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»Hier darfst du wieder Otto sein«

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Großen Anteil daran hatte Otto Rehhagel, der die Mannschaft zu Saisonbeginn 1996/97 in der 2. Liga übernahm. Aber es hatte auch damit zu tun, dass Leistungsträger wie Andreas Brehme, Olaf Marschall, Pavel Kuka, Axel Roos, Miroslav Kadlec und Torhüter Andreas Reinke dem Verein auch in der 2. Liga treu blieben und diese »Betzebuben« den sofortigen Wiederaufstieg anpeilten. Rehhagel, der mit Werder Bremen in den späten achtziger und frühen neunziger Jahren große Erfolge gefeiert hatte, war in der Saison zuvor in München gescheitert. Ein Erfolgstrainer, der aber, um Erfolg zu haben, auch nach seinem Gusto arbeiten dürfen musste. Niemand, den er nicht für würdig erachtete – und das waren wahrlich wenige –, durfte dem »demokratischen Diktator«, wie er sich selbst einmal nannte, hineinreden.

In der Pfalz hatte er mit seinem alten Intimus, dem 1. FCK-Präsidenten Jürgen »Atze« Friedrich, schon vor der Vertragsunterzeichnung klare Verhältnisse geschaffen. »Hier darfst du wieder Otto sein«, soll Friedrich dem Trainer vor dessen Amtsantritt gesagt haben. Wie schon in Bremen konnte der Altmeister als allmächtiger Provinzfürst schalten und walten, wie er wollte. Und durfte sich dabei der bedingungslosen Unterstützung seiner Männerfreunde Friedrich und Hubert Kessler gewiss sein.

In die Bundesligasaison 1997/98 ging also eine eingespielte Mannschaft, die mit Talenten wie Michael Ballack, aber auch mit gestandenen Spielern wie Rückkehrer Ciriaco Sforza und Marian Hristov ergänzt wurde. Andere wie Kaiserslauterns brasilianische »Zaubermaus« Ratinho oder Flügelflitzer Andreas Buck sowie Nachwuchsstürmer Marko Reich spielten die Saison ihres Lebens.

Die Pfälzer setzten gleich am ersten Spieltag ein Ausrufezeichen! Der Aufsteiger gewann beim Rekordmeister und einmal mehr Topfavoriten der Saison, bei den Bayern, mit 1:0. Für Rehhagel natürlich eine Genugtuung sondergleichen. Unvergessen ist sein Jubellauf durchs Olympiastadion zu den Fans des 1. FCK, inklusive Mineralwasserdusche für jeden, der ihm in die Quere kam. »Es gibt einen Fußballgott – und der sieht alles. Die Rechnung kommt immer, manchmal gleich, manchmal ein wenig später«, sagte Rehhagel nach dem Sieg in München.

Nach einem weiteren 1:0-Erfolg zu Hause gegen Hertha BSC erklommen die Lauterer erstmals die Tabellenspitze und gaben sie nur noch ein einziges Mal wieder ab, nach dem 0:0 am dritten Spieltag gegen den 1. FC Köln. Mit dem 3:0 gegen den FC Schalke am Spieltag darauf verdrängten sie den Karlsruher SC wieder vom Platz an der Sonne.


Mit der Meisterschaft 1998 inthronisierte sich Otto Rehhagel als »König von der Pfalz«. Eine Saison vorher hatte der 1. FC Kaiserslautern noch zweitklassig gespielt. An der Seite des Trainers jubeln nach dem entscheidenden 4:0-Sieg über Wolfsburg Miroslav Kadlec und Pavel Kuka.

Rehhagel ließ seine »Betzebuben« das spielen, was schon in Bremen funktioniert hatte. Es war kein moderner Fußball, aber ein höchst effektiver. Nach zunächst eher biederen, aber eben erfolgreichen Auftritten hatte die Mannschaft reichlich Selbstvertrauen getankt und spielte erfrischenden Offensivfußball.

Die größte Stärke Rehhagels war zweifelsohne seine Fähigkeit, eine ganze Mannschaft zu motivieren, das Bestmögliche aus jedem herauszukitzeln. Er redete jeden einzelnen Akteur stark und machte ihm gleichzeitig klar, dass er nur im Kollektiv Erfolg haben kann. Rehhagels Ansprachen waren altbacken – wie manch einer behauptete. Vielleicht aber auch einfach nur traditionell und klar verständlich! Jedenfalls schaffte er es, sein Konzept und seine Leidenschaft auf die Mannschaft zu übertragen. Und jeder Einzelne fühlte sich bei ihm als Teil einer verschworenen Gemeinschaft. »Wozu braucht meine Mannschaft Doping? Sie hat ja mich«, hat er einmal gesagt. Vor allem aber war es der Erfolg eines Kollektivs, das sich, angestachelt vom »Fußballverrückten« Rehhagel und nach vorne gepeitscht von den FCK-Fans, im Verlauf der Saison immer mehr Selbstbewusstsein erarbeitete.

Diese Mannschaft, sagte Stürmer Olaf Marschall rückblickend, sei keine, die Spiele verwalten konnte. »Wir hatten ja selbst hinten Leute, die offensiv dachten. Und so gewannen wir unsere Spiele eben 4:3 oder 3:2 statt 1:0«, erklärte Kaiserslauterns Stürmer, dem in 24 Begegnungen 21 Treffer gelangen.

50 Jahre Bundesliga – Wie ich sie erlebte

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