbare war eingetreten – der amtierende Deutsche Meister stieg sang- und klanglos direkt in die Regionalliga ab. Viele der Nürnberger Spieler heulten beim Abpfiff Rotz und Wasser, Jürgen Rynio hingegen spazierte scheinbar bestens gelaunt vom Spielfeld. Und entgegen seiner Treueschwüre zum »Club« packte der Torhüter nach dem Abstieg flugs seine Koffer und wechselte von Nürnberg nach Dortmund. Ferdinand Wenauer äußerte später die Vermutung, dass am vorletzten Spieltag nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Und auch wenn Wenauer seinem Mannschaftskameraden natürlich nie ein Fehlverhalten nachweisen konnte, allein diese Episode sagt alles über das soziale Gefüge dieses Ensembles aus.

Fest steht hingegen, dass nie mehr in der Geschichte der Fußball-Bundesliga ein Meister in der darauf folgenden Saison absteigen musste. Und noch schlimmer: Der ruhmreiche 1. FC Nürnberg musste tatsächlich bei Bayern Hof, dem FC 1908 Villingen und – wie »angedroht« – in Heilbronn antreten. »Es ist wie ein böser Traum«, sagte Max Morlock, »man möchte am liebsten nicht mehr nach Hause.«

Vielleicht ist es sogar dieses Erlebnis aus den späten sechziger Jahren, das maßgeblich war für die Entwicklung des 1. FC Nürnberg bis heute. Der »Club« war bis dahin eine große Nummer im deutschen Fußball, doch das Trauma aus dem Sommer 1969 hat der Verein – so scheint es – nie ganz überwunden. Wer weiß, welchen Weg der einstige Rekordmeister gegangen wäre, wenn damals der Abstieg hätte verhindert werden können?

Auch wenn Nürnberg natürlich mit Macht zurück in die Bundesliga wollte, die Franken mussten sich gedulden. Zehn quälend lange Jahre verbrachte der »Club« in der Zweitklassigkeit. Eine Zeitspanne, in der der Nimbus einer Spitzenmannschaft des deutschen Fußballs nachhaltig aufgebraucht wurde. Erst 1978 gelang der Wiederaufstieg in die Bundesliga, doch es war nur ein einjähriges Intermezzo. Seitdem ist der »Club« der Prototyp einer Fahrstuhlmannschaft und gemeinsam mit Arminia Bielefeld Rekordhalter im deutschen Profifußball. Siebenmal stiegen die Franken ab, siebenmal stiegen sie in die Bundesliga auf.

50 Jahre Bundesliga – Wie ich sie erlebte

Подняться наверх