Читать книгу 50 Jahre Bundesliga – Wie ich sie erlebte - Gerhard Delling - Страница 41

Lauter kleine Netzers

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Besonders angespornt hat uns völlig überraschend der »Fellini« dieses schwungvollen Ensembles, Günter Netzer, der Regisseur. Wir wollten so spielen wie er, wir wollten auch aus der »Tiefe des Raumes« kommen – selbst wenn bei uns zwischen den provisorischen Toren auf der Straße kaum Raum, geschweige denn die Tiefe desselbigen vorhanden waren. Wir hätten liebend gern so elegant und brillant den Ball verarbeitet. Wir träumten davon, solche Pässe schlagen zu können (und schon deshalb auch so wenig laufen zu müssen wie er) und diese wunderbaren, viel umjubelten Tore zu schießen. So aussehen wie er – das wollten wir nicht! Die Vorstellung, diese langen verschwitzten Haare ständig bei jeder Bewegung im Gesicht und im Mund zu haben, war schon damals nicht wirklich verlockend. Aber so cool und rebellisch rüberkommen wie Günter Netzer damals mit seiner langen Mähne, nichts darauf zu geben, was die anderen sagen, sondern selbstbewusst sein eigenes Ding zu machen, das war natürlich schon verlockend. Und einen Ferrari, den ich nur zu gut aus meinem Sportwagen-Quartett kannte, hätte ich auch nicht abgelehnt.

Aber all das schien für uns dann in Wirklichkeit doch unerreichbar. Wenngleich – ein kleines Stück Netzer gab es ja sogar zu kaufen. Leider stammte ich nicht aus einem reichen Elternhaus, in dem es so einfach möglich gewesen wäre, sich solche Luxusartikel sofort zu besorgen. Deshalb musste ich meinen Eltern schon sehr nachhaltig über Monate in den Ohren liegen, bis endlich der wunderbare Fußballschuh mit dem Aufdruck »Netzer« an meinen Füßen klebte. Natürlich war mein Auftreten damit ein ganz anderes. Zu Anfang zumindest. Aber dann merkte ich sehr schnell, dass mein Spiel sich durch diesen Materialvorteil leider überhaupt nicht verbesserte. Im Gegenteil: Das war damals ein Fabrikat der Firma Puma. Und das hatte, wenn der Schuh ein wenig zu groß war (und das war er natürlich immer, denn der sollte ja für die nächsten Jahre halten), den Nachteil, dass die Spitze sich immer ein wenig verbog, so dass es noch schwerer wurde, den strammen Spannstoß einigermaßen gerade durchzuziehen. Erst als mir ein Kumpel den Tipp mit den zwei Paar dicken Socken gab, war dieses Problem gelöst, wofür allerdings das »Fußspitzengefühl« in Mitleidenschaft gezogen wurde. Kurzum: Fußballerisch war es (unverständlicherweise) leider kein Quantensprung, aber das neue Equipment hatte trotzdem einen entscheidenden Einfluss auf meine bescheidene »Fußballerkarriere«, die bis heute anhält! Jetzt fühlte ich mich vollwertig und traute mich endlich, in einen richtigen Fußballverein einzutreten.

Damit ist klar, dass Günter Netzer (auch wenn es mehr sein Schuh ist) entscheidenden Anteil daran hat, dass ich demnächst auch schon bald 50 Jahre überall, wo mich mein beruflicher Weg hinführt, in diversen Vereinsmannschaften der runden Kugel nachjage. Immer mit großer Begeisterung für diesen Sport und die verschiedenen Charaktere, mit denen der Fußball mich zusammenbrachte, aber leider nie annähernd so sehenswert wie das, was die »Fohlen« vom Niederrhein gezeigt haben.

50 Jahre Bundesliga – Wie ich sie erlebte

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